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Vereinbarte Zeitausgleichstunden im Dienstplan bleiben auch bei allfälliger Anordnung von Mehrleistungen erhalten

MARTINACHLESTIL
§ 30 Abs 1 NÖ LBG

Die Bekl ist AG der in einem Klinikum beschäftigten AN, der Kl ist BR der dort angestellten AN. Im Zeiterfassungssystem des Klinikums wird für AN, die im medizinischen oder pflegerischen Bereich tätig sind, im Vorhinein ein elektronischer Soll-Dienstplan erstellt. In diesem ist der geplante Verbrauch von Zeitausgleichsguthaben als „ZA“ eingetragen. Die tatsächlich geleistete Arbeitszeit wird dann in der „Ist-Zeile“ den Sollzeiten gegenübergestellt. Entspricht die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung dem Soll-Dienstplan, bleiben die eingetragenen Zeitausgleichsstunden als „ZA“ in der Ist-Zeile bestehen und werden als tatsächliche Ist-Arbeitszeit gewertet.

Bei AN, die dem Niederösterreichischen Landes- Vertragsbedienstetengesetz (NÖ L-VBG) unterliegen, bleiben die Zeitausgleichsstunden auch dann in der Ist-Zeile bestehen, wenn zusätzlich zunächst nicht geplante Dienstleistungen angeordnet und erbracht werden. Das bedeutet, dass auch in diesem Fall die Zeitausgleichsstunden als tatsächliche Ist-Arbeitszeit gewertet werden, die zusätzlich erbrachten Dienstleistungen werden zu den konsumierten Zeitausgleichsstunden dazugerechnet und ebenfalls als Ist-Arbeitszeit erfasst.

Werden dagegen bei AN, die dem Niederösterreichischen Landes-Bedienstetengesetz (NÖ LBG) unterliegen, zusätzlich nicht geplante Dienstleistungen angeordnet und erbracht, werden im elektronischen Zeiterfassungssystem diese Dienstleistungen mit den geplanten Zeitausgleichsstunden gegengerechnet. Die AN bekommen dann nur die Stunden, die den geplanten Zeitausgleich überschreiten, als zusätzliche Ist-Arbeitszeit gewertet. Die ursprünglich geplanten Zeitausgleichsstunden verbleiben den AN auf ihrem Zeitguthabenskonto.

Der kl BR begehrt die Feststellung, dass sämtliche in einem Monat geleistete Stunden und Zeitausgleichsstunden dieser AN als tatsächliche Ist-Arbeitszeit zu werten sind. Es sei rechtswidrig, bereits im Dienstplan eingetragenen Zeitausgleich bei der Anordnung von Mehrleistungen im selben Kalendermonat rückwirkend wieder auf das Zeitausgleichskonto gutzuschreiben, um Zuschläge für die Mehrdienstleistungen zu vermeiden.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt. Die Revision wurde zugelassen, weil der Auslegung der hier entscheidenden gesetzlichen Bestimmung erhebliche Bedeutung zukomme. Nach dem OGH ist die Revision zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach dem hier maßgeblichen § 30 Abs 1 NÖ LBG haben die Bediensteten auf Anordnung über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinaus Dienst zu versehen (Mehrleistung). Unter dem Begriff „Dienstplan“ ist die für den Bediensteten vorhersehbare Einteilung seiner Dienstzeit, dh im vorliegenden Fall der Soll-Dienstplan, zu verstehen und Mehrleistungen sind demnach alle über Anordnung des DG erbrachten Dienstleistungen, die nicht schon im Soll-Dienstplan vorgesehen waren.

Das Gesetz enthält darüber hinaus keine nähere Regelung über den Verbrauch von Zeitguthaben. Es sind daher dafür die allgemeinen Grundsätze heranzuziehen: Der Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Zeitausgleichs kann nicht einseitig vom AG oder AN bestimmt werden; der Verbrauch von Zeitausgleich ist daher konkret zu vereinbaren, an eine getroffene Vereinbarung sind die Parteien grundsätzlich gebunden.

Im vorliegenden Fall stellt der bekanntgegebene Soll-Dienstplan eine zumindest konkludente Vereinbarung der Parteien über den darin enthaltenen Zeitausgleich dar und ein einseitiges Abgehen davon kann nur in Ausnahmefällen zulässig sein.

Die Vereinbarung von Zeitausgleich führt bloß zu einer anderen Verteilung der Arbeitszeit. Die Verbuchung als „Ist-Arbeitszeit“ im technischen System der Bekl macht erkennbar, dass durch die Konsumation von Zeitausgleich eben keine Minusstunden entstehen, sondern die entsprechende Arbeitsleistung bereits zu einem früheren Zeitpunkt erbracht wurde, weshalb in dieser Periode aufgrund der Vereinbarung von Zeitausgleich eine entsprechend kürzere Arbeitsverpflichtung bestand. Ordnet der DG für diese Periode (in nach § 30 Abs 1 NÖ LBG zulässiger Weise) zusätzliche Dienstleistungen an, handelt es sich, da eine Überschreitung des Dienstplanes vorliegt, um Mehrleis-206 tung, die wiederum, soweit möglich im selben Monat, durch Freizeit auszugleichen ist (§ 30 Abs 2 NÖ LBG). Eine Befugnis, darüber hinaus einseitig von einer getroffenen Zeitausgleichsvereinbarung abzugehen, um Zuschläge für Mehrarbeit zu vermeiden, lässt sich aus § 30 Abs 1 NÖ LBG dagegen nicht ableiten.

Die im elektronischen Dienstplansystem der Bekl vereinbarten Zeitausgleichsstunden sind daher – durch Berücksichtigung als „Ist-Arbeitszeit“ – richtig anzurechnen und bleiben als solche auch bei allfälliger Anordnung von Mehrleistungen erhalten.