118Arbeitslosigkeit trotz Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach GSVG bei bloß geringfügigem Einkommen
Arbeitslosigkeit trotz Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach GSVG bei bloß geringfügigem Einkommen
Für den Zeitraum von 1.1. bis 30.4.2016 wurden das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe widerrufen und der bezogene Betrag zurückgefordert. Das Arbeitsmarktservice (AMS) begründete dies damit, dass der Beschwerdeführer einer der PV unterliegenden selbständigen Tätigkeit nachgegangen sei und dies dem AMS nicht rechtzeitig gemeldet habe.
Gegen beide Bescheide erhob der Beschwerdeführer Beschwerde und führte aus, dass er weder seine selbständige Erwerbstätigkeit verschwiegen noch die Geringfügigkeitsgrenze überschritten habe.
Das BVwG stellte fest, dass der Beschwerdeführer von 1.1. bis 31.12.2016 in der PV nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG pflichtversichert war, weil er über einen Gewerbeschein verfügte und daher Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft war. Obwohl seine Einkünfte im Rückforderungszeitraum unter der Geringfügigkeitsgrenze lagen, bestand für ihn keine Möglichkeit, von der Pflichtversicherung ausgenommen zu werden.209
Das BVwG gab der Beschwerde statt. Trotz der im Bezugszeitraum aufrechten Pflichtversicherung in der PV, die gem § 12 Abs 1 Z 2 AlVG das Vorliegen von Arbeitslosigkeit ausschließt, geht das Gericht davon aus, dass Arbeitslosigkeit vorliegt. Es verweist dazu auf die Ausnahmebestimmung des § 12 Abs 1 Z 2 AlVG für Nebenerwerbslandwirte, die trotz Pflichtversicherung nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) als arbeitslos gelten, sofern die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten wird. Der Gesetzgeber hat mit dieser im Rahmen des ASRÄG 2014 in das AlVG aufgenommenen Regelung für die Gruppe der Nebenerwerbslandwirte klargestellt, dass eine zwangsweise Pflichtversicherung in der PV ohne zu erwartendes Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze dem Vorliegen von Arbeitslosigkeit nicht in jedem Fall entgegensteht.
Das BVwG geht nun davon aus, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 12 Abs 1 Z 2 AlVG nicht daran gedacht hat, dass auch Selbständige bzw Gesellschafter, die der Pflichtversicherung in der PV unterliegen, daraus aber nur ein geringfügiges Einkommen erzielen und keine Möglichkeit zur Ausnahme von der PV haben, wie Nebenerwerbslandwirte nach der alten Rechtslage vom Anspruch auf Arbeitslosengeld ausgeschlossen wären. Da diesbezüglich vergleichbare Sachverhalte vorliegen, der Gesetzgeber aber nur für Nebenerwerbslandwirte eine explizite Regelung getroffen hat, liegt nach Dafürhalten des BVwG eine planwidrige Gesetzeslücke im AlVG vor, die im Wege einer analogen Anwendung des § 12 Abs 1 Z 2 AIVG auf selbständig Erwerbstätige, unbeschränkt haftende Gesellschafter einer KG und Gesellschafter einer OG zu schließen ist. Eine unvermeidbare Pflichtversicherung in der PV schließt demnach nach Ansicht des BVwG die Annahme von Arbeitslosigkeit bei selbständig Erwerbstätigen, Komplementären einer KG und Gesellschaftern einer OG dann nicht aus, wenn aus dieser Tätigkeit weder das Einkommen gem § 36a AlVG zuzüglich der Sozialversicherungsbeiträge noch 11,1 % des Umsatzes gem § 36b AlVG die Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs 2 ASVG übersteigen.
Der angefochtene Bescheid wurde ersatzlos aufgehoben, aber die ordentliche Revision zugelassen, da zur Frage, ob § 12 Abs 1 Z 2 AlVG analog Anwendung auf Selbständige findet, keine Judikatur des VwGH vorliegt.