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Kein Anspruch auf Pflegegeld für deutsche Staatsangehörige bei Mitversicherung mit Ehegatten in Spanien

PIAZHANG

Die Kl ist deutsche Staatsbürgerin und hat seit 20.6.2016 ihren Hauptwohnsitz in Österreich. Ihr Ehegatte ist selbstständig erwerbstätig und in Spanien krankenversichert; die Kl selbst ist nicht erwerbstätig und mit ihrem Ehegatten in Spanien mitversichert.

Am 21.4.2016 hat sie bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) die Gewährung von Pflegegeld beantragt, was mit Bescheid vom 30.6.2016 abgewiesen wurde. In ihrer Klage brachte sie vor, ihr stehe das Pflegegeld der Stufe 3 zu, und Österreich sei zuständig, da sie hier wohne.

Das Erstgericht wies die Klage ab und stellte fest, dass die Kl in Spanien krankenversichert und daher auch Spanien für die Gewährung von Pflegegeld zuständig sei. Das Berufungsgericht hingegen bestätigte dieses Urteil nur im Zeitraum von 1.5. bis 30.9.2016 und begründete dies damit, dass die Kl in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts in Österreich nach § 3a Abs 3 Z 2 Bundespflegegeldgesetz (BPGG) keinen Anspruch habe. Für die Zeiten danach hat das OLG die Sache zur Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Dagegen erhob die PVA Rekurs, welcher vom Berufungsgericht auch zugelassen worden war. Der OGH gab dem Rekurs Folge, hob den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts auf und stellte das klagsabweisende Urteil des Erstgerichts wieder her.

Der OGH stellt fest, dass nach § 3a Abs 1 BPGG nur dann Anspruch auf Pflegegeld auch ohne Grundleistung besteht, wenn nach der VO 883/2004 kein anderer Mitgliedstaat zuständig ist. Es sei daher zu prüfen, ob Österreich nach der VO 883/2004 für Pflegeleistungen an die Kl zuständig ist und nicht ein anderer Mitgliedstaat. Hierfür sind die Kollisionsregeln nach Art 11 ff der VO 883/2004 heranzuziehen.

Nach Art 11 Abs 1 VO 883/2004 unterliegen Personen immer nur der Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaates. Damit soll die gleichzeitige Anwendung von Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten vermieden und eine Ungleichbehandlung ausgeschlossen werden. Nach Art 11 Abs 3 lit a ist grundsätzlicher Anknüpfungspunkt bei Beschäftigung immer der Beschäftigungsort. Dies gilt auch, wenn der Wohnort in einem anderen Mitgliedstaat liegt. Die Kl leitet als Familienangehörige eines AN von ihrem Ehegatten Rechte auf Sachleistung aus der KV ab. Österreich ist dabei iSd Art 17 VO 883/2004 nur zur Erbringung von Sachleistungen an die Kl für den zuständigen spanischen Versicherungsträger verpflichtet.

Unionsrechtlich ist auch das Pflegegeld eine Leistung bei Krankheit iSd Art 3 Abs 1 lit a VO 883/2004; es handelt sich dabei aber nicht um eine Sachleistung, sondern um eine Geldleistung bei Krankheit iSd Art 21 VO 883/2004. Nach den dargelegten Grundsätzen ist für die Kl auch hierfür die Zuständigkeit Spaniens zur Leistungsgewährung gegeben, da Art 11 Abs 1 VO 883/2004 215 eine kumulative Anwendung der Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten ausschließt. Daran ändert der Umstand, dass die Kl nicht einen von ihrem Gatten „abgeleiteten“, sondern einen „eigenen“ Anspruch auf Pflegegeld geltend machen will, nichts, weil sie damit nicht die Zuständigkeitsregeln der VO 883/2004 verändern kann, die primär auf den Beschäftigungsstaat derjenigen Person abstellen, die den Leistungsanspruch vermittelt.

Der OGH setzt sich auch mit der E vom 21.10.2017, 10 ObS 123/16k, auseinander, in der ausgesprochen wurde, dass die Anwendung der VO 883/2004 nicht zum Verlust von Ansprüchen führen darf, die allein nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats erworben wurden. Dieser Grundsatz kann aber nicht bewirken, dass entgegen Art 11 Abs 1 VO 883/2004 für einen bestimmten Zeitraum eine betroffene Person bei mehreren Mitgliedstaaten – unabhängig von Beitragspflichten und anderen sich für sie eventuell ergebenden Verpflichtungen – versichert ist. Spanien gewährt für die Betreuung von Pflegebedürftigen neben Sach- auch Geldleistungen. Die Kl behauptet dazu, dass sie in Spanien keinen Anspruch hätte, da ihr Wohnort in Österreich liegt. Dem steht aber die Verpflichtung zum Export von Geldleistungen nach Art 21 VO 883/2004 entgegen.

Insgesamt liegt unionsrechtlich somit keine Zuständigkeit Österreichs vor und es besteht daher auch kein Anspruch auf Gewährung von Pflegegeld gem § 3a Abs 1 BPGG.