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Ermahnung statt Strafe gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG – lange Verfahrensdauer reicht nicht aus

WERNERPLETZENAUER
§ 45 Abs 1 Z 4 VStG

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft (BH) Freistadt vom 11.9.2015 wurde die Mitbeteiligte mit einer Geldstrafe von € 730,- belegt, weil sie es als DG zu verantworten habe, dass ein DN nicht vor Arbeitsantritt am 1.1.2013 beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet worden sei. Die Mitbeteiligte erhob gegen dieses Straferkenntnis Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht (LVwG) OÖ. Dieses setzte das Verfahren mit Beschluss vom 20.11.2015 bis zur Beendigung des beim BVwG anhängigen Verfahrens betreffend die Pflichtversicherung des DN aus. Mit Erk vom 12.6.2018 stellte das BVwG die Pflichtversicherung des DN auf Grund seiner Tätigkeit für die Mitbeteiligte fest.

Das LVwG setzte daraufhin das bei ihm anhängige Verfahren fort und gab der Beschwerde statt, indem es anstelle der verhängten Strafe gem § 45 Abs 1 Z 4 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eine Ermahnung aussprach. Als Begründung wurde die Verfahrensdauer von drei Jahren und das seither gegebene Wohlverhalten der Mitbeteiligten angeführt. Das LVwG sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

Dagegen erhob die BH die Revision. Sie wurde vom VwGH als zulässig und berechtigt erachtet.

Unter Hinweis auf seine stRsp führt der VwGH aus, dass die Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG voraussetzt, dass die dort genannten Umstände kumulativ vorliegen. Um daher die Einstellung eines Verfahrens nach dieser Vorschrift oder – wie im vorliegenden Fall – die Ermahnung iSd § 45 Abs 1 letzter Satz vornehmen zu können, müssen erstens die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, zweitens die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und drittens das Verschulden des Beschuldigten gering sein (vgl etwa VwGH 19.12.2018, Ra 2018/03/0098 mwN).

Im vorliegenden Fall hat sich das LVwG mit diesen Kriterien überhaupt nicht auseinandergesetzt, sondern die lange Verfahrensdauer in Verbindung mit dem seither gegebenen Wohlverhalten der Mitbeteiligten als ausreichend angesehen, um anstelle einer Strafe bloß eine Ermahnung auszusprechen. Dafür bot § 45 Abs 1 Z 4 VStG keine gesetzliche Grundlage. Um die überlange Verfahrensdauer zu vermeiden, wäre es, so der VwGH, geboten gewesen, das Strafverfahren vor der Entscheidung des BVwG über die Vorfrage der Pflichtversicherung fortzuführen und die Vorfrage selbst zu beurteilen.225