Das Arbeitstraining – Eine Wiedereingliederungsmaßnahme mit Abgrenzungsproblemen zum Arbeitsverhältnis

REGINA ZECHNER
1.
Problemaufriss

Die vorrangige Aufgabe des Arbeitsmarktservice (AMS) ist die Vermittlung arbeitsuchender Menschen in Beschäftigung.* Entlang dieser Zielsetzung hängt der Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe ua von der Bereitschaft ab, eine zugewiesene zumutbare, vollversicherte Beschäftigung anzunehmen und das Zustandekommen eines möglichen Beschäftigungsverhältnisses nicht zu vereiteln.* Zumutbar ist auch ein Arbeitsverhältnis auf dem zweiten Arbeitsmarkt, dh ein sogenanntes Transitarbeitsverhältnis in einem sozialökonomischen Betrieb (SÖB) oder einem gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt (GBP) sowie Arbeitskräfteüberlassung im Rahmen eines SÖB oder GBP.* Transitarbeitsverhältnisse verfolgen die Zielsetzung, Langzeitarbeitsuchende oder Menschen mit besonderen Vermittlungshindernissen durch die Zurverfügungstellung befristeter Arbeitsverhältnisse bei gleichzeitiger sozialpädagogischer Betreuung wieder in den ersten, dh in den regulären, Arbeitsmarkt zu integrieren. Vor dem Hintergrund eines steigenden Budgetdrucks und der zukünftigen „Personalisierten Arbeitsmarktvermittlung“ ist zu befürchten, dass Arbeitsuchenden mit schlechten Integrationschancen statt eines „teureren“ Transitarbeitsverhältnisses zukünftig nur noch Arbeitstrainings angeboten oder zugewiesen werden. *

Das Arbeitstraining ist ein nicht unwesentlicher Bestandteil der aktiven Arbeitsmarktpolitik des AMS und es liegt auf den ersten Blick nahe, dieses als Ausbildungsverhältnis zu qualifizieren. Schon derzeit arbeiten in Einrichtungen und Betrieben Transitarbeitskräfte Seite an Seite mit Menschen, die dort nur ein Arbeitstraining absolvieren. Mitunter werden die Arbeitstrainingskräfte unabhängig von ihrer Berufsausbildung für Hilfstätigkeiten, wie beispielsweise Regal- oder Lagerbetreuung, Vorbereitungsarbeiten in der Küche, das Abwaschen und Polieren von Geschirr sowie Reinigungsarbeiten, herangezogen.

In der Beratungspraxis zeigt sich, dass LeistungsbezieherInnen oft nicht klar ist, ob sie ein Arbeitstraining absolvieren oder ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Es herrscht Unverständnis darüber, warum man selbst weiter nur Notstandshilfe erhält, während andere Beschäftigte im Betrieb den kollektivvertraglichen Lohn und Sonderzahlungen erhalten und einen Urlaubsanspruch haben.

Eine zentrale Frage ist daher, wie Arbeitstrainings arbeitsrechtlich zu qualifizieren sind. In Frage kommen Arbeitsvertrag und Ausbildungsvertrag. Ansprüche, wie beispielsweise die Entlohnung laut KollV, Urlaub und Entgeltfortzahlung sowie die Anwendung des MSchG hängen vom Vorliegen eines Arbeitsvertrages ab.

Für das AMS selbst ist die richtige Zuordnung von Bedeutung, da das AlVG Unterschiede hinsichtlich der Zuweisungsmöglichkeiten zu Arbeitsverhältnissen und zu Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt macht (siehe dazu vertieft unter 2.4.). Nicht zuletzt würde bei Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses auch kein Anspruch auf eine Leistung oder Förderung des AMS bestehen.

Basierend auf dieser Fragestellung gliedert sich der Beitrag in drei Punkte. Zunächst wird allgemein das Arbeitstraining als Maßnahme der aktiven Arbeitsmarktpolitik näher beleuchtet (2.). In weiterer Folge werden der Arbeitsvertrag und die Abgrenzung zum Ausbildungsvertrag untersucht (3.). Abschließend wird das Arbeitstraining rechtlich zugeordnet (4.).

2.
Arbeitstraining

Vorausgeschickt werden muss, dass gem § 303 ASVG Arbeitstrainings auch als Teil von Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation vorgesehen sind.* Der vorliegende Beitrag konzentriert sich jedoch auf Arbeitstrainings, die vom AMS angeordnet werden.226

2.1.
Rechtliche Grundlagen des Arbeitstrainings als Wiedereingliederungsmaßnahme des AMS

Im Gegensatz zur Arbeitserprobung, die in zwingendem Zusammenhang mit einem beabsichtigten Arbeitsverhältnis steht,* wird das Arbeitstraining nicht explizit im AlVG erwähnt. Der VwGH hat jedoch klargestellt, dass es sich dabei um eine Wiedereingliederungsmaßnahme iSd § 9 Abs 1 AlVG handelt.* Regelungen zur inhaltlichen Ausgestaltung und den erforderlichen Qualitätskriterien finden sich in den – auf Grundlage des § 34 iVm § 32 Abs 3 AMSG – vom Verwaltungsrat des AMS erlassenen Bundesrichtlinien zur Förderung SÖB, zur Förderung Gemeinnütziger Beschäftigungsprojekte sowie in der BRL Aus- und Weiterbildungsbeihilfen (BEMO). Die Richtlinien des Verwaltungsrates richten sich an die MitarbeiterInnen des AMS. Eine gesetzliche Anordnung zur Kundmachung sieht das AMSG und das AlVG beispielsweise für die BRL Qualitätsstandards für Arbeitsverhältnisse im Rahmen eines SÖB oder eines GBP vor. Die Ablehnung eines Transitarbeitsverhältnisses oder einer Wiedereingliederungsmaßnahme kann vom AMS nur dann mit dem Verlust des Leistungsanspruchs sanktioniert werden, wenn diese die vom Verwaltungsrat definierten Qualitätsstandards erfüllen. Sofern Bundesrichtlinien eine Außenwirkung entfalten und Auswirkungen auf den Leistungsanspruch bzw -verlust gem AlVG haben, sind sie als Rechtsverordnungen anzusehen.*

Die Förderung eines Arbeitstrainings setzt vorangehende erfolglose Versuche der Arbeitsaufnahme, ein Beratungsgespräch zwischen dem AMS und dem/der FörderungswerberIn sowie die Unterzeichnung einer schriftlichen Vereinbarung des AMS mit dem/der FörderungswerberIn und dem Arbeitstrainingsbetrieb voraus.

Ein Arbeitstraining kann mit wenigen Ausnahmen bei allen AG durchgeführt werden. Ausgenommen sind nur das AMS selbst, politische Parteien, die Clubs politischer Parteien, radikale Vereine, Unternehmen, über deren Vermögen ein Konkursverfahren eröffnet wurde oder ein Konkurs mangels Vermögens abgewiesen wurde sowie Unternehmen im Ausland. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das AMS entscheiden, mit Unternehmen keine Arbeitstrainingsvereinbarungen mehr abzuschließen und in diesen Unternehmen keine Arbeitstrainings mehr zuzulassen.*

Die Dauer eines Arbeitstrainings beträgt mindestens eine und maximal zwölf Wochen. Im Einzelfall ist eine einvernehmliche Verlängerung möglich. Die BRL zur Förderung von SÖB und GBP sieht vor, dass die Verweildauer bis zu sechs Monate betragen kann. Während des Arbeitstrainings wird vom AMS eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts (DLU) gewährt.* Übersteigt die Leistung aus der AlV die DLU oder ist sie gleich hoch, dann wird nicht die DLU ausbezahlt, sondern es gebührt weiter Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe.

2.2.
Ziele und Zielgruppen

Die BRL BEMO definiert die Ziele und Zielgruppen wie folgt:

1. Erwerb von Berufspraxis nach abgeschlossener Ausbildung für AbsolventInnen von Ausbildungen, ohne einschlägiger Berufserfahrung (zB AkademikerInnen);

2. Erwerb von praktischen Erfahrungen als Voraussetzung für einen Ausbildungsabschluss für TeilnehmerInnen an Ausbildungen, die einen praktischen Wissenserwerb benötigen (zB für die externe Lehrabschlussprüfung);

3. Erwerb von Arbeitserfahrungen und Training von Fähigkeiten/Fertigkeiten bzw Steigerung der Belastbarkeit sowie Verbesserung der Arbeitshaltung für Personen mit besonderen Eingliederungsproblemen (am Arbeitsmarkt benachteiligte Personen, zB Personen mit psychischen Beeinträchtigungen), sofern das Arbeitstraining im Rahmen einer Betreuungsvereinbarung gem § 38c AMSG im Einvernehmen mit dem/der FörderungswerberIn eingeleitet wurde.

In der Praxis des AMS sind Arbeitstrainings oft als Vorbereitungsmaßnahmen einem möglichen (Transit-)Arbeitsverhältnis vorgelagert. Sie sollen den Arbeitsuchenden die Möglichkeit geben, sich auf die Transitbeschäftigung vorzubereiten bzw dienen sie bei gemeinnütziger Arbeitskräfteüberlassung auch der Suche nach geeigneten Beschäftigerbetrieben.* Im Hinblick auf die von SÖB zu erbringende Eigenerwirtschaftungsquote, *werden Arbeitstrainings von diesen auch dazu genutzt, die Produktivität und damit Eignung der Arbeitstrainingskraft für ein anschließendes Transitarbeitsverhältnis zu überprüfen.227

2.3.
Arbeitstrainingsvereinbarung

Das Arbeitstraining wird zwischen dem Trainingsbetrieb, dem Trainee und dem AMS vereinbart. In der zu unterzeichnenden Vertragsschablone des AMS ist festzuhalten, welches der Ziele erreicht werden soll sowie welche Inhalte das Training haben soll. Die Trainingsarbeitskräfte verpflichten sich dazu, die mit dem Trainingsbetrieb vereinbarten Anwesenheitszeiten einzuhalten, den im Rahmen des Arbeitstrainings notwendigen Anordnungen Folge zu leisten und währenddessen kein wie auch immer geartetes Beschäftigungsverhältnis mit dem Unternehmen einzugehen. Weiters nehmen sie durch die Unterzeichnung der Vereinbarung zur Kenntnis, dass kein Arbeitsverhältnis begründet wird und dass sämtliche Veranlassungen, die außerhalb des gewöhnlichen Ablaufes des Arbeitstrainings erforderlich werden, ausnahmslos vom AMS getroffen werden. Verweigert der Trainee die Teilnahme am Arbeitstraining oder vereitelt er den Erfolg der Maßnahme, kommt eine Sanktion gem § 10 AlVG in Betracht.

Der Arbeitstrainingsbetrieb bzw die Arbeitstrainingseinrichtung verpflichtet sich, die vereinbarten Trainingsinhalte ordnungsgemäß umzusetzen und die FörderungswerberInnen nur für diese Inhalte einzusetzen. Im Vordergrund muss dabei die Vermittlung überbetrieblich verwertbarer Spezialkenntnisse stehen. Nicht dem Ausbildungszweck dienende Tätigkeiten dürfen nur in vernachlässigbarem Ausmaß anfallen. Die Trainingsinhalte dürfen nicht überwiegend betrieblich notwendig sein und es darf durch das Arbeitstraining kein/e AN ersetzt werden. Es sollen soweit wie möglich sämtliche im Rahmen des Berufsbildes erforderlichen Fertigkeiten trainiert werden können. Die gesetzlichen und kollektivvertraglichen Arbeitszeiten dürfen nicht überschritten werden und Trainees sind nicht zu Überstundenleistungen heranzuziehen. Verstößt der Arbeitstrainingsbetrieb wiederholt gegen diese Auflagen, kann die Leitung der regionalen Geschäftsstelle des AMS ein Arbeitstrainingsverbot verhängen. Entspricht das Arbeitstraining nicht den in der BRL BEMO festgelegten Kriterien, so liegt außerdem keine Wiedereingliederungsmaßnahme vor. Konsequenterweise kommt dann auch keine Sanktion gem § 10 AlVG bei Abbruch des Arbeitstrainings in Betracht.

2.4.
Sanktionsmöglichkeiten gem AlVG

Obwohl die BRL bei Personen mit besonderen Eingliederungsproblemen Einvernehmlichkeit vorsieht, werden Arbeitstrainings vom AMS auch einseitig angeordnet, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Gem § 38c AMSG kann das AMS einseitig einen Betreuungsplan festlegen, wenn mit der arbeitssuchenden Person kein Einvernehmen über eine Betreuungsvereinbarung erzielt werden kann.

Die Teilnahme an einer Wiedereingliederungsmaßnahme kann jedoch nur dann verbindlich angeordnet werden, wenn die persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten der arbeitslosen Person einer erfolgreichen Vermittlung auf dem ersten Arbeitsmarkt entgegenstehen und die persönliche Vermittlungsfähigkeit durch die Maßnahme verbessert werden kann. Vor der Zuweisung müssen die konkreten Problemlagen benannt werden, die eine Teilnahme an einer derartigen Maßnahme als zur Verbesserung der Wiederbeschäftigungschancen notwendig oder nützlich erscheinen lassen. Eine herabgesetzte Begründungspflicht besteht dann, wenn auf Grund der vorliegenden Umstände, wie insb einer längeren Arbeitslosigkeit in Verbindung mit bestimmten bereits zB im Betreuungsplan* erörterten Problemlagen, die einer erfolgreichen Arbeitsaufnahme entgegenstehen, die Erforderlichkeit und Nützlichkeit als bekannt angenommen werden kann. Auch wenn bei längerer Absenz vom Arbeitsmarkt die Begründung vor der Zuweisung entfallen kann, so müssen die Voraussetzungen für die Zuweisung dennoch vorliegen und im Bescheid über die Sanktion gem § 10 Abs 1 AlVG angeführt werden. Dh es muss eine konkrete Problemlage bestehen und die Teilnahme an der Maßnahme notwendig und geeignet sein, die Problemlage zu beheben. Langzeitarbeitslosigkeit allein reicht nicht aus.*

Kommt das AMS seiner Begründungspflicht nach und ist die Maßnahme geeignet, die bestehenden Defizite zu beseitigen, ist für den Fall der unbegründeten Ablehnung bzw Vereitlung des Maßnahmenerfolgs der Verlust des Leistungsanspruchs für zumindest sechs Wochen vorgesehen.* Liegen wichtige Gründe für die Verweigerung vor, dann ist die Verhängung einer Sanktion unzulässig. Als wichtige Gründe iSd Bestimmung kommen nicht nur die Zumutbarkeitskriterien für Beschäftigungsverhältnisse gem § 9 Abs 2 bis 4 AlVG in Betracht, sondern auch auf familiäre Gesichtspunkte kann verstärkt Bedacht genommen werden. Im Unterschied zur Zuweisung zu einem Beschäftigungsverhältnis, wird die Teilnahme an einer Schulungs- oder Wiedereingliederungsmaßnahme üblicherweise nicht zu einer sofortigen Beendigung der Arbeitslosigkeit führen und die Teilnahme kann meist nach Belieben nachgeholt werden. „Geht es nur um die Frage, zu welchem228Termin an der Maßnahme teilgenommen werden soll, so wird an das Kriterium des „wichtigen Grundes“ – je nach Lage des Falles und Dringlichkeit der Maßnahme – daher kein allzu strenger Maßstab anzulegen sein.“*

Um abschließend die rechtliche Beurteilung der Wiedereingliederungsmaßnahme Arbeitstraining durchführen zu können, werden folgend kurz die wesentlichen Kriterien für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages und eines Ausbildungsvertrages dargestellt.

3.
Arbeitsvertrag und Ausbildungsvertrag

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Qualifizierung als Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis nicht vom Willen der Parteien oder der von ihnen gewählten Bezeichnung des zugrundeliegenden Vertrages abhängt. Entscheidend ist der tatsächliche Inhalt der Vereinbarung und wie diese gelebt wird.

3.1.
Arbeitsvertrag und Arbeitsverhältnis

Gem § 1151 ABGB liegt ein Dienstvertrag vor, wenn sich jemand auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet. Entscheidend für die Beurteilung als Arbeitsvertrag ist nach stRsp und hL, dass die Dienste in persönlicher Abhängigkeit erbracht werden. Die persönliche Abhängigkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass AN persönlich zur Arbeitsleistung verpflichtet und hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsmittel in das Organisationsgefüge des AG eingebunden sind. Sie erbringen ihre Arbeit daher fremdbestimmt und unterliegen der Aufsicht und Kontrolle des AG.* Der Dauer und der Entgeltlichkeit der Leistungserbringung kommen keine entscheidende Bedeutung für die Qualifizierung als Arbeitsvertrag zu. Auch die Art der ausgeübten Tätigkeit ist nicht ausschlaggebend. *

3.2.
Ausbildungsvertrag und Ausbildungsverhältnis

Eine Vielzahl von Ausbildungsordnungen sieht neben der Vermittlung theoretischer Kenntnisse im schulischen Betrieb die Absolvierung von Pflichtpraktika zum Erreichen des Ausbildungsabschlusses vor. Aber auch im nicht geregelten Bereich werden Praktika zur Ergänzung einer Ausbildung absolviert bzw sind AbsolventInnen nach Abschluss ihrer Ausbildung im Rahmen von Volontariaten in Betrieben tätig.

Sofern keine gesetzliche Regelung, wie beispielsweise das BAG, besteht, stellt sich daher die Frage, unter welchen Voraussetzungen durch das Tätigwerden kein Arbeitsvertrag, sondern ein Ausbildungsverhältnis bzw -vertrag begründet wird.

Das Ausbildungsverhältnis ist im Gegensatz zum Arbeitsverhältnis nicht von der persönlichen Abhängigkeit und damit der organisatorischen Einordnung in den Betrieb, sondern vom Ausbildungszweck geprägt. Entscheidend ist, dass der Ausbildungszweck – dh das Interesse des/der Tätigen an Ausbildung und (Kennen-)Lernen – die persönliche Abhängigkeit zumindest klar überwiegt. Die Rsp hat dafür folgende Kriterien herausgebildet: Es besteht keine Verpflichtung zur Dienstleistung und Anwesenheit im Betrieb oder diese ist zumindest deutlich verringert. Es erfolgt ein Einsatz in unterschiedlichen Betriebsbereichen und daraus folgend ein steter Bedarf an Hilfe und Kontrolle. Arbeiten, die nicht dem Ausbildungszweck dienen, finden nur in vernachlässigbarem Ausmaß statt. Außerdem richten sich die Arbeiten nicht nach den Betriebserfordernissen (zB kein Einsatz als Vertretung für AN, die Urlaub konsumieren). Eine Zweifelsregel zugunsten des Ausbildungsverhältnisses und gegen den Arbeitsvertrag besteht nicht. Die Zuordnung kann immer nur für den konkreten Einzelfall und aufgrund einer Gesamtbeurteilung erfolgen. *

Der Zweck, bloß Praxiserfahrung zu sammeln, spricht für Rebhahn von vornherein viel weniger gegen den Arbeitsvertrag als jener, sich konkret ausbilden zu lassen, insb wenn dies durch längere Zeit erfolgt.*

3.3.
Die fremdwirtschaftliche Zweckbestimmung der Dienstleistung als Kriterium für das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses

In jüngerer Vergangenheit hat der OGH ausgesprochen, dass ein Arbeitsvertrag – trotz persönlicher Abhängigkeit – dann nicht vorliegen soll, wenn der nicht ökonomische (austauschfremde) Zweck überwiegt, wenn also die Tätigkeit primär im (objektiven) Eigeninteresse der beschäftigten Person erfolgt. Der OGH teilt die Sicht des Berufungsgerichts, dass sich aus der Formulierung Dienste „für einen anderen“ ergebe, dass „Gegenstand des Arbeitsvertrags nur Tätigkeiten sein können, an deren Durchführung der Vertragspartner ein eigenes Interesse habe, das über das Interesse am Wohlergehen des Tätigen hinausreiche. […] Dies sei insbesondere der Fall, wenn der andere Teil beträchtliche Aufwendun-229gen für die Betreuung bei der Tätigkeit habe, aber auch wenn die Dienste leistende Person unter der Verantwortung einer Einrichtung stehe“.* Der Begriff Dienste „für einen anderen“ grenze außerdem den Arbeitsvertrag von Tätigkeiten, die aus religiösen, karitativen oder sozialen Motiven geleistet werden, und von Beschäftigungen, die zur Erziehung und Behandlung erfolgen, ab.

Im verfahrensgegenständlichen Fall war eine Frau in einer geschützten Werkstätte eines gemeinnützigen Vereins als Näherin beschäftigt. Aufgabe des Vereins ist es, psychosozial beeinträchtigten Menschen zur allseitigen Beachtung ihrer Menschenrechte, zu einer Verbesserung und Sicherung ihrer gesellschaftlichen Stellung und zu einer Verbesserung ihrer Betreuung und Versorgung vornehmlich in medizinischer, psychologischer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht zu verhelfen. In den Werkstätten, die sozialökonomischen Betrieben des Vereins zugeordnet sind, wird Berufskleidung für Krankenhäuser, Altersheime und Wirtschaftsbetriebe produziert. Den in der Werkstätte Beschäftigten wurde bei Bedarf eine psychosoziale Betreuung angeboten. Die Kl begehrte ua den Differenzbetrag zwischen dem ausbezahlten Lohn und dem Lohn laut BAGS-KollV.

Das Fehlen ökonomischer Interessen war für den OGH auch daran zu erkennen, dass durch die Produktivität nicht einmal die Hälfte des Finanzierungsaufwandes erwirtschaftet wird. „Ziel des Beschäftigungsverhältnisses sei nicht der zu leistende Dienst, an dem der Beklagte mangels Wirtschaftlichkeit kein Interesse haben könne, sondern das Wohlergehen der Dienstnehmer durch Ermöglichung einer Beschäftigung mit ihren positiven psychosozialen Effekten und sozialversicherungsrechtlicher Absicherung.“ *

In der Lehre wurde die E angeregt diskutiert und überwiegend kritisiert.* So kommt Pfeil zu dem Ergebnis, dass das wirtschaftliche Eigeninteresse des/der BeschäftigerIn nur in Zweifelsfällen den Ausschlag geben kann.* Wenn der OGH das Eigeninteresse eines/einer BeschäftigerIn an einer Beschäftigung mit dem Hinweis auf die Höhe der Subventionen* verneint, so lässt er dabei mE völlig außer Acht, dass bei SÖB und GBP das „Geschäftsmodell“ gerade darin besteht, Förderverträge mit dem AMS und anderen Trägern einzugehen und dafür Arbeitsuchende zu betreuen und/oder zu beschäftigen und dadurch deren Integrationschancen in den ersten Arbeitsmarkt zu verbessern. Hinzu kommt, dass sozialökonomische Betriebe Produkte und Dienstleistungen zu marktüblichen Preisen anbieten und mindestens 20 % ihres laufenden Gesamtaufwandes aus ihren wirtschaftlichen Erträgen decken müssen.* Ein wirtschaftliches Eigeninteresse kann ihnen daher mE nicht abgesprochen werden.

4.
Rechtliche Zuordnung der vom AMS geförderten Arbeitstrainings

Vorausgeschickt werden muss, dass eine abschließende rechtliche Beurteilung von Arbeitstrainings an dieser Stelle nicht möglich ist, da diese nicht nur in unterschiedlichen Einrichtungen und Betrieben absolviert werden, sondern auch unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen und unterschiedlich ausgestaltet sind. Die Zuordnung kann daher immer nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände für den Einzelfall erfolgen.

Aufgrund der in der Arbeitstrainingsvereinbarung festgelegten Pflichten der FörderungswerberInnen liegt persönliche Abhängigkeit iSd § 1151 ABGB vor. Die Arbeitstrainingskräfte sind hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsmittel an die Vorgaben des Trainingsbetriebes gebunden und damit organisatorisch in die Betriebe eingegliedert. Auch haben sie Weisungen des/der BetriebsinhaberIn bzw der Einrichtung Folge zu leisten. Der Umstand, dass Trainingsarbeitskräfte mit ihrer Unterschrift das Nichtvorliegen eines Arbeitsvertrages bestätigen, kann auf die rechtliche Qualifizierung freilich keinen Einfluss haben, da es auf die tatsächliche inhaltliche Ausgestaltung der Leistungserbringung ankommt. Jener Teil der Arbeitstrainingsvereinbarung, der die Pflichten der Trainingseinrichtung bzw des Trainingsbetriebs definiert, soll ganz offensichtlich iSd der unter Pkt 3.2. angeführten Kriterien gewährleisten, dass die Merkmale eines Ausbildungsverhältnisses eingehalten werden und damit die Abgrenzung zum Arbeitsvertrag sicherstellen. Entscheidend wird daher sein, ob im jeweiligen Einzelfall der Ausbildungszweck klar überwiegt.

Bei der Beurteilung des dem Arbeitstraining zugrundliegenden Vertragsverhältnisses muss mE zwischen dem ersten und dem zweiten Arbeitsmarkt unterschieden werden. Im ersten Fall zeigt sich in der Beratungspraxis, dass Arbeitsuchende mitunter versuchen, über den Umweg eines Ar-230beitstrainings eine/n potentielle/n AG von ihrer Eignung für eine bestimmte Stelle zu überzeugen oder in Bewerbungsgesprächen von Betrieben auf die Förderung hingewiesen werden und ihnen nahegelegt wird, diesbezüglich Kontakt mit dem AMS aufzunehmen. Um Mitnahmeeffekte zu vermeiden und das Umgehen kollektivvertraglicher Probezeiten und Entgeltansprüche hintanzuhalten, wird das AMS bei der Förderungsgewährung darauf zu achten haben, dass der Trainingsarbeitskraft im Arbeitstrainingsbetrieb tatsächlich überbetrieblich verwertbare Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden. Werden die Arbeitsuchenden jedoch nur zu Hilfstätigkeiten herangezogen, die nach kurzer Anweisung selbständig ausgeführt werden können, stellt sich mE die Frage des Überwiegens des Ausbildungszwecks nicht, da keine Ausbildung stattfindet. In diesen Fällen kommt auch das von Kietaibl/Reiner treffend als „Nutzenkriterium“* bezeichnete Kriterium des fremdwirtschaftlichen Zwecks nicht zum Tragen. Ein wirtschaftliches Interesse wird einem Betrieb in diesem Fall wohl nicht abgesprochen werden können, da ihm für bis zu zwölf Wochen die Arbeitsleistung des/der Beschäftigten zukommt, ohne dass ihm Kosten entstehen.

Auch bei Arbeitstrainings in SÖB und GBP ist die persönliche Abhängigkeit gegeben. Arbeitszeit und Arbeitsort werden den Arbeitsuchenden vorgegeben. Sie sind zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet und es drohen ihnen von Seiten des AMS Sanktionen, wenn sie den Erfolg der Wiedereingliederungsmaßnahme vereiteln.* Da der Trainingsbetrieb bzw die Trainingseinrichtung mit seiner/ihrer Rückmeldung an das AMS das Prüfverfahren für den Leistungsverlust „einleitet“, ist die Arbeitspflicht mE auch (indirekt) sanktionsbewehrt. Auch im Bereich der SÖB und GBP wird daher wesentlich sein, dass Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt werden, deren Fehlen die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt bisher verhindert hat, oder unterschiedliche Aufgaben für ein anschließendes Transitarbeitsverhältnis „trainiert“ werden. Werden die Arbeitsuchenden jedoch ausschließlich für Hilfstätigkeiten herangezogen, dann liegt kein Ausbildungsverhältnis vor. Zugespitzt formuliert: Werden in einem von einem SÖB geführten Gastronomiebetrieb Transitarbeitskräfte mit Arbeitsverträgen als KellnerInnen und KöchInnen beschäftigt, während gleichzeitig Trainingsarbeitskräfte das Geschirr abwaschen und die Lebensmittel einlagern, ist eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung des zugrundliegenden Vertrages nur schwer zu argumentieren. Zweck der Tätigkeit ist dann nur mehr die Stabilisierung der Trainingskräfte und die Förderung ihrer „Arbeitstugenden“ (Pünktlichkeit, Durchhaltevermögen, etc) durch Erbringung einer – sich an betrieblichen Erfordernissen orientierenden – Dienstleistung, die am Markt verwertet wird. Um die Qualifizierung als Ausbildungsverhältnis zu rechtfertigen, muss in diesen Fällen während der Beschäftigung mE begleitend jedenfalls eine sozialpädagogische Betreuung stattfinden und es darf nur eine deutlich eingeschränkte Produktivität erwartet werden.

Das Vorliegen eines Ausbildungsverhältnisses kann jedenfalls dann bejaht werden, wenn sich der Einsatzbereich der Auszubildenden an deren Ausbildungserfordernissen und damit Ausbildungsinteressen orientiert und diese im Betrieb nicht wie andere AN tätig werden und andere AN unter Umständen sogar ersetzen. Die Bindung an Arbeitsort und Dienstplan kann in diesen Fällen zurecht damit begründet werden, dass während der Ausbildung die Anleitung und Beaufsichtigung durch Fachkräfte gewährleistet sein muss. Dies wird organisatorisch wohl nur über einen Einsatzplan erreicht werden können.

Abschließend ist festzuhalten, dass Arbeitstrainings in der aktiven Arbeitsmarktpolitik einen wertvollen Beitrag zur Reintegration (Langzeit-) Beschäftigungsloser in den ersten Arbeitsmarkt leisten können, aber gleichzeitig auch hoch missbrauchsgefährdet sind. Sie dürfen keinesfalls dazu führen, dass arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen und der Anspruch auf kollektivvertragliche Entlohnung umgangen werden. Da Arbeitstrainings überwiegend in den Grenzbereich zwischen Arbeits- und Ausbildungsverhältnis fallen bzw in der Praxis die notwendigen Abgrenzungen schwierig zu realisieren sind, sollten sie nicht ohne eingehender Prüfung der Voraussetzungen und Rahmenbedingungen eingesetzt werden. Ein von budgetärer Knappheit in der Arbeitsmarktförderung angeleiteter umfassender Einsatz, etwa in Form von Arbeitstrainingszentren oder in Form der Umwandlung von SÖB-Transitarbeitsplätzen in Trainingsplätze, bei gleichbleibenden betriebswirtschaftlichen Erfordernissen (Eigenerwirtschaftungsquote) ist arbeitsrechtlich insb für das AMS und die beteiligten Unternehmen hoch riskant. Eine Konkretisierung der zu erreichenden Ziele und der inhaltlichen Ausgestaltung in den BRL ist mE dringend geboten. Vorrangig sollten Arbeitstrainingsplätze insb an jene vergeben werden, die freiwillig ein Arbeitstraining absolvieren wollen, da so das Ziel einer nachhaltigen Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt wohl am besten erreicht werden wird.231