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Keine betriebliche Rechtfertigung einer Kündigung bei Neuaufnahme freier Dienstnehmer für gleiche Tätigkeit

KLAUSBACHHOFER

Im Mittelpunkt der vorliegenden E stand eine Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit. Der OGH bestätigte – unter Berücksichtigung aller Faktoren, einschließlich der zu erwartenden Postensuchdauer und der voraussichtlichen Einkommenseinbuße – nicht nur das Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung sozialer Interessen der 53-jährigen Kl, sondern auch die E der Vorinstanzen dahingehend, dass keine Rechtfertigung der Kündigung durch betriebliche Erfordernisse gegeben sei. Im konkreten Fall wurde zwar der Betriebsstandort, dem die Kl zugeordnet war, aufgelassen, ihre (Außendienst-)Tätigkeit wird aber nach wie vor – vom benachbarten Standort aus – ausgeübt. Dies erfolgt durch angestellte Mitarbeiter, freie DN und in Zusammenarbeit mit selbstständig Erwerbstätigen. Die Bekl sucht für diese Tätigkeit laufend neue Mitarbeiter und hat nach der Kündigung der Kl zumindest eine freie DN und zwei selbstständig Erwerbstätige aufgenommen. Vorgabe der Betriebsleitung ist es, die Vertriebstätigkeit nicht mit angestellten Mitarbeitern261auszuüben, sondern über freie DN oder selbstständig Erwerbstätige abzuwickeln.

Der kündigende Betriebsinhaber ist aber im Rahmen der sozialen Gestaltungspflicht angehalten, trotz Rationalisierungsmaßnahmen alle Möglichkeiten auszuschöpfen, seine bisherigen AN weiter zu beschäftigen. Der AG darf nicht ohne triftigen Anlass AN kündigen und dafür neue einstellen. Die Kündigung ist nur dann in den Betriebsverhältnissen gerechtfertigt, wenn im gesamten Betrieb gerade für den betroffenen AN kein Bedarf mehr gegeben ist und schließlich dem AG auch durch keine andere soziale Maßnahme die Erhaltung des Arbeitsplatzes zuzumuten ist.

Die Bekl hat in diesem Zusammenhang kein Vorbringen erstattet, inwieweit es über die bloße Änderung der vertraglichen Rechtsstellung der VertriebsmitarbeiterInnen hinaus zu einer Änderung der betrieblichen Organisation bzw zu einer Umgestaltung der Abläufe im Unternehmen gekommen ist, die die Kündigung der Kl unausweichlich gemacht hätte, bzw inwiefern es durch die Kündigung von MitarbeiterInnen und der Beschäftigung freier MitarbeiterInnen zu einer Umgestaltung auch der Abläufe im Unternehmen gekommen ist. Dazu kommt, dass die Bekl nach wie vor auch Angestellte im Aufgabenbereich der Kl beschäftigt.

Der OGH hatte daher keine Bedenken gegen die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass es der dafür beweispflichtigen Bekl nicht gelungen ist, eine betriebliche Notwendigkeit für die Kündigung der Kl nachzuweisen.