142Keine Auswirkung eines Betriebsübergangs beim Beschäftiger auf die dorthin bloß überlassenen Arbeitskräfte bei nichtständiger konzerninterner Überlassung von Arbeitnehmern
Keine Auswirkung eines Betriebsübergangs beim Beschäftiger auf die dorthin bloß überlassenen Arbeitskräfte bei nichtständiger konzerninterner Überlassung von Arbeitnehmern
Die Kl war von 1.3.2004 bis 31.12.2005 als Crew Controllerin bei der D*S* AG, einer Tochtergesellschaft der Bekl, beschäftigt und auch bei dieser tätig. Ab 1.1.2006 war die Kl bei der Bekl angestellt und bis 31.3.2012 in der Abteilung Human Resources tätig. Ab 1.4.2012 erfolgte ihr Einsatz bei der H* GmbH, einer weiteren Tochtergesellschaft der Bekl. Dort war sie – bis auf eine Unterbrechung von einem Zeitraum von drei Monaten, in welchem die Kl ein Projekt wieder direkt für die Bekl übernahm – zunächst bis 31.3.2015 in der Abteilung Human Resources und ab 1.4.2015 als Human Resources-Managerin tätig. Trotz der grundsätzlichen Eigenständigkeit der Abteilung Human Resources der H* GmbH, berichtete die Kl fast durchgehend an die Bekl. Die Kl befand sich seit 1.1.2006 in einem ständigen Dienstverhältnis zur Bekl, bei der sie sozialversicherungsrechtlich gemeldet war und von der sie auch ihr Gehalt bezog. Seit 15.7.2017 befindet sich die Kl in Elternteilzeit gem § 15h MSchG.
Die H* GmbH wurde im Jahr 2012 als Tochterunternehmen der Bekl ausschließlich zur Bewirtschaftung von Zügen der Ö* AG gegründet. Diese Bewirtschaftung betrieb die H* GmbH aufgrund eines von der Bekl mit der der Ö* AG abgeschlossenen (befristeten) Vertrags vom 1.4.2012 bis 31.3.2018. Seit 1.4.2018 wird nun die Bewirtschaftung von der d* GmbH vorgenommen, die nach einer öffentlichen Ausschreibung im Jahr 2017 den Zuschlag für diesen Auftrag erhielt.
Die Bekl vertritt gegenüber der Kl die Ansicht, dass das zwischen den Streitparteien bestehende Dienstverhältnis von der H* GmbH auf die d* GmbH iSd § 3 AVRAG übergegangen sei, sodass die Kl ab 1.4.2018 nicht mehr bei der Bekl beschäftigt sei. Gleichzeitig verweigert die d* GmbH ihrerseits unter Berufung auf den gegenteiligen Rechtsstandpunkt ebenso die Weiterbeschäftigung der Kl.
Die Vorinstanzen gaben übereinstimmend dem Klagebegehren auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses über den 31.3.2018 hinaus statt und begründeten dies damit, dass, nachdem die Kl nur die Hälfte ihrer gesamten Dienstzeit bei der Bekl dem Beschäftigerbetrieb H* GmbH überlassen worden sei, von einer ständigen Abstellung der Kl an die Beschäftigerin nicht gesprochen werden könne. Darüber hinaus sei die Kl auch zwischenzeitig für drei Monate wieder direkt für die Bekl tätig gewesen. Dass die Einbindung der Kl in den Betrieb der H* GmbH nicht mit dem Sachverhalt in der Rs Albron vergleichbar sei, zeige auch die während der Überlassung an die H* GmbH nahezu durchgehende Berichtspflicht der Kl an die Bekl sowie die Tatsache, dass die Bewirtschaftung durch die H* GmbH nur eine befristete (Neuausschreibung bzw Auftragsvergabe) gewesen sei.
Geht ein Unternehmen, Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Inhaber über (Betriebsübergang), so tritt gem § 3 Abs 1 AVRAG dieser als AG mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse ein.
Sowohl in der Rsp als auch in der Lehre ist anerkannt, dass AN, die im Betrieb des Veräußerers zwar eingegliedert sind, nicht aber zu diesem, sondern zu einem Dritten in einer arbeitsvertraglichen Beziehung stehen, bei Übergang des Veräußererbetriebes grundsätzlich nicht mit übergehen. Insofern werden auch Leih-AN vom Eintrittsautomatismus in der Regel nicht erfasst, wenn nicht der Betrieb des Überlassers, sondern bloß der Beschäftigerbetrieb übergeht.264
In der RsAlbron (EuGH.21.10.2010, C-242/09) hat der EuGH entschieden, dass bei einem Betriebs-(teil-)übergang gemäß der BetriebsübergangsRL 2001/23/EG eines einem Konzern angehörigen Unternehmens auf ein Unternehmen, das diesem Konzern nicht angehört, als „Veräußerer“ iS von Art 2 Abs 1 lit a dieser Richtlinie auch ein Konzernunternehmen angesehen werden kann, zu dem die AN ständig abgestellt waren, ohne mit diesem durch einen Dienstvertrag verbunden gewesen zu sein, obwohl es in diesem Konzern ein Unternehmen gab, an das die betreffenden AN durch einen Dienstvertrag gebunden waren.
Der E in der Rs Albron lag allerdings ein „atypischer Fall“ einer ständigen konzerninternen Überlassung von AN zugrunde. Wenn die Abstellung (innerhalb oder außerhalb eines Konzerns) hingegen nicht ständig erfolgt, kommt beim Übergang einer wirtschaftlichen Einheit im Bereich des Beschäftigers die BetriebsübergangsRL nicht zur Anwendung. In weiterer Folge muss es beim üblichen Verständnis bleiben, wonach sich ein Betriebsübergang beim Beschäftiger nicht auf die dorthin bloß überlassenen Arbeitskräfte auswirkt.
Ob im konkreten Fall ein mit der Rs Albron vergleichbarer Sachverhalt einer ständigen (konzerninternen) Abstellung eines AN an einen anderen Betrieb vorliegt, der bei einem (Teil-)Betriebsübergang dieses Betriebes ausnahmsweise vom Eintrittsautomatismus iSd § 3 Abs 1 AVRAG umfasst ist, stellt eine Einzelfallentscheidung dar, deren Beurteilung grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage gem § 502 Abs 1 AVRAG aufzeigt. Deshalb wies der OGH die außerordentliche Revision der Bekl im konkreten Fall als unzulässig zurück.
Der OGH hielt in seiner rechtlichen Beurteilung fest, dass eine korrekturbedürftige Fehlentscheidung des Berufungsgerichts nicht vorliegt.
Die Einholung eines weiteren Vorabentscheidungsersuchens gem Art 267 AEUV sah der OGH als nicht (mehr) erforderlich an, weil der EuGH bereits in der Rs Albron die Grundsätze für die ausnahmsweise Bejahung des Beschäftigers als nichtvertraglichen AG iSd BetriebsübergangsRL festgelegt hat und ihre Anwendung auf den gegenständlichen Fall keine Fragen aufwirft, die neuerlich dem EuGH vorzulegen wären.
ANMERKUNG DES BEARBEITERS: In der E zu OGH9 ObA 50/19x vom 15.5.2019 wurde die gegenständliche Erwerberin d*** GmbH geklagt. |