143Vorgesetzten den Tod gewünscht: Erhebliche Ehrverletzung durch Vertragsbediensteten
Vorgesetzten den Tod gewünscht: Erhebliche Ehrverletzung durch Vertragsbediensteten
Der bei der Bekl seit 1991 als begünstigt behinderter Vertragsbediensteter beschäftigte Kl war zuletzt viele Jahre lang als Portier tätig. Im Jahr 2015 wurde seine Dienstzuteilung geändert, was der Kl als Ungerechtigkeit empfand. Er pflegte grundsätzlich eine „sehr direkte“ Kommunikation und verwendete dabei mitunter heftige Worte, wurde aber während seines aufrechten Dienstverhältnisses nicht wegen unangemessenen oder beleidigenden Verhaltens gegenüber Mitarbeitern oder Vorgesetzten ermahnt. Um auf seine für ihn unbefriedigende berufliche Situation hinzuweisen, versandte der Kl im Rahmen eines „Gewinnspiels“ im September 2016 einen „Wunschzettel ans Christkind“. Dabei handelte es sich um eine von der Bekl erstellte und allen Mitarbeitern im Wege der Mitarbeiterzeitung zugesandte Postkarte. Auf der Rückseite dieser Postkarte schrieb der Kl unter der vorgedruckten Überschrift „Mein Wunschzettel ans Christkind“ handschriftlich Folgendes: „1. Pfählt N (Name auf der Postkarte ausgeschrieben), 2. Hängt P (Name auf der Postkarte ausgeschrieben) + Co, 3. Hört auf zu lügen, betrügen + diskriminieren“. Ing N ist Personalleiter und DI Dr P Vorstandsvorsitzender der Bekl. Unmittelbar nach Einlangen dieses Wunschzettels wurde der Kl entlassen. Mit der vorliegenden Klage begehrte er die Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses über den Entlassungszeitpunkt hinaus, da die Entlassung unberechtigt erfolgt wäre.
Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt, der OGH hingegen erachtete die Revision der Bekl als berechtigt und wies das Klagebegehren ab.
Nach Ansicht des OGH hat der Kl durch seine Einträge zum „Wunschzettel ans Christkind“ den Entlassungsgrund der erheblichen Ehrverletzung iSd § 50 der anzuwendenden Dienstordnung der Österreichischen Post AG verwirklicht. Sich vom „Christkind“ den Tod oder die Tötung zweier namentlich genannter Vorgesetzter zu wünschen, hatte mit einer noch sozialadäquaten Darlegung der Unzufriedenheit mit einer bestimmten beruflichen Situation nichts zu tun, sondern war nur kränkend und herabwürdigend. Dazu kam die ebenfalls beleidigende, nicht näher substantiierte Aufforderung, das Lügen, Betrügen und Diskriminieren zu beenden. Diese schriftlichen Äußerungen des Kl waren objektiv geeignet, in erheblichem Maße ehrverletzend zu wirken. Dass die Äußerungen auf die angesprochenen Vorgesetzten des Kl im Besonderen und die Bekl im Allgemeinen auch diese Wirkung hervorgerufen haben, bestätigt nicht nur die unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorfalls ausgesprochene Entlassung265 des Kl, sondern auch die sofortige Strafanzeige gegen den Kl durch Ing N und DI Dr P.
Das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf das der Kl pocht, stellt keinen Freibrief für persönliche Beleidigungen und Verunglimpfungen dar. Die schriftlichen Äußerungen des Kl gehen weit über den zulässigen Rahmen sachlicher Kritik über die beruflichen Umstände des Kl hinaus. Ihnen lag auch kein unmittelbar vorangehendes Verhalten der Bekl zugrunde, das die Beleidigung als noch irgendwie entschuldbar erscheinen ließe. Die beleidigenden Äußerungen des Kl erfolgten auch nicht in der Situation einer unmittelbaren Provokation bzw plötzlichen, situationsbedingten verständlichen Entrüstung des Kl.
Dass der Kl von der Bekl wegen seiner früheren harschen und beleidigenden Ausdrucksweise nicht verwarnt worden war, ist richtig, hier aber für die Bejahung des Entlassungsgrundes der erheblichen Ehrverletzung nicht entscheidend. Nach der Rsp können auch einmalige empfindliche Ehrverletzungen – wie sie hier vorliegen – einen Entlassungsgrund darstellen. Die Schwere des Anlassfalls machte es für die Bekl unzumutbar, den Kl in ihrem Unternehmen weiter zu beschäftigen. Bei dieser Beurteilung ist die Größe des Unternehmens der Bekl kein entscheidender Aspekt, richten sich doch die Beleidigungen des Kl gegen den Vorstandsvorsitzenden und den Personalleiter der Bekl, sohin gegen die Bekl in ihrer Gesamtheit. Dass die namentlich beleidigten Personen den Kl bis dahin möglicherweise noch nicht kannten, nimmt den Ehrverletzungen nicht die Erheblichkeit.