130Unzulässige Vereinbarung der Kündigungsmöglichkeit eines befristeten Saison-Arbeitsverhältnisses
Unzulässige Vereinbarung der Kündigungsmöglichkeit eines befristeten Saison-Arbeitsverhältnisses
Die Arbeitsvertragsparteien können auch für ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Arbeitsverhältnis die Möglichkeit einer Kündigung vereinbaren. Die Dauer des befristeten Dienstverhältnisses und die Möglichkeit der Kündigung müssen aber in einem angemessenen Verhältnis stehen.
Die Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit mit 14-tägiger Kündigungsfrist bei einem auf drei Monate und zehn Tage abgeschlossenen Saison-Arbeitsverhältnis unter Kündigungsausschluss im letzten Monat vor Zeitablauf ist sittenwidrig.
Eine AN war in einem als Saisonbetrieb geführten Sporthotel als Masseurin beschäftigt. Arbeitsvertraglich war das Dienstverhältnis, welches am 22.12.2017 begann, mit dem Saisonende am 31.3.2018 befristet. Neben einer 14-tägigen Probezeit wurde vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis bis einen Monat vor Zeitablauf unter Einhaltung einer 14-tägigen Kündigungsfrist aufgelöst werden kann. Das Dienstverhältnis endete durch Kündigung seitens des AG am 7.2.2018. Die AN klagte auf Schadenersatz in Form einer Kündigungsentschädigung für den Zeitraum bis zum Ende der vereinbarten Befristung.
Das Berufungsgericht nahm ein Missverhältnis zwischen der vertraglich vereinbarten Kündigungsmöglichkeit und der vorgesehenen Dauer des Dienstverhältnisses an, qualifizierte aus diesem Grund die Kündigungsvereinbarung als unwirksam und gab der Klage der AN statt. Der OGH wies die außerordentliche Revision der AG zurück, da sich die E des Berufungsgerichts im Rahmen der oberstgerichtlichen Rsp hält.
„[…] 2. Allgemein ist davon auszugehen, dass eine Kündigung während der Dauer befristeter Dienstverhältnisse nur bei längerer Befristung zuzulassen ist, um die Vorteile der Bestandsfestigkeit des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine Kündigung zu gefährden ( 9 ObA 88/94 = ZAS 1995/22 [Reissner]; .8 ObA 42/04s; 8 ObA 3/14w; 9 ObA 104/18m ua). Als zulässig wurde etwa die Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit mit 14-tägiger Kündigungsfrist bei einem auf sechs Monate befristeten, vom AMS geförderten Arbeitsverhältnis angesehen (8 ObA 42/04s) oder eine 14-tägige Kündigungsfrist bei einem auf ein Jahr befristeten Vertrag (9 ObA 43/03v); nicht dagegen eine 14-tägige Kündigungsfrist bei einem auf neun Wochen befristeten Praktikum (8 ObA 305/95).
In 8 ObA 2206/96m wurde die Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit mit 14-tägiger Kündigungsfrist bei einem auf vier Monate und vier Tage unter Vereinbarung einer 14-tägigen Probezeit abgeschlossenen Dienstverhältnis für zulässig erklärt. Die Kündigungsfrist entsprach der des einschlägigen Kollektivvertrags bei Arbeitsverhältnissen auf unbestimmte Zeit, sodass sie nicht als unangemessen kurz angesehen werden konnte. Zudem führte der Oberste Gerichtshof damals ins Treffen, dass nach der Vereinbarung im letzten Monat kein Kündigungsrecht bestand, sodass die Vertragsbestimmung252‚den Arbeitnehmer mehr [schützt], als wenn nur die kollektivvertragsrechtlichen Kündigungsregeln anzuwenden wären; sie bewahren ihn nämlich davor, knapp vor Saisonsende, also zu einer Zeit, wo er kaum noch einen anderen Arbeitsplatz für die Restzeit finden kann, gekündigt zu werden
‘. In .9 ObA 43/03v wurde unter Bezugnahme auf die Entscheidung 8 ObA 2206/96m ausgesprochen, dass ‚von der Rechtsprechung […] – bei Saisonarbeitsverhältnissen – unter bestimmten Voraussetzungen auch bei Befristungen bis zu vier Monaten eine Kündigungsmöglichkeit als unbedenklich angesehen wurde und in der Lehre Kündigungsklauseln bei Vertragsbefristungen auf mindestens fünf Monate für unbedenklich angesehen wurden‘
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In OGH9 ObA 104/18m wurde jüngst die Bejahung eines groben Missverhältnisses einer Vereinbarung, das auf ‚ca 3,5 Monate‘ (inkl 14 Tage Probezeit) befristete Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der kollektivvertraglichen Kündigungsfrist von 14 Tagen kündigen zu können, durch die Vorinstanzen als nicht korrekturbedürftig beurteilt. Dabei wies der 9. Senat auch auf das Fehlen eines Vorteils wie jenen in der Entscheidung 8 ObA 2206/96m hin, wo im letzten Monat des Dienstverhältnisses eine Kündigung ausgeschlossen war.
3. Im vorliegenden Fall enthält die Kündigungsvereinbarung zwar einen Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit für den letzten Monat des Dienstverhältnisses, die im Dienstvertrag vorgesehene Dauer des Dienstverhältnisses liegt jedoch deutlich unter jener der Fälle, in welchen der Oberste Gerichtshof bislang eine Kündigungsvereinbarung als zulässig betrachtete. Wenn das Berufungsgericht unter Hinweis gerade hierauf die Verhältnismäßigkeit verneint, so hält es sich im Rahmen der Rechtsprechung. […]“
Die vorliegende E stellt das letzte Glied in der Reihe oberstgerichtlicher Judikate dar, die sich dem Spannungsverhältnis zwischen Befristung und Kündigung widmen. Nach § 1158 Abs 1 ABGB endet ein Dienstverhältnis mit dem Ablauf der Zeit, für die es eingegangen wurde. Sollte das Dienstverhältnis ohne Zeitbestimmung eingegangen oder fortgesetzt werden, dann kann es entsprechend § 1158 Abs 4 ABGB durch Kündigung gelöst werden. Ein befristetes Dienstverhältnis ist vom Gesetz her somit prinzipiell unkündbar.
In den letzten Jahrzehnten hat die Rsp jedoch den Grundsatz entwickelt, dass eine Befristung nicht der Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit im Wege steht. Folgendes Prinzip muss aber gewahrt bleiben: Die Bestandfestigkeit des befristeten Arbeitsverhältnisses soll nicht durch eine Kündigungsvereinbarung übermäßig zu Lasten des AN, dessen Position durch eine Befristung eher geschwächt wird, eingeschränkt werden. Es muss sich somit um eine längere Befristung handeln. Darüber hinaus müssen die Dauer der Befristung und die Kündigungsmöglichkeit in einem angemessenen Verhältnis stehen: Je länger das Arbeitsverhältnis dauert und je länger die einzuhaltende Frist ist, desto eher wird die Angemessenheit zu bejahen sein. Weiters ist auf die sachliche Rechtfertigung einer Befristung Augenmerk zu legen: Die Angemessenheitsprüfung verschiebt sich somit dann zu Gunsten des AG, wenn die Befristung als solche „sachlich gerechtfertigt“, also aus einem nachvollziehbaren Grund erfolgt ist (zB in Form einer Karenzvertretung oder – wie hier – in Form eines Saisonarbeitsverhältnisses im Hotel- und Gastgewerbe).
Es ist anzunehmen, dass die hier bekl AG bzw deren Rechtsbeistand vom in der E zitierten Urteil des OGH8 ObA 2206/96m (vgl