152Kein Werknutzungsrecht des Arbeitgebers am bereits vor Bestehen des Dienstverhältnisses vom Arbeitnehmer geschaffenen Computerprogramm
Kein Werknutzungsrecht des Arbeitgebers am bereits vor Bestehen des Dienstverhältnisses vom Arbeitnehmer geschaffenen Computerprogramm
Der Bekl hatte privat über mehrere Jahre hinweg eine SCADA-Software entwickelt und war in der Folge vom 3.10.2016 bis 31.7.2017 als technischer Angestellter bei der Kl beschäftigt. Bei drei Projekten, mit denen er im Zuge seines Arbeitsverhältnisses betraut war, setzte er die von ihm entwickelte Software ein. Prämisse war die Gründung einer gemeinsamen Firma zu deren Vertrieb. Während des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses kam es zu geringfügigen Änderungen an der Ursprungsversion der Software, und zwar im Ausmaß von 3 %.
Mit der vorliegenden Klage begehrte die Kl ua die Herausgabe der gesamten Software einschließlich der Eingriff- und Quellcodes für diese drei Projekte in der aktuell letztgültigen Version zum Stichtag 31.7.2017.
Der OGH wies die außerordentliche Revision der Kl gegen die das Klagebegehren abweisende E des Berufungsgerichts zurück.
§ 40b UrhG bestimmt, dass dem AG an einem von einem AN in Erfüllung seiner dienstlichen Obliegenheiten geschaffenen Computerprogramm ein unbeschränktes Werknutzungsrecht zusteht, wenn er mit dem Urheber nichts anderes vereinbart hat. Diese Regelung betrifft allerdings nur Computerprogramme, die der AN während des Bestehens des Dienstverhältnisses geschaffen hat. An Computerprogrammen, die er davor geschaffen hat, erwirbt sein gegenwärtiger AG ebenso wenig (Nutzungs-)Rechte wie an Computerprogrammen, die er erst nach Beendigung seines Dienstverhältnisses schafft.
Spätere Anpassungen oder Weiterentwicklungen von Computerprogrammen können zwar gem § 5 Abs 1 UrhG als Bearbeitung geschützt sein, ein Nutzungsrecht der Kl nach § 40b UrhG an der angepassten Software lässt sich hier jedoch nicht auf ein derartiges „Bearbeiterurheberrecht“ stützen. Computerprogramme werden iSd § 5 Abs 1 UrhG bearbeitet, wenn sie an besondere Gegebenheiten beim Anwender angepasst oder weiterentwickelt werden. Geringfügige Änderungen oder Umgestaltungen des Originals sind keine Bearbeitungen im Rechtssinn, ebenso wenig reine Fehlerbeseitigungen, Anpassungen an geänderte Hardware274und Aktualisierungen infolge Änderungen im Anwenderunternehmen oder gesetzlicher Bestimmungen. Kriterien, die Rückschlüsse auf die Individualität einer bestimmten Bearbeitung eines Computerprogramms zulassen, können seine Länge, die Anzahl der Programmschritte, die Eigenart der visuellen Gestaltung, Zeit- und (Kosten-)Aufwand für die Entwicklung, die kreative Auswahl aus zur Verfügung stehenden Variationsmöglichkeiten sowie die Verfügbarkeit und der Einsatz von vorhandenen Bausteinen und Entwicklungstools sein. Auch hier kommt es auf eine bestimmte Werkhöhe zwar nicht an, von einer urheberrechtlichen Schutzfähigkeit der Bearbeitung eines Computerprogramms kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn diese eine gewisse Komplexität aufweist.
Die hier festgestellten im Rahmen der Tätigkeit für die Kl vorgenommenen geringfügigen Änderungen an der Software im Ausmaß von 3 % werden als nicht ausreichend gewichtig erachtet, um ein Werknutzungsrecht der Kl an der angepassten Software zu begründen. Die Parteien trafen auch keine Vereinbarung über die Beistellung bzw Bereitstellung der vom Bekl entwickelten Software zugunsten der Kl. Vielmehr erfolgte die Verwendung der SCADA-Software durch den Bekl bei den drei Projekten nur wegen der geplanten, letztlich aber nicht zustande gekommenen Zusammenarbeit der Parteien beim Vertrieb dieser Software im Wege einer neu zu gründenden Gesellschaft.