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Abfertigungsanspruch bei Selbstkündigung während Teilzeitbeschäftigung gem § 20 VBG 1948 iVm § 50b Abs 1 Z 1 BDG

GREGORKALTSCHMID

Die Kl war seit 2.3.1998 als Vertragsbedienstete der Bekl beschäftigt. Nach der Geburt ihres Sohnes am 14.7.2011 befand sie sich vom 6.12.2011 bis 13.7.2013 in Karenz nach dem Mutterschutzgesetz (MSchG). In der Folge vereinbarten die Parteien für die Betreuung des Sohnes der Kl eine Herabsetzung der Wochenstundenanzahl auf 20 Wochenstunden. In der Vereinbarung ist ausgeführt, dass diese „unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 20 VBG iVm § 50b BDG 1979“ abgeschlossen wird. Nach § 50b Abs 1 Z 1 BDG ist die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten auf seinen Antrag zur Betreuung des eigenen Kindes bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabzusetzen; diese Regelung gilt gem § 20 VBG auch für Vertragsbedienstete.

Schließlich kündigte die Kl ihr Dienstverhältnis zum 30.4.2017 unter Hinweis auf die Bestimmung des § 84 Abs 3 Z 4 VBG, wonach dem/der Vertragsbediensteten bei einer Selbstkündigung während einer Teilzeitbeschäftigung nach dem MSchG ein Anspruch auf Abfertigung gebührt. Die Bekl wies darauf hin, dass dem Ansuchen auf Abfertigung nicht entsprochen werden könne, weil die Herabsetzung der Wochendienstzeit auf Basis des § 20 VBG iVm § 50b BDG 1979 erfolgt sei, der nicht zu den in § 84 Abs 3 Z 1–4 VBG angeführten „abfertigungswahrenden“ Gründen zähle.

Die Kl begehrte mit ihrer Klage die Abfertigung mit der Begründung, sie habe eine Teilzeitbeschäftigung iSd § 15h MSchG mit der Bekl vereinbart. Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren dem Grunde nach übereinstimmend mit der Begründung statt, die Rechtsfolge des § 84 Abs 3 Z 4 VBG 1948 sei iS einer analogen Anwendung auch auf Teilzeitbeschäftigungen gem § 20 VBG iVm § 50b BDG 1979 anzuwenden.

Der OGH gab der Revision der Bekl nicht Folge.

Richtig ist, dass § 84 Abs 3 Z 4 VBG 1948 eine abfertigungswahrende Selbstkündigung nur für den Fall einer Teilzeitbeschäftigung nach dem MSchG oder VKG normiert. Liegt darin aber eine planwidrige Lücke, ist sie mit Hilfe einer Gesetzesanalogie zu schließen.

Weder aus der gesetzlichen Entwicklung als solcher noch aus den jeweiligen Gesetzesmaterialien geht hervor, dass die abfertigungswahrende Selbstkündigung in § 84 Abs 3 Z 4 VBG 1948 auf Fälle einer Teilzeitbeschäftigung nach dem MSchG oder VKG beschränkt sein sollte, wohingegen eine Teilzeitbeschäftigung nach § 20 VBG 1948 iVm § 50b BDG bewusst und geplant keinen Abfertigungsanspruch bei Selbstkündigung begründen soll. Die Entstehungsgeschichte spricht vielmehr dafür, dass die Regelung der abfertigungswahrenden Selbstkündigung in § 84 Abs 3 Z 4 VBG 1948 nur deshalb auf das MSchG (VKG) abstellt, weil eine andere Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung nach dem VBG zunächst nicht vorgesehen war und im Zuge der Novellierungen nicht darauf Bedacht genommen wurde, dass auch der erst zu einem späteren Zeitpunkt geschaffene § 50b Abs 1 Z 1 BDG die Möglichkeit der Herabsetzung der Wochenarbeitszeit zur Betreuung (Pflege) eines eigenen Kindes vorsieht und insofern ein Harmonisierungsbedarf besteht. Das spricht für das Vorliegen einer planwidrigen Lücke.

Objektiv-teleologisch liegt der Zweck der abfertigungswahrenden Selbstkündigung während einer Teilzeitbeschäftigung nach dem MSchG darin, dem/der DN die Möglichkeit zu eröffnen, das Dienstverhältnis zugunsten der Kinderbetreuung auflösen zu können, ohne auf die Abfertigung verzichten zu müssen. Der Abfertigungsanspruch soll danach auch dann gewahrt sein, wenn ein/e DN das Dienstverhältnis nicht bereits aus Anlass der Geburt oder der Beendigung der Karenz – abfertigungswahrend – aufgelöst hat, sondern daran mit vermindertem Beschäftigungsausmaß festhalten will, die Betreuung in der Folge aber doch nicht als mit dem Dienstverhältnis vereinbar ansieht. Diese Erwägungen gelten aber für beide Möglichkeiten der Inanspruchnahme einer solchen Teilzeit.276

Zusammenfassend sind Selbstkündigungen von Vertragsbediensteten iSd § 84 Abs 3 Z 4 VBG 1948 nicht nur dann abfertigungswahrend, wenn sie während einer Teilzeitbeschäftigung nach dem MSchG oder VKG erfolgen, sondern im Wege der Analogie auch dann, wenn sie während einer Teilzeitbeschäftigung nach § 20 VBG 1948 iVm § 50b Abs 1 Z 1 BDG vorgenommen werden.