156Beurteilung der Verfügbarkeit von selbständig Erwerbstätigen
Beurteilung der Verfügbarkeit von selbständig Erwerbstätigen
Eine Notstandshilfebezieherin war während ihres Leistungsbezuges selbständig als Gastwirtin tätig. Sie hat sich an sechs Tagen pro Woche von 9:00 bis 16:00 Uhr in ihrem Lokal aufgehalten. Mit Bescheid vom 11.1.2018 hat das Arbeitsmarktservice (AMS) die Leistung gem § 38 iVm § 24 Abs 1 AlVG mangels Verfügbarkeit eingestellt.
Das BVwG gab der Beschwerde der Beschwerdeführerin statt. Da die Beschwerdeführerin an Kursen und Informationsveranstaltungen teilgenommen und sich um die Aufnahme einer Beschäftigung beworben habe, habe sich die Beschwerdeführerin aus Sicht des erkennenden Senates zur Aufnahme einer Beschäftigung bereitgehalten. Es hätte sich eindeutig ergeben, dass die Beschwerdeführerin das Lokal bei Aufnahme einer Beschäftigung sofort zurückgegeben und die Beschäftigung angenommen hätte. Sie sei daher trotz ihrer zeitlichen Inanspruchnahme durch die Führung des Cafes verfügbar iSd § 7 Abs 3 Z 1 AlVG.
Das AMS erhob eine außerordentliche Revision. Diese wurde damit begründet, dass das BVwG mit dem angefochtenen Erk „von der grundsätzlichen Sichtweise des VwGH zur erforderlichen Mindestverfügbarkeit selbständig erwerbstätiger Personen
“ abgewichen sei.
Der VwGH erklärte die Revision für zulässig und berechtigt. Das Fehlen der Verfügbarkeit (insb bei faktischen Inanspruchnahmen freiwilliger Natur) ergibt sich aus Umständen, wonach in aller Regel angenommen werden kann, dass die Arbeitslose nicht an einer entsprechenden neuen Beschäftigung, sondern vorwiegend an anderen Zielen interessiert ist. Insb bedeutet eine intensive Inanspruchnahme der Arbeitslosen durch eine selbständige Tätigkeit eine Bindung faktischer Art, die erst beseitigt werden müsste, damit eine die Arbeitslosigkeit beendende Beschäftigung aufgenommen werden könnte. Für die Annahme einer Verfügbarkeit reicht es daher grundsätzlich nicht aus, die Arbeitswilligkeit dadurch begründen zu wollen, dass (im Zuge einer in Aussicht gestellten „Flexibilität“ der Arbeitslosen) die Bereitschaft erklärt wird, die genannte Inanspruchnahme zu beenden und jede vom AMS vermittelte Beschäftigung anzunehmen, wenn wegen konkreter Umstände – wie hier auf Grund des Eigeninteresses der Mitbeteiligten an der Fortsetzung ihrer selbständigen Tätigkeit, das ihr Interesse an der Beendigung der Arbeitslosigkeit beeinträchtigt – Grund zur Annahme besteht, dass im Hinblick auf die anzunehmende zeitliche Beanspruchung der Arbeitslosen nicht die Eingliederung in den Arbeitsmarkt, sondern die Betätigung in anderen Bereichen das von ihr verfolgte Ziel ist (9VwGH 23.6.2017, Ra 2016/08/017). Das angefochtene Erk war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.