160Rückwirkende Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes – Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG ausschlaggebend
Rückwirkende Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes – Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG ausschlaggebend
Die Revisionswerberin stellte am 7.12.2017 bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) rückwirkend für zehn Jahre einen Antrag auf Selbstversicherung in der PV für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes gem § 18a iVm § 669 Abs 3 ASVG. Ihr Sohn wurde am 29.9.1998 geboren. Der Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe bestand von Geburt an. Seit März 2001 war die Revisionswerberin durchgehend pflichtversichert. Bis 30.9.2002 weist ihr Versicherungsdatenauszug Kindererziehungszeiten auf.
Seitens der PVA wurde dem Antrag nur für Zeiten ab 1.1.2015 stattgegeben. Das BVwG sah ebenfalls keine Berechtigung zur Selbstversicherung gem § 18a ASVG zwischen 1.10.1998 und 31.12.2014. Gem § 669 Abs 3 ASVG sei das Vorliegen der Voraussetzungen für § 18a ASVG für vergangene Jahre nach der jeweils geltenden Rechtslage zu prüfen. § 18a ASVG idF bis 31.12.2014 hätte aber die „gänzliche Beanspruchung der Arbeitskraft“ durch die Pflege vorausgesetzt. Da die Revisionswerberin nach Ende der Kindererziehungszeiten lückenlos pflichtversichert war, könnten die Jahre vor dem 1.1.2015 daher nicht rückwirkend selbstversichert werden ([Anmerkung der Bearbeiterin] Kindererziehungszeiten schließen eine Selbstversicherung gem § 18a ASVG ebenfalls aus).
Der VwGH gab der außerordentlichen Revision Folge und hob das angefochtene Erkenntnis des BVwG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Seit der VwGH-E eines verstärkten Senates vom 4.5.1977,VwSlg898/75, 9315 A, vertrete er in stRsp, dass eine Rechtsmittelbehörde bzw das VwG grundsätzlich das geltende Recht zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids bzw des Erkenntnisses anzuwenden hat, sofern etwaige Übergangsbestimmungen nicht etwas Gegenteiliges vorsehen.
Mit BGBl I 2017/125BGBl I 2017/125 wurde § 669 Abs 3 ASVG novelliert: Seit 1.1.2018 sind die Anspruchsvoraussetzungen gem § 18a ASVG bei rückwirkender Geltendmachung der Selbstversicherung nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung zu prüfen. § 707a ASVG sieht das Inkrafttreten des § 669 Abs 3 ASVG idF BGBl I 2017/125BGBl I 2017/125 ohne Übergangsregelung vor. Die Gesetzesnovelle trat vor Erlass der E des BVwG in Kraft und hätte daher Berücksichtigung finden müssen. Voraussetzung für die Berechtigung zur Selbstversicherung gem § 18a ASVG war zum Zeitpunkt der Antragstellung die „überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft“. Nach diesem Kriterium wären die Zeiten vor 1.1.2015 seitens des BVwG zu prüfen gewesen.