162Kostenersatz für eine Außenseitermethode nur, wenn eine zumutbare erfolgversprechende Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Regeln nicht zur Verfügung steht
Kostenersatz für eine Außenseitermethode nur, wenn eine zumutbare erfolgversprechende Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Regeln nicht zur Verfügung steht
Beim Kl wurde im April 2016 ein bösartiger Prostatatumor diagnostiziert. Die empfohlene operative Entfernung der Prostata lehne er im Hinblick auf die möglichen Nebenwirkungen ab. Der Kl ließ nach einer multiparametrischen MRT-Untersuchung eine alternative Operation (IRE, Irrervisible Elektrooperation) durchführen. Die Bekl lehnte mit Bescheid vom 13.12.2107 den Kostenersatz für die MRT-Untersuchung in Höhe von € 539,- und die Operation in Höhe von € 14.800,- ab. Dagegen erhob der Kl Klage.
Das Erstgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl Folge und traf teilweise abweichende Feststellungen. Die möglichen Nebenwirkungen der schulmedizinischen Operation sind eine erektile Dysfunktion, Störungen der Kontinenz sowie Beschwerden im Dick- und Mastdarmbereich; weiters können sogenannte Zweitmalignome auftreten. In seiner Beweiswürdigung (zu den abgeänderten Feststellungen zum typischerweise erzielbaren und konkret beim Kl erzielten Behandlungserfolg) verwies das Berufungsgericht auf die Kernaussage des Sachverständigengutachtens, nach der zur Nano-Knife-Methode gegenwärtig noch kein ausreichender Erfahrungssatz vorliege, ob typischerweise ein Behandlungserfolg eintritt. Es kann auch nicht festgestellt werden, ob die Methode beim Kl erfolgreich war.
Die außerordentliche Revision wird vom OGH mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückgewiesen.
Der Kostenersatz für eine von der Wissenschaft noch nicht anerkannte Methode (Außenseitermethode) setzt voraus, dass eine zumutbare erfolgversprechende Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Regeln nicht zur Verfügung stand oder erfolglos blieb, während die Außenseitermethode in einer ausreichenden Zahl von Fällen zum Erfolg führte oder konkret beim Versicherten erfolgreich war. Auch für Behandlungsmethoden mit weniger Nebenwirkungen kann ein Kostenersatz in Frage kommen, wobei nicht nur nach ökonomischen Gesichtspunkten zu entscheiden ist, sondern auch die Betroffenheit des Patienten im Einzelfall berücksichtigt werden muss.
Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt. Der Versicherte muss die Kosten der Behandlung mit einer Außenseitermethode nicht bis zum Erreichen einer entsprechenden Zahl von positiven Ergebnissen selbst tragen, wenn die neue Methode bei ihm konkret bereits nachweislich erfolgreich war. Dieser Nachweis ist dem Kl aber nicht gelungen. Wie er selbst in seiner außerordentlichen Revision aus dem Sachverständigengutachten zitiert, sind bei der Erfolgsbeurteilung einer Krebserkrankung der unmittelbare (ablationsbedingte) Behandlungserfolg und der intermediäre bis langfristige Behandlungserfolg zu unterscheiden. Die Ausführungen des Sachverständigen, dass der intermediäre bis langfristige Behandlungserfolg zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht beurteilt werden konnte, da die notwendige Zeitspanne noch nicht verstrichen war, um Langzeitbeobachtungsdaten festzustellen, zweifelt der Kl nicht an. Er meint aber, durch Vorlage seiner MRT-Untersuchungsbefunde sei er seiner Beweislast für den konkreten Erfolg der Nano-Knife-Behandlung ausreichend nachgekommen. Es hätte der unmittelbare284(ablationsbedingte) Behandlungserfolg festgestellt werden müssen, ohne dass zusätzlich das Ergebnis einer nur unter Narkose durchführbaren und daher risikoreichen Biopsie als Beweis gefordert werden hätte dürfen.
Eine erhebliche Rechtsfrage wird aber nach Ansicht des OGH auch mit diesem Vorbringen nicht aufgezeigt, weil auch damit die Frage der Beweiswürdigung angesprochen wird, die im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbar ist. Eine – offenbar vom Revisionswerber gewünschte – Verschiebung der Beweislast käme nur in Betracht, wenn ein allgemeiner – also für jedermann in gleicher Weise bestehender – Beweisnotstand gegeben ist und objektiv typische, also auf allgemein gültigen Erfahrungssätzen beruhende Geschehensabläufe für den Anspruchswerber sprechen. Allein durch die besonderen Umstände des Einzelfalls bedingte – wenn auch erhebliche – Beweisschwierigkeiten können eine Verschiebung der Beweislast nicht rechtfertigen.