137Beweislast des Arbeitnehmers für fehlenden Beschluss des Betriebsrates im Kündigungsanfechtungsverfahren
Beweislast des Arbeitnehmers für fehlenden Beschluss des Betriebsrates im Kündigungsanfechtungsverfahren
Im Rahmen eines Kündigungsanfechtungsverfahrens bringt die kl AN vor, dass die Zustimmung des BR(-Vorsitzenden) zu ihrer Kündigung mangels ordnungsgemäßer Beschlussfassung im Betriebsratsgremium nicht gelte.
Der OGH verweist darauf, dass es Aufgabe der kl AN ist, die Voraussetzungen der ihr günstigen Norm zu behaupten und den Beweis dafür zu erbringen; das gilt auch für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands.
Nach stRsp des OGH ist der AG weder berechtigt noch verpflichtet, Untersuchungen über die innere Willensbildung des BR anzustellen, wenn ihm nicht bekannt war oder hätte sein müssen, dass die Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden beschlussmäßig nicht gedeckt ist: Letzteres ist bei einem mehrköpfigen BR etwa dann der Fall, wenn – zumal eine Beschlussfassung des BR gleichsam auf Vorrat grundsätzlich nicht zulässig ist – bereits zeitbedingt eine Beschlussfassung des BR nicht erfolgt sein kann, etwa wenn der Betriebsratsvorsitzende nach Verständigung von der Kündigungsabsicht sogleich oder, obgleich er sich im Ausland befindet, per Telefax innerhalb einer Minute zustimmt. Demgegenüber gab eine Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden zwei oder sechs Stunden nach der Verständigung von der beabsichtigten Kündigung in den konkreten Fällen keinen Anlass, am Vorliegen eines Betriebsratsbeschlusses zu zweifeln.
Dass der AG weder berechtigt noch verpflichtet ist, Untersuchungen über die innere Willensbildung des BR anzustellen, ist die Regel; dass anderes gilt, wenn ihm bekannt war oder hätte sein müssen, dass die Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden beschlussmäßig nicht gedeckt ist, die Ausnahme. In der Regel – bei Fehlen eines Ausnahmefalls – darf der Betriebsinhaber die Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden zur beabsichtigten Kündigung nach § 105 ArbVG als rechtswirksame Willenserklärung ansehen.
Den Ausnahmefall unter Beweis zu stellen, wäre Sache der kl AN gewesen, welche die feststehende Zustimmung des BR(-Vorsitzenden) zu ihrer Kündigung260nicht gem § 105 Abs 6 ArbVG gegen sich gelten lassen will. Dass nur festgestellt werden konnte, dass der Betriebsratsvorsitzende „einige Zeit“, nachdem er von der Personalleiterin der bekl AG telefonisch über die Absicht der Kündigung der kl AN informiert worden war, diese aufsuchte und in deren Büro schriftlich der Kündigung zustimmte, nicht aber, wie viel Zeit zwischen dem Telefonat und der Übergabe der schriftlichen Verständigung verging, geht zu Lasten der kl AN. Die Vorinstanzen konnten zu Lasten der kl AN davon ausgehen, dass so viel Zeit verstrichen war, dass eine – gem § 68 Abs 4 ArbVG auch in fernmündlicher oder anderer vergleichbarer Form, etwa per E-Mail, zulässige – Beschlussfassung durchaus möglich gewesen wäre und folglich der Leiterin der Personalabteilung das (eventuelle) Fehlen eines Betriebsratsbeschlusses im Zeitpunkt der Zustimmungserklärung des Betriebsratsvorsitzenden nicht nur, was feststeht, nicht bekannt war, sondern ihr aufgrund des zeitlichen Abstands auch nicht bekannt sein musste. Die außerordentliche Revision der kl AN war mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.