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Kollektivvertrag für Handelsarbeiter: Keine Ausdehnung einer nur für Unternehmen des Eisen- und Metallgroßhandels vorgesehenen Zulage für ArbeitnehmerInnen im Sanitärgroßhandel

DAVIDKOXEDER
KollV für Handelsarbeiter; §§ 6 und 7 ABGB

Der Kl war bei der Bekl vom 3.7.2017 bis 2.3.2018 als LKW-Fahrer tätig. Auf das Dienstverhältnis fand der KollV für Handelsarbeiter (in weiterer Folge: KollV) Anwendung. Unternehmensgegenstand der Bekl ist der Großhandel mit Sanitär-, Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlagen, wobei etwa nur 5 % der von der Bekl vertriebenen Produkte aus Metall bestehen. Weiters sind im Betrieb der Bekl – ohne Berücksichtigung der Lehrlinge – mehr als 20 AN beschäftigt.

Mit der gegen die Bekl eingebrachten Klage begehrt der Kl € 1.033,20 sA an Erschwerniszulage für die Monate November 2017 bis Februar 2018. Mit dieser Erschwerniszulage wollte der Kl die körperliche Anstrengung des Be- und Abladens abgegolten haben und vertrat die Auffassung, dass der Großhandel mit sanitärem Bedarf vergleichbar mit dem Großhandel mit Eisen- und Metallwaren sei.

Die Bekl bestritt das Vorbringen des Kl und wandte ein, dass der KollV die Erschwerniszulage nur für Handelsarbeiter vorsehe, die in Unternehmen beschäftigt seien, die im Großhandel mit Eisen und Eisenwaren, Metall und Metallwaren, Röhren und Fittings tätig seien. Dies treffe auf die Bekl nicht zu. Im Großhandel mit sanitärem Bedarf würden überwiegend in Kartons bzw Kleingebinden gut verpackte Waren transportiert, weshalb die Erschwernis beim Be- und Entladen dieser Waren mit jenen im Eisengroßhandel nicht zu vergleichen sei.

Beide Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren übereinstimmend ab. Der OGH sah die Revision des Kl als zulässig, jedoch als nicht berechtigt an.

Nach stRsp ist der normative Teil eines KollV nach den Grundsätzen der §§ 6 und 7 ABGB, somit nach der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und der Absicht des Normgebers auszulegen. Nach den maßgeblichen Bestimmungen des gegenständlichen KollV haben nicht alle Handelsarbeiter, sondern nur jene Anspruch auf eine Erschwerniszulage, die im Großhandel mit Eisen und Eisenwaren, Metallen und Metallwaren, Röhren und Fittings tätig sind, sofern sie in Betrieben beschäftigt sind, die – ausschließlich der Lehrlinge – mehr als 20 AN beschäftigen.

Das erstinstanzliche Vorbringen des Kl, wonach seine Tätigkeit bei der Bekl im Sanitärgroßhandel mit jener im Eisen- und Metallgroßhandel vergleichbar sei, impliziert, dass auch der Kl einräumt, nicht ausdrücklich unter den besonderen Erschwerniszulagentatbestand des KollV zu fallen, es jedoch für unsachlich hält, ihm die Erschwerniszulage nicht zu gewähren. Zwar können im Einzelfall auch Tätigkeiten in anderen Branchen als jenen im Eisen- und Metallgroßhandel mit besonderen Erschwernissen verbunden sein. Kollektivverträge beruhen aber als Instrumente der kollektiven Rechtsgestaltung typischerweise nicht auf Einzelfall-, sondern auf Durchschnittsbetrachtungen. Da der KollV im gegenständlichen Fall einer typischen Durchschnittsbetrachtung folgend die Erschwerniszulage auf Handelsarbeiter im Eisen- und Metallgroßhandel beschränkt, kann darin keine Verletzung des „Sachlichkeitsgebots“ und des daraus resultierenden Gestaltungsspielraums der Kollektivvertragsparteien erblickt werden. Gerade Arbeiten im Eisen- und Metallgroßhandel erfolgen zum Großteil unter Umständen, die im Vergleich mit den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis rechtfertigen

Darüber hinaus geht nach Rechtsmeinung des OGH die Argumentation des Kl, wonach der Anspruch auf Erschwerniszulage auf die jeweilige Fachverbandszugehörigkeit des Unternehmens in der WKO abzustellen sei und nicht auf den jeweiligen Unternehmensgegenstand, am – für die Auslegung ausschlaggebenden – Wortlaut des KollV vorbei. Dies bestätigen auch andere Bestimmungen des KollV, wonach auch Arbeitern im „Handel mit Baumaterialien“ und Arbeitern im „Schrotthandel und Handel mit Altmetallen“ eine Erschwerniszulage gebührt. Hätten die Kollektivvertragsparteien beabsichtigt, die Zuerkennung der Erschwerniszulage bloß von einer bestimmten Fachverbandszugehörigkeit in der WKO abhängig zu machen, wäre dies im KollV zum Ausdruck gebracht worden.314