178Klage auf Zustimmung zur Entlassung bzw Kündigung eines Betriebsratsmitglieds muss unverzüglich erfolgen
Klage auf Zustimmung zur Entlassung bzw Kündigung eines Betriebsratsmitglieds muss unverzüglich erfolgen
Im vorliegenden Fall war vom OGH zu beurteilen, ob der AG (Kl) die Klage auf Zustimmung zur Entlassung eines Betriebsratsmitglieds (Bekl) rechtzeitig bei Gericht eingebracht hat oder ob sie verspätet vorgenommen wurde.
Den AG trifft die Obliegenheit, ihm bekanntgewordene Entlassungsgründe unverzüglich geltend zu machen, widrigenfalls das Entlassungsrecht des AG erlischt. IZm der Entlassung eines Mitglieds des BR bedeutet dies, dass auch ehestens die Klage auf Zustimmung zur Entlassung einzubringen ist. Der Grundsatz, dass die Entlassung unverzüglich auszusprechen ist, beruht auf dem Gedanken, dass ein AG, der eine Verfehlung seines AN nicht sofort mit der Entlassung beantwortet, dessen Weiterbeschäftigung nicht als unzumutbar ansieht und auf die Ausübung des Entlassungsrechts im konkreten Fall verzichtet.
Jeder gerechtfertigten Entlassung ist immanent, dass dem AG die Weiterbeschäftigung des AN wegen des Entlassungsgrundes so unzumutbar geworden ist, dass eine sofortige Abhilfe erforderlich wird. Dieses Tatbestandsmerkmal ermöglicht die Abgrenzung zwischen einem in abstracto wichtigen Entlassungsgrund und einem in concreto geringfügigen Sachverhalt, also einer bloßen Ordnungswidrigkeit. Unzumutbarkeit liegt immer dann vor, wenn eine andere Form der Beendigung als die vorzeitige objektiv nicht in Betracht kommt.
Die Verletzung der Obliegenheit zur unverzüglichen Geltendmachung führt zum Untergang des Entlassungsrechts im konkreten Fall, ohne Rücksicht darauf, ob die Entlassung ansonsten gerechtfertigt ist oder nicht. Dabei kommt es darauf an, wann dem AG der maßgebliche Sachverhalt bekannt wurde. Wesentliches Kriterium für die Unschädlichkeit eines Zuwartens mit der Entlassung ist, ob die Verzögerung aufgrund der Sachlage begründet war. Bei einem zweifelhaften Sachverhalt ist der AG verpflichtet, die zur Feststellung des Sachverhalts erforderlichen und zumutbaren Erhebungen ohne Verzögerung durchzuführen. Reicht die Kenntnis des Sachverhalts für den AG bereits aus, die Entlassung auszusprechen, ist eine weitere Überlegungsfrist nicht mehr gerechtfertigt.
Die Beurteilung, ob eine Entlassung rechtzeitig oder verspätet vorgenommen wurde, kann nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls erfolgen. Im vorliegenden Fall waren der Kl sämtliche Umstände, die zur Begründung der Entlassung geltend gemacht werden, am 29.3.2017 bekannt. Erste Informationen hatte sie bereits am 13.3.2017 erhalten. Die Klage auf Zustimmung zur Entlassung verbunden mit einer Dienstfreistellung des Bekl erfolgte jedoch erst am 19.4.2017. Ausreichend322konkrete Gründe für eine Rechtfertigung der Verzögerung sind nicht erkennbar. Wenn sich die Kl in der Revision darauf beruft, dass Sicherheitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Löschung der Zugriffsberechtigung des Bekl auf das Computersystem der Kl erforderlich waren, so ergibt sich aus den Feststellungen, dass die Löschung selbst zwei Stunden in Anspruch nahm.
Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass die Kl damit ihre Obliegenheit zur unverzüglichen Geltendmachung eines Entlassungsgrundes verletzt hat, hält sich im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums.
Auch die Klage des Betriebsinhabers auf Zustimmung zur Kündigung eines Betriebsratsmitglieds muss nach stRsp und Lehre unverzüglich erfolgen, nachdem dem AG der Grund, der zur Kündigung berechtigt, bekannt geworden ist. Darauf, ob daher das Verhalten des Bekl einen Kündigungsgrund verwirklicht, kommt es ebenso wenig an, wie darauf, ob ein gerechtfertigter Entlassungsgrund gesetzt wurde.
Die außerordentliche Revision der Kl war mangels einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.