184

Bereitschaftsentschädigung nach § 17b GehG: Keine „Dienststellen- und Wohnungsbereitschaft“ bei Notwendigkeit der Anreise an den Dienstort innerhalb von eineinhalb Stunden

RICHARDHALWAX

Der Kl ist seit 1.8.2005 bei der Bekl (BM für Landesverteidigung) gem § 36 VBG als Pilot und Kommandant einer Hubschrauberstaffel beschäftigt. Sein Dienstort ist der Militärflughafen Langenlebarn. Die Strecke zwischen seinem Wohnort und seiner Dienststelle legt der Kl mit dem Privat-Pkw in einer Fahrtzeit zwischen 1 h 25 min bis 1 h 30 min zurück.

Mit Befehl vom 7.8.2015 („Readiness Status 180“) hat sich der Kl, wenn er zur Bereitschaft eingeteilt ist, erreichbar zu halten und muss für den Fall, dass er alarmiert wird, innerhalb von drei Stunden in der Lage sein, mit dem Hubschrauber vom Militärflughafen Langenlebarn abzuheben. Um rechtzeitig abheben zu können, muss der Kl die Dienststelle innerhalb von eineinhalb Stunden erreichen können.

Auf das Vertragsbedienstetenverhältnis des Kl ist § 17b Abs 1 bis 3 Gehaltsgesetz 1956 (GehG) sinngemäß anwendbar, der folgenden Wortlaut hat:

„Bereitschaftsentschädigung(1) Dem Beamten, der sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden auf Anordnung in einer Dienststelle oder an einem bestimmten anderen Ort aufzuhalten hat, um bei Bedarf auf der Stelle seine dienstliche Tätigkeit aufnehmen zu können, gebührt hiefür […] eine Bereitschaftsentschädigung, bei deren Bemessung auf die Dauer der Bereitschaft Bedacht zu nehmen ist.(2) Dem Beamten, der sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden sowohl in seiner Wohnung erreichbar zu halten, als auch von sich aus bei Eintritt von ihm zu beobachtender Umstände seine dienstliche Tätigkeit aufzunehmen hat, gebührt hiefür […] eine Bereitschaftsentschädigung, bei deren Bemessung auf die Dauer der Bereitschaft und die Häufigkeit allenfalls vorgeschriebener Beobachtungen Bedacht zu nehmen ist.(3) Dem Beamten, der sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden erreichbar zu halten hat (Rufbereitschaft), gebührt hiefür […] eine Bereitschaftsentschädigung, deren Höhe nach der Dauer der Bereitschaft zu bemessen ist.“

Der Kl begehrte die Abgeltung seiner im Zeitraum von April 2015 bis Juni 2016 geleisteten Bereitschaftszeiten mit einer Entschädigung für „Dienststellen- und Wohnungsbereitschaft“ nach § 17b Abs 1 bzw Abs 2 GehG. Die Bekl habe ihm zu Unrecht lediglich eine Entschädigung für Rufbereitschaft nach § 17b Abs 3 GehG bezahlt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in der Hauptsache statt. Das Berufungsgericht gab dem erhobenen Rechtsmittel der Bekl keine Folge und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Der OGH befand die Revision der Bekl für zulässig und auch berechtigt.

Bei den Bereitschaftsentschädigungen nach § 17b GehG handelt es sich um eine Vergütung für die Kürzung der Freizeit, die je nach Stärke des Eingriffs in die „persönliche Freizügigkeit“ abgestuft sein soll. Einen Anspruch auf Entschädigung nach § 17b Abs 1 GehG begründet laut OGH eine Anordnung nur dann, wenn aus ihr die Verpflichtung zum Aufenthalt an einem bestimmten Ort und die Verpflichtung, bei Bedarf auf der Stelle einen bestimmten Dienst aufzunehmen, abzuleiten sind (Bereitschaftspflicht ieS). Zwischen beiden Verpflichtungen besteht ein Zusammenhang. Eine Aufenthaltspflicht nach § 17b Abs 1 GehG dient („um zu“) dem Zweck, die Aufnahme des329 Dienstes auf der Stelle zu gewährleisten. Sie ist iSd § 17b Abs 1 GehG deswegen sofort möglich, weil der Bedienstete sich schon an dem vorgegebenen Ort befindet.

Dem Kl war während der Bereitschaftszeit kein bestimmter Aufenthaltsort vorgegeben. Indirekt ergibt sich zwar eine räumliche Beschränkung durch die Notwendigkeit, innerhalb von längstens eineinhalb Stunden zum Dienstort anreisen zu können, darüber hinaus bestanden aber nach den Feststellungen keine weiteren Vorgaben.

Der erkennende Senat vermochte die Auffassung, dass es sich bei einem derart großen Gebiet, das die Bundeshauptstadt Wien, fast das gesamte Bundesland Niederösterreich und das nördliche Burgenland umfasst, um einen „bestimmten anderen Ort“ iSd § 17b Abs 1 GehG handelt, nicht zu teilen.

Die Qualifikation einer angeordneten Bereitschaft iSd Abs 1 bis 3 des § 17b GehG kann nur nach objektiven Kriterien beurteilt werden, die für alle davon betroffenen Bediensteten gleichermaßen gelten, unabhängig von ihrem privaten Wohnort oder der von ihnen persönlich bevorzugten Freizeitgestaltung. Die Überlegung der Vorinstanzen, dass der Kl sich während der Bereitschaft deswegen nicht innerhalb des gesamten theoretisch möglichen Umkreises vom Dienstort bewegen hätte können, weil er im Alarmfall zunächst seine Begleiter bzw Familienmitglieder nach Hause bringen hätte müssen, vermag nicht zu überzeugen.

Der Umstand, dass der Kl seinen Wohnort im nördlichen Waldviertel gewählt hat und regelmäßig eine besonders lange Anfahrtszeit zum Dienstort in Kauf nimmt, ist seinem privaten Lebensbereich zuzuordnen. Aus dieser Entscheidung, mag sie auch schon vor der Einführung des „Readiness Status 180“ getroffen worden sein, kann er keinen Anspruch auf bevorzugte Abgeltung der Bereitschaftsdienste gegenüber anderen Piloten ableiten, die näher am Dienstort wohnen.

Zwar liegt ohne Zweifel auch in der gegebenen Konstellation eine Einschränkung der Freizeitmöglichkeiten vor. Diese ist aber eine dem Grunde nach notwendige Voraussetzung dafür, dass überhaupt eine Abgeltung gem § 17b GehG gebührt. Nach den Feststellungen ging diese Beschränkung im vorliegenden Fall nicht über eine Rufbereitschaft iSd § 17b Abs 3 GehG hinaus.

Die als Voraussetzung für die Abgeltung der Bereitschaft nach § 17b Abs 1 GehG normierte Verpflichtung, sich an einem „bestimmten Ort“ aufzuhalten, ist nur dann von der auch einer Rufbereitschaft immanenten „unverzüglichen“ Einsatzbereitschaft abgrenzbar, wenn der Begriff nicht allzu weit ausgelegt wird. Eine Gebietsbeschränkung, die wie hier über immerhin mehrere Bundesländer reicht, respektive eine Zeitspanne von eineinhalb Stunden für die Anreise zum Dienstort, ist darunter nicht mehr subsumierbar.