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Rückforderung der Notstandhilfe wegen mangelnder Verfügbarkeit auf Grund Pflege eines nahen Angehörigen

CAROLINEKRAMMER

Der Notstandshilfe beziehende Revisionswerber stellte am 30.9.2014 einen Antrag auf Selbstversicherung in der PV für Zeiten der Pflege eines nahen Angehörigen (seiner Mutter) nach § 18b ASVG. Die Selbstversicherung bestand von 1.9.2013 bis 3.9.2016.

Das Arbeitsmarktservice (AMS) erlangte am 30.8.2016 im Rahmen einer Niederschrift Kenntnis von der Selbstversicherung und erließ am 14.11.2016 einen Bescheid, mit dem der Bezug der Notstandshilfe widerrufen und der Überbezug von € 14.572,48 zurückgefordert wurde. Das AMS begründete seine Entscheidung damit, dass die Aufnahme einer auf dem Arbeitsmarkt üblichen Beschäftigung mit geregelten wöchentlichen Arbeitszeiten im Ausmaß von zumindest 20 Stunden neben den Betreuungspflichten als Angehöriger von fast fünf Stunden täglich, nicht möglich sei. Eine Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt iSd § 7 Abs 7 AlVG sei demnach im fraglichen Zeitraum nicht gegeben gewesen. Da die Voraussetzungen für den Bezug der Notstandshilfe nicht vorgelegen seien und die maßgebliche Tatsache der Pflege der Mutter verschwiegen worden sei, sei daher die Zuerkennung der Notstandshilfe gem § 24 Abs 2 AlVG zu widerrufen und die Geldleistung gem § 25 Abs 1 erster Satz AlVG zurückzufordern.

Das BVwG wies die Beschwerde gegen diesen Bescheid ohne Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung als unbegründet ab.

Der Revisionswerber brachte vor, das BVwG hätte keine Feststellungen zur tatsächlichen Lagerung der erforderlichen Pflegezeit der Mutter getroffen. Es wären auch keine Feststellungen über konkret in den verbleibenden Tageszeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehende Teilzeitmöglichkeiten getroffen worden. Außerdem sei die beantragte mündliche Verhandlung nicht durchgeführt worden.

Der VwGH hielt die Revision für berechtigt und hob das angefochtene Erk wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts mit der Begründung auf, das BVwG habe trotz Vorliegens der Voraussetzungen iSd § 24 Abs 4 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen und die im VwGH-Erk vom 30.1.2018, Ra 2017/08/0078, für erforderlich gehaltenen Feststellungen nicht getroffen. Festzustellen sei demnach, zu welchen Tageszeiten der Angehörige durch seine privaten Pflegetätigkeiten konkret in Anspruch genommen werde, um (allenfalls unter Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens) zu ermitteln, ob auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu den verbleibenden Zeiten noch Tätigkeiten im Ausmaß von zumindest 20 Wochenstunden, die dem Mitbeteiligten zumutbar sind, angeboten werden.