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Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Mindestausmaß an Minderung der Erwerbsfähigkeit in § 203 ASVG

SOPHIAMARCIAN

Der Kl erlitt 2016 einen Arbeitsunfall. In Folge dessen erließ die Bekl einen Bescheid, in dem sie den Arbeitsunfall des Kl anerkannte und einen Anspruch auf vorläufige Versehrtenrente feststellte; der Kl bekämpfte diesen Bescheid im sozialgerichtlichen Verfahren. Mangels Erfolgsaussicht zog er jedoch seine Klage zurück, woraufhin die bekl Unfallversicherungsanstalt einen Wiederholungsbescheid gem § 72 Z 1 lit c ASGG im Umfang der Rentenzuerkennung ausstellte, wobei inhaltlich auch auf das erstinstanzliche Verfahren sowie die Zurückziehung der Klage Bezug genommen wurde.

Einige Wochen später stellte die Bekl erstmals mit Bescheid fest, dass der Kl keinen Anspruch auf Dauerrente habe. Dieser Bescheid wurde vom Kl abermals bekämpft, mit der Begründung, dass über die Dauerrente bereits im Wiederholungsbescheid entschieden worden sei, da dieser nicht ausdrücklich von einer „vorläufigen Rente“ gesprochen hatte.

Der OGH wies die außerordentliche Revision des Versicherten zurück und bestätigte die Ansicht des Berufungsgerichts, wonach der Wiederholungsbescheid nach seinem objektiven Inhalt beurteilt, wenn auch nicht ausdrücklich, lediglich – den ursprünglich bekämpften Bescheid wiederholend – über eine vorläufige Versehrtenrente abgesprochen hatte.

Die vom Versicherten vorgebrachte Gleichheitswidrigkeit des § 203 Abs 1 ASVG, der einen Anspruch auf Versehrtenrente erst ab einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % vorsieht, wurde bereits in zweiter Instanz mit ausführlicher Begründung verneint. In seiner E führt der OGH aus, dass eine Regelung nicht allein deshalb gleichheitswidrig ist, wenn ihr Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend angesehen wird (RS0053882). Die vom Gesetzgeber normierte Untergrenze von 20 % Erwerbsfähigkeitsminderung berücksichtigt, dass bei Leichtversehrten wahrscheinlich überhaupt kein Lohnentfall eintreten wird, weil diese in der Regel weiterhin kollektivvertraglich gesicherte Entgelte verdienen können. Der OGH sieht daher keinen Anlass, an der Verfassungsmäßigkeit des § 203 Abs 1 letzter Teilsatz ASVG zu zweifeln.