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Aufenthalt im Familienzimmer des Geburtskrankenhauses begründet keinen gemeinsamen Haushalt

KRISZTINAJUHASZ

Die außerordentliche Revision des Kl richtete sich gegen das Urteil des OLG Wien. Verfahrensgegenstand war der Anspruch des Kl auf Familienzeitbonus nach § 2 FamZeitbG für den Zeitraum 25.6. bis 25.7.2018 aus Anlass der Geburt seines Sohnes am 23.6.2018. Strittig war, ob der Aufenthalt des Kl mit Mutter und Kind in einem Familienzimmer des Geburtskrankenhauses von Geburt an bis zur Entlassung am 26.6.2018 einen gemeinsamen Haushalt iSd § 2 Abs 3 FamZeitbG begründete.

Als „Familienzeit“ iSd § 2 Abs 4 FamZeitbG wird ein Zeitraum zwischen 28 und 31 Tagen verstanden, in dem sich ein Vater aufgrund der kürzlich erfolgten Geburt seines Kindes ausschließlich seiner Familie widmet und dazu die Erwerbstätigkeit unterbricht, keine Leistungen aus der AlV, sowie keine Leistungen oder Entgeltfortzahlung aufgrund Krankheit erhält. Erwerbstätige Väter, die sich direkt nach der Geburt ihres Kindes intensiv und ausschließlich der Familie widmen, sollen eine finanzielle Unterstützung erhalten. Die Familiengründungszeit ist wichtig, damit das Neugeborene rasch eine sehr enge emotionale Bindung auch zum Vater aufbauen kann. Der Vater soll seine unter den Auswirkungen der gerade erfolgten Geburt stehende Partnerin bei der Pflege und Betreuung des Säuglings, bei den Behördenwegen, bei Haushaltsarbeiten etc bestmöglich unterstützen, um den Zusammenhalt in der Familie von Anfang an zu stärken.

Der Anspruch auf Familienzeitbonus ist ua an die Voraussetzung geknüpft, dass der Vater, das Kind und der andere Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben (§ 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG) und sich der Vater im gesamten von ihm gewählten Anspruchszeitraum in Familienzeit befindet (§ 2 Abs 1 Z 3 FamZeitbG). Bei der Prüfung eines gemeinsamen Haushalts müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Der Vater, das Kind und der andere Elternteil müssen in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse leben und alle drei müssen an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sein.

Überdies gebührt der Familienzeitbonus ausschließlich für eine ununterbrochene Dauer von 28, 29, 30 oder 31 aufeinanderfolgenden Tagen innerhalb eines Zeitraums von 91 Tagen ab der Geburt des Kindes (§ 3 Abs 2 FamZeitbG). Die Anspruchsdauer ist bei der Antragstellung verbindlich festzulegen, sie kann später nicht geändert werden (§ 3 Abs 3 FamZeitbG). Wenn während des Krankenhausaufenthalts von Mutter und Kind kein Anspruch auf Familienzeitbonus besteht und die verbleibenden Tage in denen Familienzeit beansprucht wird, die vom Kl gewählte Bezugsdauer nicht erreichen, besteht kein Anspruch auf Familienzeitbonus. Eine anteilige Auszahlung hat der Gesetzgeber ebenso ausgeschlossen, wie eine spätere Änderung des Anspruchszeitraums (OGH 20.11.2018, 10 ObS 109/18d).

Der OGH hat zu 10 ObS 109/18d bereits klargestellt, dass während des Krankenhausaufenthalts von Mutter und Kind nach der Geburt kein gemeinsamer Haushalt iSd § 2 Abs 3 FamZeitbG vorliegt, weil in dieser Zeit die Pflege und Betreuung des Kindes durch Leistungen der Krankenanstalt abgedeckt werden. Bei Hausgeburten oder ambulanten Geburten steht der Familienzeitbonus bereits ab dem Tag der Geburt zu, denn in diesen Fällen liegt der gemeinsame Haushalt bereits ab Geburt vor.

Anders als in dem zu 10 ObS 109/18d entschiedenen Fall hielt sich der Kl im vorliegenden Fall gemeinsam mit Mutter und Neugeborenem einige Tage in einem Familienzimmer des Krankenhauses auf. Der Aufenthalt diente laut OGH zwar der vom Gesetzgeber gewünschten Verstärkung einer emotionalen Bindung des Kindes zum Vater und der Unterstützung der Mutter, dennoch wurden Pflege- und Betreuungsbedürfnisse von Mutter und Kind – wie beispielsweise die medizinische Betreuung, Nahrungsversorgung (jedenfalls der Mutter) und Hilfestellung bei der Säuglingspflege – durch Leistungen des Krankenhauspersonals sichergestellt. Klassische Haushaltsleistungen, mit denen ein Vater seine Partnerin nach der Geburt unterstützen soll, fallen während des Krankenhausaufenthalts nicht an. Ein gemeinsamer Haushalt iSd § 2 Abs 3 FamZeitbG lag im vorliegenden Fall daher nur in der Zeit ab der Entlassung aus dem Spital 348von 26.6. bis 25.7.2018 vor. Die Anspruchsvoraussetzung war somit nicht für den gesamten, vom Vater gewählten Anspruchszeitraum von 31 Tagen erfüllt. Eine anteilige Auszahlung des Familienzeitbonus ist ausgeschlossen.

Der erst auf Geburten nach dem 31.12.2018 anzuwendende, mit der Novelle zum FamZeitbG BGBl I 2019/24BGBl I 2019/24 eingeführte § 2 Abs 3a FamZeitbG nimmt – ausnahmsweise – bei einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt des Kindes und bei gleichzeitigem Mindestmaß an persönlicher Pflege und Betreuung von durchschnittlich vier Stunden täglich jeweils durch den Vater oder den anderen Elternteil, einen gemeinsamen Haushalt iSd § 2 Abs 3 FamZeitbG an. Diese Bestimmung kommt hier noch nicht zur Anwendung.

Die außerordentliche Revision des Kl wurde vom OGH zurückgewiesen. Einen gleichheits- und damit verfassungswidrigen Inhalt dieser gesetzlichen Regelung sah der Senat nicht, somit wurde die Anregung des Revisionswerbers auf Anrufung des VfGH nicht aufgegriffen.