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Szenario einer schlüssigen Arbeitgeberkündigung

MANFREDTINHOF

Einer AN wurde mitgeteilt, dass die Absicht bestehe, sie zu kündigen und sie wählen könne, ob sie bis zum Ende des Dienstverhältnisses weiterarbeiten wolle oder ab sofort Zeitausgleich und Urlaub konsumieren wolle, woraufhin sie sich für Zweiteres entschied. Zwei Tage später wurde sie ausdrücklich aufgefordert, das Personalzimmer zu räumen und ihre Schlüssel abzugeben.

Entgegen der Ansicht der AN, die in den Äußerungen und im Verhalten des AG keine Kündigung erkennen konnte, beurteilte das Berufungsgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass die AN auf Grundlage der Gesamtumstände nicht daran zweifeln konnte, dass sie gekündigt ist. Der OGH wies die außerordentliche Revision der AN zurück und sprach aus, dass sich diese Einschätzung des Berufungsgerichts im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums hielt.

Der OGH hielt fest, dass eine Kündigung als privatrechtliche Willenserklärung im Regelfall an keine bestimmten Formerfordernisse gebunden ist. Sie kann deshalb schriftlich oder mündlich, gegebenenfalls aber auch durch schlüssige Handlungen iSd § 863 ABGB ausgesprochen werden. Zur Kündigung genügt jede Äußerung, aus der für den Vertragspartner deutlich, bestimmt und in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise die Absicht des Erklärenden zu erkennen ist, das Dienstverhältnis zu beenden.