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Gemeinsames Wirtschaften geschiedener Ehegatten stellt keine Unterhaltsleistung dar – kein Anspruch auf Witwenpension

PIA ANDREAZHANG
OGH 30.7.2019, 10 ObS 80/19s

Die Kl und der Versicherte lebten trotz der im Jahr 2000 erfolgten Scheidung ihrer 1985 geschlossenen Ehe bis zum Tod des Versicherten im Jahr 2016 in der ehemaligen Ehewohnung zusammen und wirtschafteten wie ein Ehepaar. Beide waren berufstätig; sie hatten ein gemeinsames Konto, von dem die Kosten für die gemeinsame Haushaltsführung abgebucht wurden. Beide konnten von diesem Konto Geld beheben. Am Ende des Monats wurde der am Konto verbliebene Restbetrag auf ein Sparkonto der Kl überwiesen. Die auf dem Sparkonto liegenden Beträge wurden vereinbarungsgemäß für die Ausbildung der beiden gemeinsamen Kinder verwendet und sollten weiters der Absicherung der Kl im Hinblick auf ihre allenfalls niedrigeren Pensionsbezüge dienen.

Das Erstgericht wies die auf Gewährung der Witwenpension gerichtete Klage ab. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Der OGH wies die außerordentliche Revision der Kl ab, da sie keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigte.

Sowohl der Gesetzeswortlaut des § 258 Abs 4 lit d ASVG als auch die Gesetzesmaterialien stellen darauf ab, dass die von einem der ehemaligen Ehegatten nach der Scheidung der Ehe dem anderen erbrachten Leistungen einen Unterhaltsbedarf decken müssen. Wirtschaften ehemalige EhegattInnen – wie die Kl und der Versicherte – nach der Scheidung als LebensgefährtInnen „aus einem gemeinsamen Topf“, so liegen keine Unterhaltsleistungen vor, weshalb die Voraussetzungen nach § 258 Abs 4 lit d ASVG nicht erfüllt sind.

Nach stRsp dient der Unterhalt der Befriedigung der notwendigen und üblichen materiellen menschlichen Bedürfnisse. Die Vermögensbildung zu Sparzwecken (wie im vorliegenden Fall zur Absicherung der Kl) ist hingegen nicht als Unterhaltsleistung zu beurteilen.