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Vereinbarung einer begünstigten Besteuerung bei Zahlung einer freiwilligen Abfertigung – wirksame Nettolohnvereinbarung?

CHRISTOSKARIOTIS

Der Kl war vom 4.2.2013 bis zur DG-Kündigung zum 30.9.2016 bei der Erstbekl angestellt.

Strittig ist die Auslegung folgender Passage aus einer Aktennotiz vom 31.5.2012:

„7. Abfertigunga) Wahlmöglichkeit durch Dienstnehmer: I. Auszahlung nach 2 Jahren 4*25 % jährlich – stark besteuertII. Einfrieren: Auszahlung steuerbegünstigt zB Pension oder Kündigung durch Arbeitgeber“

Der Kl begehrte ua eine Abfertigungsdifferenz von € 56.178,27. Ihm sei in Bezug auf die vereinbarte Abfertigung ein Wahlrecht zwischen einer stark besteuerten und einer steuerbegünstigten Auszahlung eingeräumt worden, wovon er sich für die zweite, nur mit einem Abzug von 6 % Lohnsteuer belastete, Variante entschieden habe.

Das Erstgericht sowie das OLG wiesen das Klagebegehren, das sich auf eine Nettozahlung in Höhe von 94 % der Bruttoabfertigungssumme gerichtet hat, ab.

Der OGH wies die Revision des Kl mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurück und fasste in seiner rechtlichen Begründung wie folgt zusammen:

Den AN trifft – wie das Berufungsgericht ausgeführt hat – die Behauptungs- und Beweislast für die Vereinbarung eines Nettoentgelts, also dafür, dass der AG sich zur Übernahme der sonst vom AN zu tragenden Abgaben verpflichtete.

Das Berufungsgericht ist zu der Auffassung gelangt, dass es sich bei der Wortfolge „stark besteuert“ bei Variante I und „steuerbegünstigt“ bei Variante II der Aktennotiz um eine bloße Wissenserklärung des AG handle, weil die Besteuerung nicht der Disposition der Vertragsparteien unterliegt. Ein Wille des AG, unabhängig von der tatsächlichen Besteuerung jedenfalls den sich unter Zugrundelegung einer fiktiven Besteuerung mit 6 % ergebenden317 Nettobetrag auszahlen zu wollen, sei dem Wortlaut der Aktennotiz nicht zu entnehmen. Objektive Umstände, aus denen der Kl hätte erschließen können, dass die Erstbekl ihm mehr als die zwölf Bruttomonatsentgelte an freiwilliger Abfertigung zu zahlen beabsichtigt habe, seien vom Kl weder behauptet noch bewiesen worden.

Ob eine Wissens- oder eine Willenserklärung vorliegt, ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln. Auslegungsfragen entziehen sich in der Regel zufolge ihrer Einzelfallbezogenheit generellen Aussagen. Sie begründen daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, sofern keine auffallende Fehlbeurteilung vorliegt, die vom OGH im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muss. Von einem unvertretbaren Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts kann hier keine Rede sein.

Entgegen dem Standpunkt des Kl schließt allein die Anführung einer „Wahlmöglichkeit“ das Vorliegen einer Wissenserklärung nicht aus. Grundsätzlich bringt die Darstellung einer Wahlmöglichkeit in der Aktennotiz für einen redlichen Erklärungsempfänger nur die (irrige) Vorstellung der Erstbekl über das Bestehen zweier mit unterschiedlichen steuerrechtlichen Folgen verbundenen Auszahlungsvarianten zum Ausdruck und nicht ihren Willen, das Steuerrisiko zu übernehmen und dem Kl jedenfalls 94 % der Bruttoabfertigungssumme auszuzahlen. Über den Erklärungsinhalt hinausgehende Anhaltspunkte für einen entsprechenden Rechtsfolgenwillen der Erstbekl zeigt der Kl nicht auf. Ein solcher lässt sich auch nicht der bei Ausscheiden des Kl aus ihrem Unternehmen erfolgten Anfrage der Erstbekl an das Finanzamt zur tatsächlichen Besteuerung der Abfertigung entnehmen. Mit dem Hinweis auf die arbeitsrechtliche Rsp zum Vertrauensschutz auf Wissenserklärungen ist dem Kl ebenfalls nicht geholfen. Bereits das Berufungsgericht hat dem Kl entgegengehalten, dass er das Vorliegen einer – ein schützenswertes Vertrauen voraussetzenden – nachhaltigen „Vertrauensposition“ aufgrund der Erklärung der Erstbekl gar nicht behauptet hat, eine solche aber angesichts der Vorteilhaftigkeit des Angebots der Erstbekl („Auszahlung von 58.749,10 EUR ohne jeglichen Rechtsanspruch“) auch nicht ernsthaft anzunehmen wäre.