177Heimliches Durchsuchen der Dokumentenmappe der Personalchefin – Entlassungsanfechtung scheitert an personenbezogenem Rechtfertigungsgrund
Heimliches Durchsuchen der Dokumentenmappe der Personalchefin – Entlassungsanfechtung scheitert an personenbezogenem Rechtfertigungsgrund
Eine AN durchsuchte heimlich eine nicht für sie bestimmte Dokumentenmappe der Finanz- und Personalchefin ihres AG – wobei sie deren Abwesenheit ausnutzte – und fotografierte eine vom Geschäftsführer unterschriebene, jedoch noch nicht freigegebene und bewusst zurückgehaltene Altersteilzeitvereinbarung.321Sie wurde daraufhin entlassen und focht die Entlassung gem § 106 Abs 2 Arb- VG an.
Die Vorinstanzen wiesen das Begehren der Kl, die Entlassung für rechtsunwirksam zu erklären, ab. Zwar beeinträchtige die Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund der Vermittlungswahrscheinlichkeit der Kl von neun bis zwölf Monaten, ihres Alters und ihrer mehr als zehnjährigen Betriebszugehörigkeit ihre Interessen. Allerdings sei der Ausnahmetatbestand des § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG verwirklicht, weil ihr Verhalten die betrieblichen Interessen des AG nachteilig berührt habe. Der OGH wies die außerordentliche Revision der Kl zurück.
Steht – wie im vorliegenden Fall – fest, dass durch die Kündigung wesentliche Interessen des AN beeinträchtigt sind und andererseits in der Person des AN gelegene Umstände betriebliche Interessen nachteilig berühren, dann sind diese Voraussetzungen zueinander in eine Wechselbeziehung zu setzen; es ist eine Abwägung dieser gegenüberstehenden Interessen vorzunehmen.
Bei der Beurteilung des Anfechtungsgrundes der Sozialwidrigkeit ist dabei auf den Zeitpunkt der durch die angefochtene Kündigung (hier: Entlassung) herbeigeführten Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Konkretisierungszeitpunkt) abzustellen. Es gibt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass bei der Kl im Konkretisierungszeitpunkt eine von ihr in der Revision behauptete Depression mit damit verbundener mangelnder Vermittlungswahrscheinlichkeit vorlag. Dass das Berufungsgericht seiner Beurteilung daher jene Vermittlungsdauer zugrunde legte, die sich unter Außerachtlassung der Depression ergab, ist nicht korrekturbedürftig. Es ist aber auch nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanzen in dem oben dargestellten Verhalten der Kl einen massiven Vertrauensbruch sahen. Dass es sich bei dem fotografierten Schriftstück lediglich um ein Dokument gehandelt habe, das sie später ohnehin bekommen hätte, trifft nicht zu, weil die Kl wusste, dass die Vereinbarung vom Geschäftsführer noch nicht freigegeben war und wegen des noch nicht geklärten Themas der Arbeitszeiten noch nicht herausgegeben werden durfte.