Reichel/Pfeil/Urnik (Hrsg)Crowdinvesting und Crowdworking: Herausforderungen und Chancen

Manz Verlag, Wien 2018, 176 Seiten, broschiert, € 38,–

MARTINRISAK (WIEN)

Die Universität Salzburg hat mit dem WissensNetzwerk „Recht, Wirtschaft und Arbeitswelt“, das von Walter J. Pfeil koordiniert wird, eine sehr aktive Plattform für interdisziplinäre Forschungen und Verknüpfungen mit der Praxis begründet. Teil dieser Aktivitäten sind ua Symposien zu aktuellen Themen, die unter dem Blickwinkel der unterschiedlichen akademischen Disziplinen beleuchtet werden und die dann auch in Publikationen münden. Der vorliegende Band beruht auf dem im Oktober 2016 abgehaltenen Symposium „Rechtliche und betriebswirtschaftliche Herausforderungen und Chancen des Crowdinvesting und Crowdworking“. Behandelt wurden dabei vielfältige Phänomene, die unter dem Oberbegriff Crowdsourcing zusammengefasst werden können: Über das Internet werden unterschiedliche Aufgaben und Funktionen (wie zB die Finanzierung von Projekten oder die Erbringung von Dienstleistungen) an eine große Menge von AkteurInnen (die Crowd) ausgelagert. Dabei wird häufig auf Intermediäre, sogenannte Plattformen, zurückgegriffen, weshalb auch von der Plattformwirtschaft die Rede ist.

Die hier zu rezensierende Publikation beschäftigt sich mit zwei konkreten Anwendungen des Crowdsourcing-Modells, dem Crowdinvesting und dem Crowdwork. Die diesbezüglichen Kapitel stehen ein wenig monolithisch nebeneinander – ein grundsätzliches Kapitel, das eine Klammer über sie alle spannt, wäre zweckmäßig gewesen. Fünf Beiträge sind dem Crowdinvesting bzw Crowdfunding gewidmet, die diese Thematik aus psychologischen, betriebswirtschaftlichen und unterschiedlichen rechtlichen Blickwinkeln beleuchten. Drei weitere – für ArbeitsrechtlerInnen wohl interessantere – Beiträge beschäftigen sich mit dem Crowdsourcing von Arbeit, dem Crowdwork, das nunmehr in der Wissenschaft als Plattformarbeit bezeichnet wird.

Der erste Beitrag ist dem Crowdwork aus einer Human Resource Management-Perspektive gewidmet und zeigt, dass hier von einem engen Verständnis ausgegangen wird, nämlich der ortsungebundenen Online-Arbeit. Die ortsgebundene Plattformarbeit wie die Erbringung von Transportdienstleistungen (zB Uber), Essenszustellung (zB mjam plus oder Lieferservice) oder haushaltsnahe Dienstleistungen (zB MyHammer oder ExtraSauber) fällt demnach nicht darunter und wird auch nicht behandelt. Der Beitrag gibt einen sehr guten Überblick über die unterschiedlichen Geschäftsmodelle und deren Funktionieren und legt die Chancen sowie Herausforderungen im Hinblick auf organisationale Performance und AN-Wohlfahrt dar. Der Befund fällt dabei differenziert aus – „es kommt darauf an“ (S 129) – und zwar vor allem auf die zu erledigenden Aufgaben sowie auf die konkrete Plattform, die die Arbeit organisiert.

Die beiden anderen Beiträge zum Crowdwork beschäftigen sich mit der rechtlichen Einordnung der CrowdworkerInnen (Johannes Warter) sowie mit dem kollektiven Arbeitsrecht (Rudolf Mosler). Warter kann dabei auf seiner umfangreichen Publikation „Crowdwork“ (2016) aufbauen und bietet einen kompakten Überblick über den Meinungsstand im Hinblick darauf, unter welchen Voraussetzungen beim Crowdwork Arbeitsverträge vorliegen können und wer dabei die VertragspartnerInnen (Plattform oder AuftraggeberIn?) sind. Es wird vertreten, dass des Öfteren Arbeitsverträge vorliegen, wobei insb der Kontrolle des Arbeitsablaufes durch die Plattformen eine große Bedeutung zukommt (S 148 ff, 160). Weiters wird insb auch auf die Anwendung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und Heimarbeitsgesetzes, die grundsätzlich bei Crowdwork bejaht wird (S 153), sowie auf die Voraussetzungen für die Einordnung von CrowdworkerInnen als arbeitnehmerInnenähnliche Personen eingegangen.

Der Beitrag von Mosler beleuchtet dann einen noch weniger diskutierten Aspekt der Plattformarbeit, nämlich die Möglichkeit von deren Regelung durch kollektive Rechtsquellen. Betreffend den KollV wird ein weites Verständnis des AN-Begriffes in § 1 ArbVG vertreten, wonach die fehlende persönliche Abhängigkeit durch eine starke wirtschaftliche Abhängigkeit kompensiert werden kann. Das steht jedoch in einem Spannungsverhältnis mit dem europarechtlichen Kartellverbot und zur EuGH-E in der Rs FNV Kunsten (EuGH 4.12.2014, C-413/13). Mosler plädiert hier für eine Neudefinition des EU-rechtlichen AN-Begriffs, die sich auch auf das Streikrecht auswirken würde (S 169 f). Ähnlichen Anpassungsbedarf sieht er auch in der Betriebsverfassung und hält es hier für überlegenswert, die Regelungsmöglichkeiten der BV auszubauen (S 174).

Der vorliegende Band bietet, was die das Crowdwork behandelnden Beiträge betrifft, einen sehr guten Überblick und somit einen ersten Einstieg in die Problematik, wobei durchaus auch Lösungsansätze geboten werden. Es bleibt zu hoffen, dass ihn nicht das Schicksal der „Unsichtbarkeit“ zu Teil wird, dem Tagungsbände zumeist anheimfallen. Verdient hätte er es jedenfalls nicht, was zugleich auch ein Plädoyer für eine (aktualisierte) Mehrfachverwertung der einzelnen Kapitel sein soll.