GlaheDie Rückabwicklung arbeitsrechtlicher Aufhebungsverträge

Duncker & Humblot Verlag, Berlin 2018, 179 Seiten, € 74,90

VERENARUSS (GRAZ)

Das vorliegende Buch, das als Dissertation im Januar 2017 vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg angenommen wurde, behandelt die unterschiedlichen Möglichkeiten der Rückabwicklung eines Aufhebungsvertrages, wobei Frederic Glahe diese Möglichkeiten dogmatisch fundiert aufarbeitet. Der Aufhebungsvertrag ist in Österreich besser als „einvernehmliche Auflösung“ bekannt.

Der Aufhebungsvertrag ist – wie auch in Österreich – eine bedeutende Beendigungsform von Arbeitsverhältnissen. Während der Autor angibt, dass empirischen Untersuchungen zufolge in Deutschland konjunkturabhängig jährlich zwischen 350.000 und 450.000 Aufhebungsverträge 81 geschlossen werden, hat eine Untersuchung der Österreichischen Sozialversicherungsträger ergeben, dass im Jahr 2011 zirka 90 % der Arbeitsverhältnisse auf Veranlassung von Seiten des AG bzw durch einvernehmliche Auflösung beendet wurde. Wie auch in Österreich hat der Abschluss eines Aufhebungsvertrages vor allem aus der Sicht des AG den Vorteil, die Gefahr von Kündigungsschutzprozessen hintanzuhalten. Das Kündigungsschutzrecht und das Kündigungsschutzgesetz finden nämlich keine Anwendung. Weiters sind, so der Autor, weder die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB noch die tarifvertraglich verlängerten Kündigungsfristen zu beachten. Der Aufhebungsvertrag bietet ebenso das notwendige Lösungsmittel bei befristeten Arbeitsverträgen. Vor diesem praktisch bedeutsamen Hintergrund verwundert daher die Anzahl der abgeschlossenen Aufhebungsverträge nicht. Das vorliegende Werk behandelt daher ein durchaus praxisrelevantes Thema.

Glahe gliedert die vorliegende Arbeit in vier Hauptkapitel (A bis D), wobei sich der zentrale Inhalt auf die Kapitel B und C verteilt. Während Kapitel A eine kurze Einleitung enthält, werden in Kapitel D schließlich die Ergebnisse der Abhandlung aufschlussreich und in komprimierter Form dargestellt.

Kapitel B arbeitet sehr ausführlich den Aufhebungsvertrag als solchen auf, wobei bereits die Maßgeblichkeit der Entgeltlichkeit (Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung) oder Unentgeltlichkeit für die Rückabwicklung des Aufhebungsvertrages zu Tage tritt. In diesem Zusammenhang trifft der Autor auch die für die Rechtsfolgen wesentliche Unterscheidung nach einem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft sowie einem bloßen schuldrechtlichen Verfügungsgeschäft.

Das eigentliche Thema der Abhandlung findet sich in Kapitel C, in welchem es um die Beseitigung des Aufhebungsvertrages geht. In diesem Kapitel arbeitet Glahe die unterschiedlichen Möglichkeiten der Beseitigungsmöglichkeiten auf.

Zunächst setzt sich der Autor mit der vertraglichen Lösung des Aufhebungsvertrages auseinander. Hier werden zwei Ansätze diskutiert: das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses durch den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages zu alten Konditionen sowie die Aufhebung des Aufhebungsvertrages mittels Aufhebungsverfügung samt Wiederauflebens des alten Arbeitsvertrages. Ergebnis dieser Ausführungen ist, dass sich der Aufhebungsvertrag nur durch den Abschluss eines neuen, erweiterten Arbeitsvertrages beseitigen ließe. In diesem Fall müssten sich die Parteien über schuldrechtliche Abreden so stellen, wie sie stünden, wenn der Arbeitsvertrag nicht beendet worden wäre.

Interessant sind die Ausführungen des Autors zum Rücktrittsrecht nach § 313 Abs 3 BGB, wenn beim Aufhebungsvertrag die Geschäftsgrundlage gestört ist. Hierbei wirft er die Frage nach einer vorrangigen Vertragsanpassung oder eines subsidiären Rücktrittsrechts auf. Eine Störung der Geschäftsgrundlage liege bspw dann vor, wenn der Aufhebungsvertrag aufgrund einer geplanten Betriebsstilllegung geschlossen wurde, in der weiteren Folge der Betrieb durch einen unerwarteten Erwerber doch weitergeführt wird. Völlig zu Recht nimmt Glahe keine Störung der Geschäftsgrundlage an, wenn sich der Aufhebungsvertrag auf das Verhalten des AN stützt oder der AN mit dem Aufhebungsvertrag von einer verhaltensbedingten Kündigung verschont werden soll. Ausgehend davon wird eine Rechtsfolgenbetrachtung – getrennt nach entgeltlichem und unentgeltlichem Aufhebungsvertrag – dahingehend vorgenommen, ob eine Anpassung des Aufhebungsvertrages oder ein Rücktritt vom Vertrag die Konsequenz sein soll. Mit Blick auf die systematischen und teleologischen Gründe kommt der Autor für entgeltliche Aufhebungsverträge zu dem Ergebnis, dass es nicht zu einer Neubegründung des Arbeitsverhältnisses im Wege der Vertragsanpassung über § 313 Abs 1 BGB, sondern zu einem Rücktrittsrecht nach § 313 Abs 3 BGB kommen soll.

Ein Rücktrittsrecht nach § 323 Abs 1 BGB soll Glahe zufolge auch weiters zustehen, wenn der AG bei einem entgeltlichen Aufhebungsvertrag die vereinbarte Abfindung nicht zur Auszahlung bringt oder nicht unerhebliche Nebenleistungspflichten verletzt. Der Autor begründet dies damit, dass es durch die Willenserklärungen zum Abschluss arbeitsrechtlicher Aufhebungsverträge zu keinem konkludenten Ausschluss des Rücktrittsrechts gekommen wäre.

Mit dem Titel des Unterkapitels C.III. „Kein Widerrufsrecht nach §§ 355, 312g, 312b BGB“ wird gleich zu Beginn vorausgeschickt, dass arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge weder nach der alten Rechtslage noch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung widerrufen werden können. Hinsichtlich von außerhalb von Geschäftsräumen bzw dem Arbeitsplatz geschlossenen Verträgen führt Glahe aber aus, dass diese sehr wohl nach § 312 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BGB widerrufbar sein müssten, räumt jedoch deren Unwiderrufbarkeit aus anderen Gründen ein. Eine genauere Auseinandersetzung mit diesen anderen Gründen wäre hier wünschenswert gewesen.

Abschließend lässt sich festhalten, dass das rezensierte Werk viele Fragen der Rückabwicklung von Aufhebungsverträgen in dogmatisch fundierter Weise beantwortet und für die Praxis daher durchaus eine Bereicherung ist.