Schrammel/KietaiblBPG und PKG – Betriebspensionsgesetz und Pensionskassengesetz – Kommentar

2. Auflage, Manz Verlag, Wien 2018, XII, 488 Seiten, Leinen, € 128,–

MONIKADRS (WIEN)

Die zweite Auflage ist eine umfassende Überarbeitung des grundlegenden Kurzkommentars von Walter Schrammel aus dem Jahr 1992. Jahrelang war dieses bei Manz publizierte Buch gemeinsam mit dem im selben Jahr beim ÖGB-Verlag erschienenen Kommentar zum BPG und PKG von Farny/Wöss die einzigen umfassenden Werke zu diesem Thema. Diese erschienen aber nur zwei Jahre nach Inkrafttreten der beiden Gesetze. Damals gab es noch kaum Judikatur und Literatur.

Heute, über zweieinhalb Jahrzehnte später, haben sich die Gerichte und die Wissenschaft mit zahlreichen in der Praxis auftretenden Problemen beschäftigt. Außerdem gab es inzwischen auch etliche Novellierungen des BPG und des PKG. An der lang erwarteten Neuauflage hat neben Walter Schrammel auch der neu hinzugezogene Koautor Christoph Kietaibl mitgearbeitet. Gleichzeitig wurde nun statt des Kurzkommentars die Form des Großkommentars gewählt, was sich vor allem in einer umfangreicheren Kommentierung des PKG niedergeschlagen hat. Während sich die Erstauflage vorwiegend auf eine Kommentierung des BPG konzentriert hat und sich die Anmerkungen zum PKG auf die Wiedergabe der Gesetzesmaterialien (Ausschussbericht) beschränkt haben, setzen sich die Autoren im vorliegenden Werk nicht nur mit den Paragraphen des BPG (rund 200 Seiten), sondern auch mit denen des PKG (rund 240 Seiten) auseinander. Die zweite Auflage befindet sich auf dem Stand Jänner 2018. Vor allem die im August 2018 kundgemachte und rückwirkend in Kraft getretene Anpassung der Unverfallbarkeitsbestimmungen für direkte Leistungszusagen in den §§ 7 f BPG (um die Vorgaben der PortabilitätsRL in Österreich umzusetzen) hat daher noch keinen Eingang in die Kommentierung finden können.

Wie bereits das Vorwort verrät, wurde im Kommentar zwar die Rsp umfassend aufgearbeitet, leider aber nicht die seit der Erstauflage erschienene Literatur. Die Autoren haben sich oft auf Zitate aus der Rsp, den Materialien und auf ältere Literaturzitate beschränkt. Aber selbst wenn neuere Literatur wie zB das von mir herausgegebene „Handbuch Betriebspensionsrecht“ zitiert wird, heißt das leider noch nicht, dass dann auch die richtige Autorin angeführt wird (konkret wurde in der Kommentierung des § 18 BPG in FN 39 und 47 die im Handbuch nicht mitschreibende Barbara Trost statt der für das Gleichbehandlungsrecht ausgewiesenen Expertin Julia Eichinger zitiert).

Besonders hervorzuheben ist, dass im vorliegenden Kommentar so gut wie jede der in den letzten Jahren diskutierten Fragen aufgegriffen wurde, wenn auch der eine oder andere Punkt nur sehr kurz erläutert wird (zB welche Art an Leistungszusagen vom BPG erfasst sind, welchen Inhalt sie haben müssen bzw dürfen, unter welchen Voraussetzungen noch die im vom BPG geforderte „Ergänzung“ der gesetzlichen PV vorliegt, das vor einigen Jahren sehr aktuelle Thema der Bezugsumwandlung, die Zulässigkeit paralleler Pensionszusagen [„Cafeteria“-System], einvernehmlicher Änderungen bestehender Pensionszusagen oder beitragsorientierter direkter Leistungszusagen, die Beschränkungen variabler AG-Beiträge etc). Im Folgenden werden beispielhaft drei Aspekte herausgegriffen:

Zu Beginn wird ua der Frage nachgegangen, wie weit die Ausnahme vom Geltungsbereich des BPG in Bezug auf freiwillige Leistungen geht. Dabei weisen die Autoren zunächst zu Recht darauf hin, dass die missverständliche Formulierung des § 1 Abs 3 Z 3 BPG 85 „jederzeit widerruflich“ und „kein Rechtsanspruch auf Leistung“ zwei verschiedene Vorbehalte anspricht, den Widerrufsvorbehalt und den Unverbindlichkeitsvorbehalt. Die Autoren weisen diesbezüglich auf die unterschiedlichen Stellungnahmen in Literatur und Judikatur hin und kommen schlussendlich zu dem Ergebnis, dass der jederzeitige Widerruf bei einer „Leistungszusage im Sinne des BPG ... nicht mehr möglich ist“. ME wäre hier eine etwas deutlichere Formulierung wünschenswert gewesen, wonach sich die Ausnahme vom Geltungsbereich des BPG des § 1 Abs 3 Z 3 BPG nur auf direkte Leistungszusagen mit einem Unverbindlichkeitsvorbehalt bezieht, nicht aber auch solche mit einem Widerrufsvorbehalt. Das gilt auch dann, wenn die im Gesetz verwendete Formulierung der jederzeitigen ohne Angabe von Gründen möglichen Widerrufbarkeit verwendet wird. Ein „Fehler“ des Gesetzgebers, der den AG teuer zu stehen kommen kann, da ein Widerruf direkter Leistungszusagen trotz der Vereinbarung jederzeitiger Widerrufbarkeit nur unter den sehr engen Grenzen der §§ 8 f BPG möglich ist.

In der Praxis nicht uninteressant ist auch der zu § 3 BPG und § 15 PKG angesprochene Aspekt der Wechselwirkung Pensionskassenvertrag und arbeitsrechtliche Grundlagenvereinbarung (in der Regel BV), insb dass der Pensionskassenvertrag die Ansprüche der AN „entsprechend“ der BV zu regeln hat. Die Autoren gehen zwar in ihrer Kommentierung zu § 3 BPG (Rz 28) da rauf ein, dass ein dem PKG widersprechender Inhalt der BV niemals in den Pensionskassenvertrag transformiert werden kann. Offen bleibt dabei aber was gilt, wenn der Pensionskassenvertrag nicht der BV entspricht (wenn zB in der BV in zulässiger Art und Weise eine bestimmte Veranlagungsart vereinbart wurde oder ein Wahlrecht des AN, was im Pensionskassenvertrag nicht entsprechend umgesetzt wurde). Genauere Ausführungen zu den Inhaltsmängeln finden sich erst in der Kommentierung zu § 15 PKG (Kap II und III). Entsprechende Querverweise auf die entsprechende Kommentierung wären für so manchen Leser hilfreich gewesen.

Die Autoren setzen sich in ihren Erläuterungen zu § 15 PKG ausführlich mit der inhaltlichen Prüfungskompetenz der Finanzmarktaufsicht auseinander und bejahen diese mE völlig zutreffend. In der Folge beschäftigen sie sich noch mit der nachträglichen Änderung der BV. Offen bleibt aber auch in diesem Kapitel, was bei ursprünglicher Nichtübereinstimmung des Pensionskassenvertrags mit der arbeitsrechtlichen Grundlagenvereinbarung zu gelten hat, wenn die Finanzmarktaufsicht nicht aktiv wird. Kann zB der BR eine Prüfung durch die Finanzmarktaufsicht in die Wege leiten bzw welche anderen Wege stehen dem BR bzw dem einzelnen AN zur Verfügung? Hierzu findet sich nur eine kurze Stellungnahme zu den verfahrensrechtlichen Aspekten in § 3 BPG Rz 34 und § 15 PKG Rz 16 ff.

Interessant sind auch die Überlegungen zur Frage der Zulässigkeit einer Vereinbarung von Einmalbeiträgen und befristeten Beitragszahlungen. Zu Recht weisen die Autoren darauf hin, dass die Beitragszahlung weitgehend nicht durch das Gesetz vorgegeben ist, sondern der Vereinbarung (der arbeitsrechtlichen Grundlagenvereinbarung) obliegt und kommen daher mE zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Vereinbarung von Einmalbeiträgen und Befristungsabreden grundsätzlich zulässig sind. Hiezu sei angemerkt, dass das Gesetz in Bezug auf die Beitragszahlungen nur Beschränkungen variabler Beitrage vorsieht, da die zu erwartende Pensionsleistung für den Anwartschaftsberechtigten kalkulierbar sein soll, was in beiden Fällen gegeben ist. Gleichzeitig kommen die Autoren aber zu dem Ergebnis, dass eine Befristungsabrede nur dann zulässig ist, wenn dadurch im Regelfall der Abfindungsgrenzbetrag überschritten wird, da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die dem BPG unterliegenden Pensionszusagen zu einer lebenslangen Pensionszahlung führen. Unklar bleibt dann aber, wieso die Autoren diese Beschränkung nicht auch bei den Einmalbeiträgen vorgenommen haben. Gleichzeitig ist anzumerken, dass im Gesetz keine entsprechende Beschränkung normiert ist (weder in Bezug auf Einmalbeiträge, befristete Beiträge oder in sonstigem Zusammenhang).

Der Gesetzgeber hat die Abfindung vor allem zugunsten der Pensionskassen bzw Versicherungen vorgesehen, damit diese nicht mit der Verwaltung von Kleinstbeträgen belastet werden. Denkt man die im vorliegenden Kommentar vertretene Ansicht zu Ende, dann müsste man nicht nur Befristungsabreden in Bezug auf die Beitragsleistung für unzulässig erachten, sondern konsequenterweise zB auch Pensionszusagen an befristet beschäftigte AN, wenn absehbar ist, dass aufgrund der Befristungsdauer und der Höhe der Gehälter in aller Regel der Abfindungsgrenzbetrag nicht überschritten wird. Dass dies nicht der Fall ist, zeigt zB ein Blick ins Universitätsrecht, das eine zwingende Einbeziehung aller AN in die betriebliche Altersvorsorge vorsieht (§ 115 UG 2002), wobei der Uni-KollV (§ 71 Abs 2 Z 2) nur Arbeitsverhältnisse ausschließt, die nicht länger als 24 Monate dauern. Die Gruppe der UniversitätsassistentInnen prae doc erhält in Übereinstimmung mit § 26 Abs 8 Uni-KollV in aller Regel nur befristete (Teilzeit-)Arbeitsverträge, die in den ganz überwiegenden Fällen nicht verlängert werden und aufgrund der Befristungsdauer und der Gehaltshöhe dieser AN-Gruppe regelmäßig zu einer Unterschreitung des Abfindungsgrenzbetrags führen. Dasselbe gilt auch für studentische MitarbeiterInnen iSd § 30 Uni-KollV.

Alles in allem möchte ich aber betonen, dass es sich bei dem vorliegenden Kommentar um eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung diverser rechtsdogmatischer Fragen in leicht lesbarer Form handelt, der einen interessanten und informativen Einblick in verschiedene Aspekte des Betriebspensionsrechts bietet. 86