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Keine analoge Anwendung des Verbots von Kettenarbeitsverträgen auf freie Dienstverträge

DAVIDKOXEDER

Der Kl war bei der Bekl im Rahmen mehrerer aufeinanderfolgender, zeitlich befristeter Vertragsverhältnisse als Lektor beschäftigt. Im Wintersemester 2016/2017 sowie im Sommersemester 2017 hatte der Kl jeweils freie Dienstverträge, im Wintersemester 2017/2018 einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Er machte klagsweise geltend, dass es sich dabei um ein unzulässiges Kettenarbeitsverhältnis handelt.

Das Berufungsgericht hatte ein unzulässiges Kettenarbeitsverhältnis verneint, da gar kein Arbeitsverhältnis vorlag.

Dagegen erhob der Kl Revision an den OGH. Der OGH wies die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück, da das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom OGH in stRsp judizierten Abgrenzungskriterien zwischen einem Arbeitsverhältnis und einem freien Dienstverhältnis zugrunde gelegt hat.

Das Berufungsgericht hatte das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses verneint, zumal es davon ausgegangen war, dass der Kl bei seiner Tätigkeit als Lektor weder Weisungen der Bekl noch deren Kontrolle unterlag und nur sehr lose in die Organisation ihres Betriebes eingebunden war. Die vom Kl abgehaltene Lehrveranstaltung war zeitlich und örtlich dem Wunsch des Kl entsprechend festgelegt worden und auch deren Gestaltung war – abgesehen vom Vorlesungsthema – dem Kl überlassen. Im Übrigen konnte er sich im Falle seiner Verhinderung von einem anderen Lektor vertreten, den Termin nachholen oder entfallen lassen.

In seiner Revision vermeinte der Kl, dass – nachdem die Bekl ihm einen „echten“ Dienstvertrag unterfertigen habe lassen – sie ihn freiwillig bessergestellt, ihm den mit einem Arbeitsverhältnis einhergehenden AN-Schutz gewährt und sich vor allem dem Verbot von Kettenarbeitsverträgen unterworfen habe.

Der OGH sieht diese Argumentation jedoch schon allein deshalb als nicht überzeugend an, weil feststeht, dass die „Rückkehr“ zu einem Arbeitsvertrag mit Wintersemester 2017/2018 – nachdem der Kl und die Bekl bereits im Wintersemester 2016/2017 und im Sommersemester 2017 schriftlich ausgestaltete und auch als solche bezeichnete freie Dienstverträge abgeschlossen hatten – lediglich als Versehen zu werten war. Von einer willentlichen Besserstellung des Kl könne daher keine Rede sein.

Ergänzend hielt der OGH fest, dass nach stRsp jene arbeitsrechtlichen Bestimmungen, die den sozial Schwächeren schützen sollen, – damit einhergehend auch das Verbot von Kettenarbeitsverträgen – auf freie Dienstverträge nicht analog anwendbar sind. Insofern war daher auf die vom Kl vor europarechtlichem Hintergrund angestellten Überlegungen zur Unzulässigkeit der mehrmaligen Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen an Universitäten in Österreich nicht näher einzugehen.

Auch das vom Kl initiierte Vorabentscheidungsverfahren war als entbehrlich anzusehen, weil die vom Kl formulierte Vorlagefrage auf der Grundlage fußt, dass ihm nachträglich durch die Annahme eines freien Dienstvertrages der mit einem Arbeitsvertrag verbundene AN-Schutz entzogen worden wäre. Entgegen der Rechtsansicht des Kl haben aber die Vorinstanzen sein Dienstverhältnis von Beginn an als freien Dienstvertrag qualifiziert, sodass die mit Schutz des sozial Schwächeren verbundenen Normen nie darauf anzuwenden waren.