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Ballkomitee als Dienstgeber beim Maturaball – Eventagentur nur Vermittler

ALEXANDERDE BRITO

Die belangte Behörde erkannte mit Straferkenntnis die Betreiberin einer Eventagentur schuldig, sie habe es als DG unterlassen, im Rahmen eines Maturaballs als Barpersonal beschäftigte Personen vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Die Betreiberin der Eventagentur erhob gegen das Straferkenntnis Beschwerde mit dem Vorbringen, sie habe das Barpersonal nicht beschäftigt. Sie habe eine Eventagentur betrieben und in deren Rahmen einige Tätigkeiten für die Maturanten im Zuge des Maturaballs ausgeführt, ua habe sie die Organisation und Einteilung des Barpersonals übernommen. Die Beschäftigung der betreffenden Personen sei jedoch im Auftrag und auf Rechnung der Maturanten erfolgt, die auch die Entlohnung vorgenommen hätten. Die Maturanten seien aus dem auf ihre Rechnung bzw ihr Risiko geführten Betrieb ausschließlich berechtigt und verpflichtet gewesen. Sie seien daher als DG zu erachten.

Das Landesverwaltungsgericht gab der Beschwerde insoweit Folge, als es die verhängten Geldstrafen herabsetzte. Im Übrigen gab es der Beschwerde nicht Folge.

Wesentlicher Punkt der Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und dem Ballkomitee sei die Akquirierung des Personals durch die erstere gewesen. Das Barpersonal wurde durch die Beschwerdeführerin größtenteils aus Personen, die bereits auf Bällen für diese gearbeitet haben rekrutiert. Auch die konkrete Einteilung erfolgte durch die Beschwerdeführerin.

Mit dem durch die Beschwerdeführerin akquirierten Barpersonal habe das Ballkomitee keinen Kontakt gehabt, dies weder vor noch während des Balls. Das Ballkomitee habe das Barpersonal im Gegensatz zur Beschwerdeführerin weder kontrolliert, noch habe es Arbeitsanweisungen erteilt. Auch in Bezug auf die Arbeitszeit habe es keine Vorgaben gemacht.

Als DG sei derjenige zu erachten, für dessen Rechnung der Betrieb geführt werde, in dem der DN in einem Beschäftigungsverhältnis stehe, auch wenn der DG den DN durch Mittelspersonen in Dienst genommen habe oder ihn auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweise.

Die Beschwerdeführerin sei beim Maturaball im Rahmen ihrer Eventagentur tätig gewesen. Sie habe die übernommenen Aufgaben ausgeführt und das vereinbarte Entgelt vom Ballkomitee ausbezahlt erhalten. Die Beschwerdeführerin sei Eigentümerin ihres Betriebs (der Agentur) gewesen, sie habe die oberste Geschäfts- und Betriebsleitung innegehabt. Zwar habe sie versucht, ihre Funktion als DG „auszulagern“, indem die Löhne durch das Ballkomitee ausgezahlt worden seien, was aber nichts an ihrer DG-Eigenschaft ändere.

Gegen das Erk des Landesverwaltungsgerichts erhob die Beschwerdeführerin Revision beim VwGH und brachte im Wesentlichen vor, dass sie nicht DG iSd § 35 Abs 1 ASVG sei. Die Revision war aus dem von der Revisionswerberin geltend gemachten Grund zulässig und auch berechtigt.

Dazu führt der VwGH aus:

Nach den Feststellungen verpflichtete sich die Revisionswerberin gegenüber den – durch das Ballkomitee vertretenen – Maturanten zur Organisation (Akquirierung) des für den Ball erforderlichen Barpersonals. Die diesbezügliche Vereinbarung ist ihrer Rechtsnatur nach als Dienstverschaffungsvertrag zu werten, übernahm doch die Revisionswerberin im eigenen Namen gegenüber den Maturanten die Pflicht, diesen das für den Ball benötigte Barpersonal zu vermitteln. Die Revisionswerberin sprach in der Folge – in Erfüllung der mit dem Ballkomitee getroffenen Vereinbarung – Bekannte an, um diese als Barpersonal für den Maturaball zu akquirieren. Auch darin kann – mangels eines übereinstimmenden Willens, dass (abhängige) Dienste durch das Barpersonal gegenüber der Revisionswerberin geleistet und von dieser entgegengenommen werden – kein Eingehen eines Dienstverhältnisses zwischen der Revisionswerberin und dem Barpersonal gesehen werden. Die Revisionswerberin wies nämlich in den Gesprächen mit dem Ballkomitee darauf hin, dass dieses selbst die Verträge mit dem Barpersonal abschließen müsse. Sie übermittelte zu dem Zweck auch inhaltsgleiche Verträge, 103 in denen das Ballkomitee als Auftraggeber angeführt war, die zunächst von Mitgliedern des Ballkomitees und auch vom Barpersonal unterzeichnet wurden. Im Hinblick darauf ist jedoch von einem übereinstimmenden Willen der Beteiligten dahin auszugehen, dass Dienste durch das Barpersonal gegenüber den Maturanten geleistet und von diesen entgegengenommen werden.

Soweit die schriftlichen Vereinbarungen zwischen dem Barpersonal und den Maturanten als „Werkverträge“ bezeichnet und auch inhaltlich mit typisch werkvertraglichen Bestimmungen ausgestaltet wurden, ist darin eine Umgehungskonstruktion zu erblicken. Das Barpersonal wurde in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit von den Maturanten beschäftigt. So lag eine Bindung des Barpersonals an den von den Maturanten vorgegebenen Arbeitsort und an die von den Maturanten in Absprache mit der Revisionswerberin vorgegebene Arbeitszeit vor. Eine Weisungs- und Kontrollunterworfenheit des Personals im arbeitsbezogenen Verhalten lag insoweit vor, als für das Ballkomitee bzw für die Maturanten (die nach den Feststellungen selbst in den Bars mithalfen) während der Durchführung ihres Balls jedenfalls die Möglichkeit bestand, auf die Tätigkeit des Barpersonals durch Weisungen und Kontrollen entsprechend einzuwirken. Soweit die Revisionswerberin Anweisungen erteilte, indem sie das Barpersonal vor Beginn des Balls einteilte, und auch während des Balls Kontrollen durchführte, geschah dies im Rahmen des ihr vom Ballkomitee erteilten Auftrags und daher als Mittelsperson der Maturanten.

Der Maturaball ist als Betrieb zu erachten, handelte es sich dabei doch um eine organisatorische Einheit, innerhalb derer die Maturanten mit technischen und immateriellen Mitteln (ua dem Betrieb von Bars, in denen das Barpersonal in Beschäftigung stand) die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse (Lukrierung finanzieller Mittel) fortgesetzt verfolgten. Der Maturaball wurde auf Rechnung und Gefahr der Maturanten betrieben, weil diese nach rechtlichen Gesichtspunkten aus den getätigten Geschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet waren. Die Maturanten traten als Veranstalter auf und führten die gesamte Organisation durch, indem sie (ua) die Anmietung der Halle, den Abschluss von Versicherungen, die Bestimmung der Verantwortlichkeiten tätigten sowie die Dekoration, die Sponsoren, die Musik, die Getränke, das Personal (ua für die Bars) besorgten. Die damit verbundenen Kosten hatten sie aus den Einnahmen der Ballveranstaltung zu bestreiten. Auch das dem Barpersonal zustehende Entgelt zahlten sie am Ende des Maturaballs unmittelbar aus der Ballkasse aus. Davon ausgehend waren jedoch die Maturanten als DG beschäftigten Barpersonals zu erachten. Es trafen sie daher auch die Meldepflichten.

ANMERKUNG DES BEARBEITERS:
Die vorliegende E ist durchaus überraschend. Die Tätigkeit einer Eventagentur als bloße Personalbereitstellung zu betrachten, ist nicht unbedingt naheliegend. Der einzige Unterschied zu tausenden anderen Veranstaltungen mit Cateringservice ist hier wohl, dass die (von der Agentur zur Verfügung gestellten) Verträge zwischen dem Maturakomitee und den AN geschlossen wurden. Dass die Revisionswerberin durch diese Vorgehensweise die DG-Verpflichtungen einfach überwälzen konnte, stimmt bedenklich.