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Kein Anspruch auf Familienzeitbonus beim Spitalsaufenthalt des Kindes und gleichzeitiger Erkrankung des Vaters

KRISZTINAJUHASZ

Wird die Erbringung der persönlichen Pflege und Betreuung des Kindes im Krankenhaus aufgrund eigener Erkrankung des Vaters unmöglich, sind die Voraussetzungen für den unteilbaren Anspruch auf Familienzeit in diesem Zeitraum nicht erfüllt. Werden nicht an jedem der im Anspruchszeitraum liegenden Tage alle Voraussetzungen gem § 2 FamZeitbG kumulativ erfüllt, gebührt gar kein Familienzeitbonus.

SACHVERHALT

Der Kl ist der Vater des am 5.12.2018 geborenen Kindes. Er vereinbarte mit seinem DG die Inanspruchnahme der Familienzeit vom 21.1. bis 20.2.2019. Ab der Geburt wiesen der Kl, die Mutter des Kindes und auch das Kind denselben gemeinsamen Hauptwohnsitz auf und waren dort hauptwohnsitzlich gemeldet. Am 13.2.2019 erkrankte das Kind und wurde ins Krankenhaus eingewiesen, wo es bis 20.2.2019 in stationärer Pflege war. Am 15.2.2019 erkrankte auch der Kl und befand sich bis 27.2.2019 in Krankenstand.

VERFAHREN UND ENTSCHEIDUNG

Die Bekl lehnte mit Bescheid den Antrag des Kl auf Familienzeitbonus vom 21.1. bis 20.2.2019 ab.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Klage begehrte der Kl den Zuspruch eines Familienzeitbonus. Erstgericht und Berufungsgericht wiesen das Klagebegehren ab.

Die außerordentliche Revision wurde mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung als unzulässig zurückgewiesen.

ORIGINALZITATE AUS DER ENTSCHEIDUNG

„1.1 Der Anspruch auf Familienzeitbonus eines Vaters für sein Kind ist nicht nur […] daran geknüpft, dass der Vater, das Kind und der andere Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben (§ 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG), sondern auch daran, dass sich der Vater im gesamten von ihm gewählten Anspruchszeitraum in Familienzeit befindet (§ 2 Abs 1 Z 3 FamZeitbG). Diese Anspruchsvoraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein (Sonntag in Sonntag/Schober/Konezny, KBGG2 § 2 FamZeitbG Rz 1).

1.2 […] Unter Familienzeit im Sinn des FamZeitbG wird der Zeitraum zwischen 28 und 31 Tagen verstanden, in dem sich der Vater aufgrund der kürzlich erfolgten Geburt seines Kindes ausschließlich der Familie widmet und dazu die Erwerbstätigkeit unterbricht (§ 2 Abs 4 FamZeitbG). Der Vater soll in dieser Zeit ausschließlich und ganz intensiv Zeit mit der Familie verbringen (ErläutRV 1110 Blg-NR 25. GP 2).

2. Ein anteiliger Anspruch auf Familienzeitbonus ist nicht vorgesehen. Werden nicht an jedem der im Anspruchszeitraum liegenden Tage alle Voraussetzungen 107erfüllt, gebührt gar kein Familienzeitbonus. […]

3.1 […] Erst mit der Novelle BGBl I 2019/24BGBl I 2019/24 wurde auch für den Bereich des Familienzeitbonus in § 2 Abs 3a FamZeitbG eine Ausnahmeregelung geschaffen, nach der ausnahmsweise ein gemeinsamer Haushalt iSd § 2 Abs 3 FamZeitbG angenommen wird, wenn ein medizinisch indizierter Krankenhausaufenthalt des Kindes gegeben ist und der Vater und der andere Elternteil das Kind im Mindestausmaß von jeweils durchschnittlich vier Stunden täglich persönlich pflegen und betreuen. Ein solcher Krankenhausaufenthalt steht dem Vorliegen einer Familienzeit (§ 2 Abs 4 FamZeitbG) nicht entgegen. § 2 Abs 3a FamZeitbG trat mit 1.1.2019 in Kraft und ist auf Geburten nach dem 31.12.2018 (somit auf den vorliegenden Fall noch nicht) anzuwenden (§ 12 Abs 3 FamZeitbG).

3.2 Das Revisionsvorbringen [betreffend] die Absicht des Gesetzgebers [...] vor der Novelle BGBl I 2019/24 […] läuft darauf hinaus, dass in der (hier noch anwendbaren) Stammfassung des Fam-ZeitbG die Ausnahmeregelung des § 2 Abs 3a Fam-ZeitbG idF BGBl I 2019/24 nur versehentlich unterblieben ist, also eine Gesetzeslücke […] im Sinn einer planwidrigen Unvollständigkeit gegeben sei.

3.3 Zwar ist die Auffassung, dass Ausnahmeregelungen generell keiner Analogie zugänglich seien, unzutreffend. Allerdings bleibt die analoge Anwendung einer Ausnahmeregelung auf Fälle, die nach dem – aus dem Wortlaut des Gesetzes erkennbaren – Willen des Gesetzgebers von dem Gesetz nicht erfasst werden sollen, unzulässig […]. Demnach ist auch die Anwendung des § 2 Abs 3a FamZeitbG auf Geburten vor dem 31.12.2018 ausgeschlossen […].

4.1 Nach ständiger Rechtsprechung hat der Vater während des Krankenhausaufenthalts von Mutter und Kind (unmittelbar) nach der Geburt wegen Fehlens eines gemeinsamen Haushalts mit dem Kind keinen Anspruch auf Familienzeitbonus, weil keine ‚dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft des Vaters, des Kindes und des anderen Elternteils an derselben Wohnadresse ...‘ vorliegt (RS0132377). […]

4.2 […] die faktische Unterbrechung der Wohngemeinschaft mit dem Kind und die während dieser Unterbrechung eingetretene eigene Erkrankung des Klägers [ist] zugleich unter dem Blickwinkel des § 2 Abs 4 FamZeitbG und der dort normierten weiteren (kumulativen) Anspruchsvoraussetzung der zumindest 28-tägigen Familienzeit zu beurteilen. Zieht man von der gewählten Bezugsdauer von 31 Tagen 5 Tage ab, in denen der Kläger das Kind wegen dessen Spitalsaufenthalt und seiner eigenen Erkrankung nicht betreuen konnte, verbleiben nur weniger als 28 Tage, sodass […] der gesetzliche Mindestbezugszeitraum unterschritten ist […].“

ERLÄUTERUNG

Die Anspruchsvoraussetzungen für einen Familienzeitbonus sind in § 2 FamZeitbG geregelt. Ua muss der Vater mit dem anderen Elternteil und dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt leben. Diese Voraussetzung ist allerdings dann nicht erfüllt, wenn sich das Kind im fraglichen Zeitraum stationär im Krankenhaus aufhalten muss. Die Stammfassung des FamZeitbG enthielt für diesen Fall keine Sonderregelung. Erst mit der Novelle BGBl I 2019/24wurde auch für den Bereich des Familienzeitbonus eine diesbezügliche Ausnahme geschaffen. § 2 Abs 3a FamZeitbG beinhaltet nun ebenso wie § 2 Abs 6 KBGG eine Sonderregelung für Krankenhausaufenthalte, wonach unter gewissen Voraussetzungen ausnahmsweise auch Zeiten eines Krankenhausaufenthalts als gemeinsamen Haushalt anzusehen sind.

Gem § 2 Abs 3a FamZeitbG wird bei einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt des Kindes, bei persönlicher Pflege und Betreuung durch den Vater und den anderen Elternteil im Mindestausmaß von jeweils durchschnittlich vier Stunden täglich ausnahmsweise der gemeinsame Haushalt iSd § 2 Abs 3 FamZeitbG angenommen. Ein solcher Krankenhausaufenthalt des Kindes steht dem Vorliegen einer Familienzeit nach § 2 Abs 4 nicht entgegen.

Die Ausnahmeregelung des § 2 Abs 3a FamZeitbG ist erst auf Geburten nach dem 31.12.2018 anwendbar und konnte daher für den vorliegenden Fall nicht berücksichtigt werden. Allerdings hätte selbst eine Anwendung des § 2 Abs 3a FamZeitbG zu keinem für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis geführt, da bereits vom Erstgericht festgestellt wurde, dass er aufgrund seiner eigenen Erkrankung nicht in der Lage war, seinen Sohn von 15.2. bis 20.2.2019 zumindest jeweils durchschnittlich vier Stunden täglich im Krankenhaus persönlich zu pflegen und zu betreuen.

Um den Anspruch auf Familienzeitbonus zu erhalten, müssen die Anspruchsvoraussetzungen kumulativ erfüllt sein. Im vorliegenden Fall war zwar die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft des Vaters, des Kindes und der Mutter bereits begründet, allerdings war die Unterbrechung der Wohngemeinschaft mit dem Kind und die während dieser Unterbrechung eingetretene Erkrankung des Revisionswerbers unter dem Blickwinkel der weiteren Anspruchsvoraussetzung der zumindest 28-tägigen Familienzeit gem § 2 Abs 4 FamZeitbG zu beurteilen. Zieht man von der gewählten Bezugsdauer von 31 Tagen aber 5 Tage ab, in denen der Revisionswerber das Kind wegen dessen Spitalsaufenthalts und seiner eigenen Erkrankung nicht betreuen konnte, verbleiben weniger als 28 Tage, sodass keine Familienzeit iSd § 2 Abs 4 FamZeitbG vorlag und somit der gesetzliche Mindestbezugszeitraum unterschritten wurde (§ 3 Abs 2 FamZeitbG). 108