Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Insolvenz des AG – Auswirkungen auf das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld

MARGITMADER

Mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes als Einkommensersatz (einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld) sollte Eltern, die über ein höheres Einkommen verfügen und nur kurz aus dem Erwerbsleben ausscheiden, die Möglichkeit geboten werden, ihr Kind selbst zu betreuen, ohne hohe Einkommensverluste in Kauf nehmen zu müssen. Im Gegensatz zum Kinderbetreuungsgeld- Konto wird das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld nur jenen Personen gewährt, die in den letzten 182 Tagen vor der Geburt des Kindes eine in Österreich sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ausgeübt haben. Unterbrechungen von insgesamt nicht mehr als 14 Kalendertagen sind dabei zulässig.

Die Mindestbeschäftigungsdauer vor der Geburt des Kindes ist durch den gesetzlich vorgesehenen Kündigungs- und Entlassungsschutz zumindest für schwangere bzw in Elternkarenz befindliche Mütter – im Gegensatz zu den betroffenen Vätern – in den meisten Fällen gewährleistet. Sie kann sich jedoch als unüberwindliche Hürde erweisen, wenn AN einen vom AG verursachten Austrittsgrund aufgreifen.

Wird der AG insolvent und der Betrieb in Folge stillgelegt, können auch kündigungsgeschützte Arbeitsverhältnisse ohne vorherige gerichtliche Zustimmung aufgelöst werden und die Voraussetzungen für den Bezug von einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld mit einem Schlag wegfallen. Für die betroffenen Eltern – deren Lebensplanung unerwartet auf den Kopf gestellt wird – kann dies zu einer großen finanziellen Belastung werden.

1.
Kinderbetreuungsgeld als Einkommensersatz
1.1.
Anspruchsvoraussetzungen und Bezugsdauer

Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld hat ein Elternteil gem § 24 Abs 1 Z 2 KBGG (Kinderbetreuungsgeldgesetz) dann, wenn er in den letzten 182 Tagen unmittelbar vor der Geburt des Kindes, für das Kinderbetreuungsgeld bezogen werden soll, durchgehend erwerbstätig gem § 24 Abs 2 KBGG war und in diesem Zeitraum keine Leistungen aus der AlV (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Weiterbildungsgeld, Bildungsteilzeitgeld etc) erhalten hat, wobei sich Unterbrechungen von insgesamt nicht mehr als 14 Kalendertagen nicht anspruchsschädigend auswirken.

Neben den allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen* muss also als weitere Voraussetzung eine mindestens 182 Tage dauernde durchgehende Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes vorliegen. Das Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens soll nur den vor der Geburt tatsächlich erwerbstätigen Eltern offenstehen. Geringfügige Unterbrechungen bis zu 14 Kalendertagen sind zulässig, um Härtefälle zu vermeiden.* Unter Erwerbstätigkeit iSd § 24 Abs 2 KBGG versteht man „die tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit“. Es kommt hier nicht auf die Erwerbsabsicht an. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob eine „Erwerbstätigkeit“ ausgeübt wurde, die der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Maßgeblich ist somit, ob aufgrund dieser Tätigkeit Sozialversicherungsbeiträge zu leisten waren.*

Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld kann – wenn nur ein Elternteil Kinderbetreuungsgeld bezieht – längstens bis zum 365. Tag ab Geburt des Kindes bezogen werden. Bei Inanspruchnahme durch beide Elternteile verlängert sich die Bezugsdauer um jenen Zeitraum, den der andere Elternteil tatsächlich bezogen hat, maximal aber gebührt Kinderbetreuungsgeld bis zu 426 Tage ab der Geburt des Kindes, wobei ein Elternteil nie mehr als 365 Tage Kinderbetreuungsgeld beziehen kann. Jedem Elternteil ist somit eine Anspruchsdauer von 61 Tagen unübertragbar vorbehalten.116

1.2.
Gleichstellung von Beschäftigungsverbot und Elternkarenz

Einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt sind Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser zuvor mindestens 182 Kalendertage andauernden Erwerbstätigkeit während eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz 1979 (MSchG), BGBl Nr 221, oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften, sowie Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung zum Zwecke der Kindererziehung während der Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG oder Väter-Karenzgesetz (VKG), BGBl 1989/651, oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften, bis maximal zum Ablauf des zweiten Lebensjahres eines Kindes.*

Zeiten eines Beschäftigungsverbotes bzw einer Elternkarenz sind den Zeiten der tatsächlichen Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit somit nur dann gleichgestellt, wenn „zuvor“ eine mindestens 182 Kalendertage andauernde Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde. Im Fall eines Beschäftigungsverbots beginnt der Beobachtungszeitraum des § 24 Abs 2 KBGG daher 182 Kalendertage vor dessen Beginn.*

Eine Gleichstellung erfolgt aber nur in dem Ausmaß, in dem das Arbeitsverhältnis während des Beschäftigungsverbots bzw der Elternkarenz aufrecht bleibt. Wird das Arbeitsverhältnis während des Beschäftigungsverbots bzw der Elternkarenz beendet, endet damit auch die Ausübung der Erwerbstätigkeit. Der restliche Zeitraum des Beschäftigungsverbots bzw der Elternkarenz stellt keine Erwerbstätigkeit iSd § 24 Abs 2 Satz 2 KBGG dar.*

2.
Arbeitsrechtliche Konsequenzen der Insolvenzeröffnung

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beendet das Arbeitsverhältnis nicht. Es bleibt mit allen Rechten und Pflichten unverändert aufrecht.

Die AN sind allerdings bereits im Vorfeld einer Insolvenz angehalten, keine monatelangen Entgeltrückstände auflaufen zu lassen, nur um den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu erhalten. Die Betroffenen müssen entweder das offene Entgelt gerichtlich einklagen oder einen vorzeitigen berechtigten Austritt wegen Entgeltvorenthalts erklären,* um nicht Gefahr zu laufen, dass das Arbeitsverhältnis insgesamt als atypisch eingestuft wird und die offenen Entgeltrückstände wegen sittenwidriger Überwälzung des Finanzierungsrisikos auf den Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF) abgewiesen werden.* Die Auflösung des Arbeitsvertrags im Beobachtungszeitraum des § 24 Abs 2 KBGG bringt auf der anderen Seite aber oft unweigerlich den Verlust des Anspruchs auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld mit sich. Treten die AN nicht aus und bringen stattdessen Klage ein, sind sie zunächst gezwungen, ihren Lebensunterhalt mehrere Monate ohne regelmäßiges Einkommen zu bestreiten.

2.1.
Austritt wegen Entgeltvorenthalts

Das Vorenthalten der Bezüge stellt arbeitsrechtlich einen Austrittsgrund dar. Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens besteht jedoch kein Austrittsrecht wegen Entgeltrückständen, die bereits vor Insolvenzeröffnung fällig geworden sind. Ein diesbezüglicher Austritt ist rechtsunwirksam.* Wird dem AN das Entgelt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorenthalten, ist er zum Austritt berechtigt, auch wenn der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat.

2.2.
Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach insolvenzrechtlichen Kriterien

Neben dem Austritt wegen Entgeltvorenthalts gibt es noch spezielle insolvenzrechtliche Auflösungsmöglichkeiten. Diese knüpfen in erster Linie an das Schicksal des Unternehmens an.*

Wird das Unternehmen geschlossen, haben die AN das Recht, innerhalb eines Monats ab öffentlicher Bekanntmachung des Beschlusses, mit dem die Schließung des Unternehmens oder Unternehmensbereiches bewilligt wird, den Austritt zu erklären. Auch der Insolvenzverwalter kann im Falle der Betriebsschließung unter Einhaltung der gesetzlichen, kollektivvertraglichen oder der zulässigerweise vereinbarten kürzeren Kündigungsfrist sowie unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen (Mutterschutz, 117 Behinderteneinstellung usw) Kündigungen aussprechen.

Kommt es nicht unmittelbar nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu einer Schließung, ist abzuwarten, welche Beschlüsse vom Insolvenzgericht in der Berichtstagsatzung getroffen werden:

  • Wird beschlossen, das Unternehmen fortzuführen, steht den AN kein Austrittsrecht zu. Der Insolvenzverwalter kann aber jene AN, die in einzuschränkenden Bereichen beschäftigt sind, kündigen. Die solcherart gekündigten MitarbeiterInnen haben das Recht auszutreten, um so ein rascheres Ende des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen. Die Entgeltansprüche der AN sind im Falle der Unternehmensfortführung durch die Ausfallshaftung des Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF) bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens weiter gesichert, sollte der Insolvenzverwalter das laufende Entgelt nicht mehr bezahlen können.* Die AN müssen aber bei der ersten Nichtbezahlung des fälligen Entgelts – nach Setzung einer angemessenen Nachfrist – das Arbeitsverhältnis aus diesem Grund berechtigt vorzeitig auflösen. Reagieren die AN nicht unverzüglich, sind die Ansprüche auf laufendes Entgelt nur in dem Ausmaß gesichert, in dem sie entstanden wären, wenn die AN in Folge der ersten nicht vollständig erfolgten Zahlung ausgetreten wären. Bei der Beurteilung der Frage der Sicherung der offenen Entgeltansprüche wird also ein hypothetischer Austritt zugrunde gelegt.*

  • Bei allen anderen Beschlüssen, oder, wenn gar kein Beschluss gefällt wird, haben die AN das Recht, innerhalb eines Monats ab der Berichtstagsatzung das Arbeitsverhältnis berechtigt vorzeitig zu lösen. Auch der Insolvenzverwalter hat die Möglichkeit, die Arbeitsverhältnisse aufzulösen.

Weiters ist ein Austrittsrecht der AN im vierten Monat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgesehen, sofern bis dahin noch keine Berichtstagsatzung stattgefunden hat und die Fortführung des Unternehmens nicht in der Insolvenzdatei bekanntgemacht wurde. Auch der Insolvenzverwalter kann Kündigungen aussprechen.Weiters ist ein Austrittsrecht der AN im vierten Monat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgesehen, sofern bis dahin noch keine Berichtstagsatzung stattgefunden hat und die Fortführung des Unternehmens nicht in der Insolvenzdatei bekanntgemacht wurde. Auch der Insolvenzverwalter kann Kündigungen aussprechen.

Im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung kann der Schuldner AN, die in einzuschränkenden Bereichen beschäftigt sind, innerhalb eines Monats nach der öffentlichen Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses mit Zustimmung des Sanierungsverwalters kündigen, wenn die Aufrechterhaltung der Arbeitsverhältnisse das Zustandekommen oder die Erfüllbarkeit des Sanierungsplans oder die Fortführung des Unternehmens gefährden könnte. Den gekündigten AN steht nach Erhalt der Kündigung ein Austrittsrecht zu.

2.3.
Anwendbarkeit der Kündigungsschutzbestimmungen

Befindet sich eine AN bei Eintritt der Schwangerschaft in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis, ist der weitere Bestand des Arbeitsverhältnisses durch gesetzliche Kündigungs- und Entlassungsverbote geschützt,* sodass der Bezug der Mutter von einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld in den meisten Fällen gewährleistet ist. Der Vater genießt vor der Geburt des Kindes keinen Kündigungs- und Entlassungsschutz.*

Im Insolvenzfall ergeben sich aber – wie bereits dargestellt – eine Reihe von Konstellationen, die zu einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen können. In manchen Fällen werden lediglich Rationalisierungskündigungen in Bezug auf einzuschränkende Unternehmensbereiche ausgesprochen oder einzelne Unternehmensteilbereiche geschlossen. In den meisten Fällen erfolgt jedoch eine komplette Schließung des Unternehmens und damit auch die Beendigung sämtlicher Arbeitsverhältnisse. Der Insolvenzverwalter hat zwar auch im Falle einer Unternehmens- oder Teilbereichsschließung – sofern der Betrieb faktisch noch nicht stillgelegt ist – die gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen zu beachten und einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung beim zuständigen Arbeitsund Sozialgericht einzubringen. Reicht aber die Insolvenzmasse zur Zahlung des laufenden Entgelts nicht aus und hat die Berichtstagsatzung bereits stattgefunden, kann die AN nicht den Ausgang des arbeitsgerichtlichen Verfahrens abwarten, sondern muss bei der ersten nicht vollständigen Zahlung des fälligen Entgelts – nach Setzung einer angemessenen Nachfrist – unverzüglich austreten, um nicht den Verlust der Ausfallshaftung des IEF für die ausständigen Entgelte zu riskieren, da das IESG für diesen Fall eine Austrittsobliegenheit vorsieht.* Bei Unzulänglichkeit der Insolvenzmasse stellen die Kündigungsschutzbestimmungen des MSchG folglich nur ein zahnloses Instrumentarium, das nicht geeignet ist, den Bestand des Arbeitsverhältnisses tatsächlich zu sichern, dar. AN, die beabsichtigen, einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld zu beantragen, befinden sich in der Zwickmühle, entweder den Verlust bestehender Entgeltansprüche in Kauf zu nehmen oder den Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld zu verlieren. Ist das Unternehmen faktisch bereits stillgelegt, fällt mit der Stilllegung 118 auch der Kündigungsschutz der AN weg. Das Arbeitsverhältnis kann ohne gerichtliche Zustimmung durch Kündigung des Insolvenzverwalters aufgelöst werden.

3.
Einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld und Insolvenz
3.1.
Aktuelle Judikatur des OGH

Die Problemlage lässt sich sehr anschaulich anhand des Sachverhalts der jüngst ergangenen E des OGH vom 7.5.2019 darstellen:*

Die Tochter des Kl wurde am 12.2.2017 geboren. Die Mutter des Kindes bezog einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld von 16.4.2017 bis 11.1.2018. Im Anschluss daran beantragte der Kl von 12.1. bis 11.4.2018 einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld. Über das Vermögen des AG des Kl wurde im Jahr 2016 ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kl erklärte auf Grund der Schließung des Unternehmens am 21.7.2016 den vorzeitigen Austritt gem § 25 IO. Für den Zeitraum von 22.7. bis 15.9.2016 erhielt er von der IEF Service GmbH eine Kündigungsentschädigung ausbezahlt. Von 1.9. bis 30.11.2016 stand er wiederum in einem Arbeitsverhältnis. Nach einer kurzen Unterbrechung begann er ab 11.12.2016 für einen neuen AG zu arbeiten. Die bekl Wiener Gebietskrankenkasse lehnte den Antrag des Kl auf Gewährung von einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld mit der Begründung, der Kl sei in der Zeit vor der Geburt des Kindes nicht durchgehend sechs Monate erwerbstätig gewesen, ab. Der Bezug der von 22.7. bis 31.8.2016 von der IEF Service GmbH geleisteten Kündigungsentschädigung stelle keine Erwerbstätigkeit iSd § 24 Abs 2 KBGG dar. Der dagegen gerichteten Klage wurde keine Folge gegeben.

Die Zurückweisung der außerordentlichen Revision wurde vom OGH folgendermaßen begründet:

Der Kl erklärte am 21.7.2016 seinen vorzeitigen berechtigten Austritt gem § 25 IO. Der Austritt beendete das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung,* sodass vom Beginn des sechsmonatigen Beobachtungszeitraums am 12.8.2016 bis zum Beginn des neuen Dienstverhältnisses am 1.9.2016 keine tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit vorlag. Da sich der begünstigte Austritt nach § 25 IO in seinen Rechtsfolgen nicht von einem berechtigten Austritt nach allgemeinem Arbeitsrecht unterscheide,* habe der AN Anspruch auf Schadenersatz in Form der Kündigungsentschädigung. Er solle wirtschaftlich so gestellt werden, wie er stünde, wenn das Arbeitsverhältnis durch ordnungsgemäße Kündigung des AG beendet worden wäre.* Der Umstand, dass der sozialversicherungsrechtliche Entgeltanspruch sowie die daraus resultierende Beitragspflicht erst mit Ende jenes Zeitraums enden, für den Kündigungsentschädigung zusteht, ändere nichts daran, dass das Dienstverhältnis (und damit auch die Erwerbstätigkeit) durch den Austritt beendet wurde. Das Vorbringen des Kl, wonach auch Zeiträume des Bezugs einer Kündigungsentschädigung bzw einer Schadenersatzleistung nach § 25 IO der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt sein müssten bzw für die Dauer dieser Zeiträume eine tatsächliche Erwerbstätigkeit zu fingieren sei, wurde vom OGH verworfen. Dieser Annahme stehe der direkte Wortlaut des § 24 Abs 2 Satz 2 KBGG entgegen. Die Annahme einer Gesetzeslücke sei daher nicht gerechtfertigt und lasse somit auch keinen Analogieschluss zu.*

In der E 10 ObS 164/17s vom 17.4.2018 gelangte der OGH (mit ähnlicher Begründung) zum Ergebnis, dass Zeiten des Bezugs einer Urlaubsersatzleistung der Ausübung einer Erwerbstätigkeit iSd § 24 Abs 2 KBGG nicht gleich zu setzen sind. Der Umstand, dass die Pflichtversicherung für den Zeitraum des Bezugs einer Urlaubsersatzleistung, die einen während des Arbeitsverhältnisses nicht verbrauchten Urlaub abgelten soll, weiter besteht,* ändere nichts daran, dass der Anspruch gem § 10 UrlG die vorherige Beendigung des Arbeitsverhältnisses – und damit auch der Erwerbstätigkeit – voraussetzt.

Auch zur Verfassungskonformität des § 24 KBGG hat der OGH bereits Stellung bezogen.* Die Anspruchsvoraussetzung, wonach jener Elternteil, der das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld beziehen möchte, in den letzten sechs Monaten* vor der Geburt des Kindes einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sein muss, wurde als sachlich begründet erachtet. Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld habe den Zweck, als (teilweiser) Ersatz für den Entfall des früheren Einkommens jenen Elternteilen, die vor der Geburt über ein relativ hohes Einkommen verfügt haben, die Möglichkeit zu geben, trotz kurzzeitigem Rückzug aus dem Erwerbsleben, den bisherigen Lebensstandard halten zu können. Es sei dem Gesetzgeber daher unbenommen, 119 neben dem pauschalen auch ein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld zu schaffen und die einkommensabhängige Variante an das Vorliegen einer aufrechten Erwerbstätigkeit zu knüpfen. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sei nicht erkennbar, verbietet dieser dem Gesetzgeber doch nur, Gleiches ungleich zu behandeln. Es sei dem Gesetzgeber aber nicht verwehrt, sachlich gerechtfertigte Differenzierungen vorzunehmen.

3.2.
Regelungsdefizite und Reformbedarf

Laut Kreditschutzverband (KSV) 1870* wurden in Österreich im Jahr 2018 insgesamt 4.980 Unternehmen insolvent. Rund 19.000 AN waren von einer Firmenpleite betroffen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich darunter auch zahlreiche potenzielle Bezieher von einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld befunden haben, ist somit hoch. Vor diesem Hintergrund ist die vom OGH gerne ins Treffen geführte Argumentation,* wonach derartige Umstände – wie die unerwartete insolvenzbedingte Auflösung des Arbeitsverhältnisses – in das allgemeine Lebensrisiko des AN fallen und vom Gesetzgeber nicht geregelt werden können, jedenfalls verfehlt, denn es handelt sich hierbei keineswegs nur um einzelne Härtefälle.

Kommt es ausgerechnet im Beobachtungszeitraum des § 24 Abs 1 KBGG zu einer insolvenzbedingten Auflösung des Arbeitsverhältnisses, ist nach der derzeit geltenden Rechtslage irrelevant, ob allenfalls noch weitreichende Ansprüche auf Kündigungsentschädigung bestehen. Nach Ansicht des OGH sind lediglich ein Beschäftigungsverbot nach dem MSchG oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften sowie die Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG oder VKG der tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt, nicht jedoch Ansprüche auf Kündigungsentschädigung bzw Schadenersatz nach § 25 Abs 2 IO.

Gem § 11 Abs 2 ASVG besteht die Pflichtversicherung sowohl während des Bezuges einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsersatzleistung) als auch während des Bezuges einer Kündigungsentschädigung weiter. Diese Zeiträume – in denen eine Vollversicherung nach dem ASVG vorliegt – werden folglich beim Erwerb von Anwartschaften für Arbeitslosengeld und Pension angerechnet. Auch im Hinblick auf diese vergleichbaren Regelungen ist es daher geboten, zumindest Ansprüche auf Kündigungsentschädigung bzw Schadenersatz gem § 25 Abs 2 IO dem Einkommen aus einer tatsächlichen Erwerbstätigkeit gleichzustellen.

Die bestehende Rechtslage ist in Bezug auf berechtigte vorzeitige Auflösungen des Arbeitsverhältnisses höchst unzureichend. Gerade bei besonders massiven Vertragsverletzungen des AG, die den AN zum schärfsten Mittel – nämlich zur sofortigen vorzeitigen Vertragsauflösung – berechtigen, droht auf der anderen Seite unter Umständen – ohne Verschulden des AN – der Verlust einer Familienleistung. Es ist daher unerlässlich, weitere Gleichstellungstatbestände in § 24 Abs 2 KBGG vorzusehen.

4.
Fazit

Die Unzulänglichkeiten einer gesetzlichen Regelung zeigen sich oft erst anhand der problematischen Fallkonstellationen, die in der Praxis auftreten. Die mittlerweile vorliegende Judikatur zum einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld zeigt in mehrfacher Hinsicht eindeutig Handlungsbedarf des Gesetzgebers auf. Im Hinblick auf berechtigte vorzeitige Auflösungen des Arbeitsverhältnisses – wie insb im Fall der Insolvenz des AG – ist eine Evaluierung und Nachjustierung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen jedenfalls dringend geboten.120