Wansing/Welti/Schäfers (Hrsg)Das Recht auf Arbeit für Menschen mit Behinderungen – Internationale Perspektiven

Nomos Verlag, Baden-Baden 2018, 384 Seiten, kartoniert, € 74,-

MICHAELGANNER

Das vorliegende Buch ist das verschriftlichte Produkt der gleichnamigen interdisziplinären Tagung im März 2017 in Kassel. Den fachlichen Hintergrund bildet die Teilhabeforschung des Forschungsverbundes Sozialrecht und Sozialpolitik der Universität Kassel, der Hochschule Fulda und der Hochschule der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.

Das Buch ist in deutscher und englischer Sprache sowie in barrierefreiem Format (e-book) erschienen.

Das Buch enthält 21 Fachbeiträge, verfasst vom „Who is Who“ der Szene. Verbindende Parameter sind allgemeine menschen- und sozialrechtliche Perspektiven. Im Konkreten geht es aber auch darum, in welchem Ausmaß die Vorgaben unmittelbare Ansprüche begründen und wie einzelne Länder damit in der Praxis umgehen.

Das Buch ist in fünf Abschnitte gegliedert:

Im ersten Abschnitt („Rechtswissenschaftliche Grundsatzbeiträge“) befasst sich Eberhard Eichenhofer grundlegend mit der Menschenrechtsperspektive, den bereits bestehenden völker- und europarechtlichen Ansätzen sowie der Frage, wie ein „Recht auf Arbeit“ in einer Marktwirtschaft aussehen kann. Delia Ferri beleuchtet in ihrem Beitrag die europarechtlichen und einzelstaatlichen Vorgehensweisen innerhalb der EU zur Schaffung von diskriminierungsfreien Arbeitsumfeldern und Felix Welti und Eva Nachtschatt gehen konkret der Frage nach: „Gibt es ein Recht auf Arbeit und was kann sein Inhalt sein?“

Im zweiten Abschnitt („Sozialwissenschaftliche Grundsatzbeiträge“) beschreibt Jerome Bickenbach aus der Sicht der Statistik neben der Erwerbsbeteiligung vor allem auch die Möglichkeiten der Feststellung der Arbeitsfähigkeit. Marianne Hirschberg stellt dem Modell von Behinderung nach der UN-Behindertenrechtskonvention jenes der medizinisch basierten ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health) samt dem darin begründeten unterschiedlichen Zugang zum Arbeitsmarkt gegenüber. Martin Kronauer argumentiert in seinem Beitrag, warum gerade in kapitalistischen Ökonomien Erwerbsarbeit für die Inklusion des Individuums unverzichtbar ist und Roy Sainsbury befasst sich mit Möglichkeiten, die Erwerbsquote von Menschen mit Behinderungen zu erhöhen.

Der dritte Abschnitt („Übergänge“) besteht aus drei Beiträgen, die sich mit dem Übergang von behinderungsbegründeter Beschäftigungslosigkeit zur Arbeit (Friedrich Mehrhoff, Rückkehr zur Arbeit als zentrales Ziel der Rehabilitation; Madan M. Kundu/Alo Dutta/Fong Chan, Internationale Kompetenzstandards für return-to-work-Fachkräfte) sowie von der Schule zur Arbeit (Philine Zölls-Kaser) beschäftigen.

Der vierte Abschnitt enthält acht Beiträge zu „Inklusiver Arbeitsmarkt und inklusive Arbeitsplätze“. Jürgen Menze versucht die Unternehmen vom geschäftlichen Nutzen der Vielfalt, die mit der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung verbunden ist, zu überzeugen. Arne Frankenstein zeigt sehr schön, dass universelles Design sogar das Entstehen von Behinderung verhindern kann. Heinz Willi Bach befasst sich mit Sehbehinderungen am Arbeitsplatz. Marie-Renée Hector berichtet von der französischen Entwicklung in den letzten 70 Jahren. Bert Wagner bespricht die Rolle der Hochschulen bei der Förderung des Rechts auf Arbeit für Menschen mit Behinderungen. Siobhan Barron erklärt die irische Strategie zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen. Nai-Yi Sun beschreibt die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Taiwan in Bezug auf die Möglichkeit, den Beruf des Richters oder Staatsanwalts zu ergreifen. Und last but not least berichtet José Carlos do Carmo aus Brasilien über die Erfahrungen mit Quotenregelungen für Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt.

Das fünfte Kapitel enthält Beiträge zu „Besonderen Beschäftigungsformen“, womit im Wesentlichen Werkstätten für behinderte Menschen gemeint sind. Klaus Lachwitz befasst sich ua mit der Konventionskonformität dieser, Mario Schreiner mit ihrer Beurteilung im Lichte des deutschen Bundesteilhabegesetzes und Yi-Chun Chou mit den diesbezüglich bestehenden Verhältnissen in Taiwan und Japan.

Bei diesem Buch handelt es sich um ein sehr umfassendes Werk zu einem für Menschen mit Behinderung besonders wichtigen Thema, nämlich der Inklusion in den Arbeitsmarkt und damit der Möglichkeit der Teilnahme an einem gesellschaftlich als äußerst wichtig erachteten Lebensbereich. Die Interdisziplinarität, die Internationalität und die wissenschaftliche Tiefe zeichnen das Werk aus. Es kann jedem Interessierten uneingeschränkt empfohlen werden. Für jedermann, der sich professionell mit dem Thema beschäftigt, ist es allerdings Pflicht. 127