36Gerechtfertigte Entlassung bei grober Ehrenbeleidigung
Gerechtfertigte Entlassung bei grober Ehrenbeleidigung
Der Kl, der von 1.1.2001 bis zu seiner Entlassung am 24.9.2018 als Verkaufsleiter der Bekl angestellt war, gestand zu, dass er im Zuge der kündigungsbedingten Rückgabe von Firmeneigentum eine ähnliche Äußerung über deren Geschäftsführer wie von ihr vorgebracht („Ich wünsche ihm einen Schlaganfall, sodass er zehn Jahre im Wachkoma liegt …“), getätigt habe („damit er sieht, wer ihn aller anspucken wird, und da muss man sich wahrscheinliche anstellen“). Der Kl bestreitet nicht, dass seine Äußerung eine erhebliche Ehrverletzung iSd § 27 Z 6 AngG und eine Vertrauensunwürdigkeit iSd § 27 Z 1 AngG begründete. Da aber entschuldbare Umstände vorgelegen seien, weil der Geschäftsführer ihm gegenüber angesichts seiner Erkrankung jede menschliche Rücksichtnahme vermissen habe lassen, sei die überdies verspätet ausgesprochene Entlassung nach Ansicht des Kl zu Unrecht erfolgt.
Das Berufungsgericht lehnte das Klagebegehren ab. Der OGH wies die außerordentliche Revision der Bekl mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück.
Wenn eine grobe Ehrenbeleidigung nur infolge einer gerechtfertigten Entrüstung des/der betreffenden AN über ein unmittelbar vorausgegangenes Verhalten des Beleidigten in einer den Umständen nach entschuldbaren oder wenigstens verständlichen Weise erfolgt, fehlt es an der eine Voraussetzung für eine gerechtfertigte Entlassung 85 bildenden Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des/der betreffenden AN für den/die AG. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Ehrverletzung des/der AN infolge einer Provokation durch unangemessenes, unmittelbar vorhergehendes Verhalten des/der AG erfolgte oder ganz allgemein die vom/von der AN begangene Ehrverletzung als situationsbedingt entschuldbare Fehlreaktion zu werten ist. Bloße Erregung gibt keinen tauglichen Entschuldigungsgrund ab.
Die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass eine Entschuldbarkeit nicht vorliege, da die Äußerung des Kl in keinem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem vom Kl behaupteten andauernden schäbigen Verhalten des AG ihm gegenüberstehe, erachtet der OGH als nicht korrekturbedürftig. Ein derartiges fortgesetztes Verhalten ist nicht grundsätzlich als ausreichender Entschuldigungsgrund wie bei einer Entrüstung über ein unmittelbar vorausgegangenes Verhalten des/der Gekränkten anzusehen. Dass das vom Kl behauptete schäbige Verhalten des Geschäftsführers gegenüber schwer erkrankten MitarbeiterInnen die massiv ehrenrührige Äußerung des Kl hier nicht entschuldigt, hat das Berufungsgericht damit begründet, dass ihm damit schon vor seiner Diagnose klar vor Augen geführt wurde, dass er im Fall einer schweren Erkrankung auf kein Entgegenkommen durch den Geschäftsführer hoffen durfte und der Möglichkeit einer Kündigung ausgesetzt war.
In Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht sah der OGH, unter Berücksichtigung der Gravität der Ehrverletzung und der damit zum Ausdruck kommenden mangelnden Loyalität gegenüber dem DG, die Entlassung als gerechtfertigt an. Auch dass bloße Unmutsäußerungen im Kollegenkreis nicht so schwerwiegend zu beurteilen sind, zwingt hier zu keinem anderen Ergebnis, weil die Äußerung des Kl in den Geschäftsräumlichkeiten der Bekl gegenüber zwei Angestellten in verantwortlicher Stellung erfolgte, sodass der Kl damit rechnen musste, dass seine Äußerung dem Geschäftsführer mitgeteilt würde.
Auch wenn die Entlassung gegenüber dem – krankheitsbedingt abwesenden Kl – nicht schon am 21.9.2018 (Freitag), sondern erst am 24.9.2018 (Montag) in der Früh ausgesprochen wurde, erfolgte sie rechtzeitig. Dem Geschäftsführer ist zuzubilligen, ab Kenntnis der Äußerung eine Stellungnahme des zweiten anwesenden Mitarbeiters einzuholen, insb auch zur Abklärung des genauen Wortlauts der Äußerung und der damit einhergehenden Begleitumstände, sowie eine Rechtsauskunft einzuholen.