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Individuelle Festlegung von Pausenzeiten durch den Arbeitnehmer entspricht § 11 Abs 1 AZG

CHRISTOSKARIOTIS

Im vorliegenden Fall legte der Schichtplan eines Unternehmens nicht fixe Pausen fest. Den AN wurde durch eine BV das Recht eingeräumt, ihre Pause individuell – innerhalb der Arbeitszeit – zu halten. Die AN waren aber angehalten, während der Schicht Pausen zumindest im zeitlichen Umfang von 30 Minuten zu konsumieren, wobei sie unter Bedachtnahme auf jeweilige Produktionsschritte ihre Pausenzeiten frei wählen konnten. Dazu mussten sich die Mitarbeiter alleine untereinander absprechen, damit eine unbedingt einzuhaltende Anwesenheitspflicht in der Abteilung gewährleistet werden konnte.

Der Kl behauptete im Zuge seines Klagebegehrens, dass diese „Pausen“ keine Ruhepausen iSd § 11 Abs 1 AZG darstellen, da diese – ihrer Lage nach – nicht vorhersehbar waren.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.

Der OGH wies die außerordentliche Revision des Kl mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurück und begründete seine Entscheidung damit, dass eine „Pause“ dann als Ruhepause iSd § 11 Abs 1 AZG anerkannt werden kann, wenn sie ihrer Lage nach für den AN vorhersehbar ist (sich also an einer im Vorhinein definierten zeitlichen Position im Rahmen der Arbeitszeiteinteilung befindet) oder vom AN innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums frei gewählt werden kann. Überdies muss sie echte Freizeit sein; der AN muss über diese Zeit nach seinem Belieben verfügen können. Die zeitliche Lage der Ruhepause bestimmt das Gesetz nicht näher, doch ist aus Wortlaut und Zweck der Ruhepause abzuleiten, dass sie nicht am Beginn oder Ende der Arbeitszeit liegen darf, sondern dem Erholungsbedarf gerecht werden muss. Sie ist spätestens nach einer sechsstündigen Arbeitszeit zu gewähren. Wenn dem AN mit einer BV das Recht eingeräumt wird, seine Pause individuell – innerhalb der Arbeitszeit – zu halten, liegt darin eine Regelung, die den Grundsätzen, wann von einer Arbeitspause zu sprechen ist, nur nicht zuwiderläuft, sondern diese zugunsten des AN sogar erweitert, weil dieser dadurch in die Lage gesetzt wird, entsprechend seinen jeweiligen Bedürfnissen eine Pause in der gesetzlich vorgesehenen Dauer von einer halben Stunde zu halten.

Aufgrund des zeitlich genau abgestimmten Produktionsablaufs war es für erfahrene 88 Mitarbeiter wie den Kl möglich, bei Ablesen des Standes der Maschinen am Beginn der Schicht abzuschätzen, wann Möglichkeiten zur Pausengestaltung bestanden. Der Mitarbeiter konnte dann ein oder mehrere dieser Zeitfenster für die Pausenkonsumation wählen. Die Mitarbeiter mussten sich allein – in der BV grundgelegt – absprechen, um eine unbedingt erforderliche Anwesenheit in der Abteilung sicherzustellen, etwa im Hinblick auf das bei bestimmten Produktionsschritten geltende Vier-Augen-Prinzip. Es ist für den OGH nicht ersichtlich, dass die Betriebsvereinbarungspartner den ihnen eingeräumten Gestaltungsspielraum überschreiten, wenn sie in einem Betrieb, in dem der Produktionsablauf die Vorhersehbarkeit entsprechender Produktionspausen gewährleistet, für die Ruhepausen vorsehen, dass deren Wahl den AN überlassen wird und diese nur durch Absprache sicherstellen müssen, dass die unbedingt erforderliche Anwesenheit gewährleistet ist. Tatsächlich konsumierte der Kl sowohl kurze Pausen von etwa 20 bis 30 Minuten als auch längere Pausen von 45 Minuten bis zu einer Stunde. Er suchte pro Schicht etwa ein bis zweimal die Kantine auf, soweit diese geöffnet hatte, ansonsten holte er sein Essen vom Spind.

Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, die für Pausen in der Rsp entwickelten Voraussetzungen seien hier erfüllt, bedarf aus Sicht des OGH keiner Korrektur. Die Frage, ob Erholungsmöglichkeiten ihrer Lage nach für den AN vorhersehbar sind oder innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums frei gewählt werden können, hängt regelmäßig von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab und begründet im konkreten Fall nicht die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO.