23Zugang der Kündigung während besonderem vertraglichen Kündigungsschutz: Folgen für die Rechtswirksamkeit
Zugang der Kündigung während besonderem vertraglichen Kündigungsschutz: Folgen für die Rechtswirksamkeit
Für einen vertraglich vereinbarten Kündigungsausschluss gilt das Symmetriegebot, welches dem Günstigkeitsgebot folgt.
Der Dienstvertrag wird im Falle eines Verstoßes gegen zwingendes Recht nur insoweit als nichtig angesehen, als die zwingende Wirkung reicht.
Der vertragliche Ausschluss der freien Kündbarkeit des Dienstverhältnisses wirkt ähnlich wie ein besonderer gesetzlicher Kündigungs- oder Entlassungsschutz. Eine während aufrechtem Kündigungsausschluss ausgesprochene Kündigung, welche das Dienstverhältnis zu einem Zeitpunkt, in dem kein Kündigungsschutz mehr besteht, auflöst, ist wirksam.
[...] Der Kl entwickelte gemeinsam mit seinem Bruder und einem Bekannten ein Fast-Food-Konzept. [...] Mit Kaufvertrag vom 19.3.2014 erwarb die Bekl vom Kl und seinem Bruder 100 % der Geschäftsanteile an der für dieses Projekt gegründeten B* GmbH. [...] Wesentliche Grundlage für die Kaufentscheidung der Bekl war der vom Kl und seinen Geschäftspartnern erstellte Businessplan. Dadurch sollte auf Basis des gekauften Unternehmens eine europäische Restaurantkette etabliert werden. Es wurde daher eine Beteiligungsstruktur geschaffen, die eine weitere Expansion in Österreich [...] ermöglichen sollte, die B* Gruppe. Konzernmutter dieser Unternehmensgruppe ist die T* Holding AG [...].
Der Kl und seine Geschäftspartner beteiligten sich im Zusammenhang mit dem Verkauf des Unternehmens mittelbar an der B* Gruppe. [...]
Die Bekl bzw ihre 100 %-ige Tochtergesellschaft B* GmbH betreibt in Österreich die Kette „B*“. [...] Mit Vertrag vom 7.5.2014 wurde der Kl zum Geschäftsführer der Bekl bestellt. Der Geschäftsführerdienstvertrag enthält ua folgende Bestimmungen:
„9. Vertragsdauer, Kündigung9.1 Dieser Dienstvertrag beginnt mit seiner Unterfertigung und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. 261 Dieser Dienstvertrag kann von beiden Parteien unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist jeweils zum 30. [...] Juni oder zum 31. [...] Dezember gekündigt werden. Die Gesellschaft und der Geschäftsführer verzichten wechselseitig auf ihr ordentliches Aufkündigungsrecht dergestalt, dass eine Aufkündigung frühestens zum Ende des dritten Arbeitsjahres zulässig ist. [...]9.2 Unbeschadet der Bestimmung von Pkt 9.1 dieses Dienstvertrages verpflichtet sich der Geschäftsführer für die Dauer von drei Jahren ab Vertragsbeginn weder seine Organfunktion als Geschäftsführer der Gesellschaft oder eines allenfalls verbundenen Unternehmens niederzulegen. Liegt jedoch für den Geschäftsführer als DN ein Austrittsgrund iSd § 26 AngG vor, so kann er auch vorzeitig während des Zeitraums von drei Jahren mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer bzw DN ausscheiden. Wenn der Geschäftsführer von diesem Recht Gebrauch machen will, so ist er verpflichtet, sowohl seine Organfunktion als Geschäftsführer der Gesellschaft als auch in allfälligen verbundenen Unternehmen niederzulegen als auch das Dienstverhältnis mit der Gesellschaft durch Austritt zu beenden. Die Gesellschaft wird ihrerseits diesen Dienstvertrag während des Zeitraums von drei Jahren nur aus wichtigem Grund vorzeitig, in diesen Fällen allerdings mit sofortiger Wirkung beenden; wichtige Gründe bilden lediglich die in § 27 AngG angeführten Gründe, sofern ein derartiger Grund zusätzlich vom Geschäftsführer verschuldet wurde.9.3 Sollte der Aufsichtsrat der Gesellschaft oder die Gesellschafterversammlung oder der Verwaltungsrat der T* Holding AG beschließen, die Gesellschaft nicht so wie bislang beabsichtigt fortzuführen (wie zB im Falle einer Unterschreitung des Business Plans, die eine weitere Finanzierung der Gesellschaft nicht mehr tunlich erscheinen ließe), steht der Gesellschaft in Abweichung der Bestimmung 9.2 (Kündigungsverzicht) das Recht zu, das Dienstverhältnis jeweils zum Monatsende mit einer Kündigungsfrist von drei [...] Monaten zu kündigen.9.4 Die gesellschaftsrechtliche Abberufung als Geschäftsführer, sofern diese aus einem wichtigen Grund iSd § 27 AngG, der zusätzlich vom Geschäftsführer verschuldet wurde, erfolgt, sowie die Amtsniederlegung durch den Geschäftsführer gilt zugleich als Kündigung des Dienstverhältnisses durch die Gesellschaft bzw den Geschäftsführer zum nächstmöglichen Kündigungstermin. [...]“
Hintergrund der Vereinbarung über die Auflösung des Geschäftsführerdienstvertrags war der Wunsch des Kl und seiner Geschäftspartner, dass der Dienstvertrag so formuliert wird, dass er innerhalb der ersten drei Jahre nur unter besonderen Voraussetzungen aufgelöst werden kann. Aus Sicht der Bekl sollte aber für den Fall, dass der Businessplan nicht umgesetzt werden kann, also Erträge und Umsätze nicht im entsprechenden Ausmaß vorhanden sind, eine Regelung getroffen werden.
Der ursprüngliche Businessplan wurde in den folgenden Jahren signifikant nicht erreicht. [...]
In einer Sitzung des Verwaltungsrats der T* Holding AG wurde nach Diskussion des Budgets für 2016 ua beschlossen, in Deutschland bis auf weiteres keine weiteren Lokale zu öffnen und bestehende Mietverträge aufzulösen. [...]
Am selben Tag beschloss die Alleingesellschafterin der Bekl die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags des Kl sowie die Abberufung des Kl als Geschäftsführer. Dies wegen „Entzugs des Vertrauens unter anderem durch uns als Generalversammlung der Gesellschaft (unter anderem wegen Unterschreitung des Business-Plans um mehr als 30 % und unüberbrückbaren Zerwürfnissen mit Gesellschaftern der T*-Gruppe)“. [...]
Mit Schreiben vom 30.6.2016 wurde die Kündigung durch die B* Holding AG und die T* Holding AG, vertreten durch den Vizepräsidenten unter Berufung auf die erteilte Ermächtigung, ausgesprochen. Der Kl sollte mit Wirksamkeit vom 30.6.2016 dienstfrei gestellt werden. Das Kündigungsschreiben konnte dem Kl aber zunächst nicht zugestellt werden. Eine Kopie des Kündigungsschreibens wurde dem Kl erst am 4.7.2016 übergeben.
Dem Kl wurden in der Folge mit 25.7.2016 und 16.12.2016 datierte Eventualkündigungen übermittelt. Er war von 24.7. bis 3.8.2016 sowie vom 10.12.2016 bis 1.1.2017 urlaubsbedingt im Ausland. [...]
In den beiden vom Erstgericht verbundenen Verfahren [...] begehrte der Kl zuletzt die Feststellung, dass das zwischen den Streitteilen bestehende Dienstverhältnis über den 30.9.2016 und den 30.6.2017 hinaus aufrecht fortbesteht und die mit Schreiben vom 30.6.2016, 25.7.2016 und 16.12.2016 erfolgten Aufkündigungen des Dienstverhältnisses rechtsunwirksam sind. [...]
Der Kl brachte vor, die Kündigung vom 30.6.2016 sei keine rechtswirksame Auflösung des Dienstvertrags. Sie sei frist- und formwidrig und widerspreche der Vereinbarung. [...]
Auch das Kündigungsschreiben vom 25.7.2016 habe nicht zur Auflösung des Dienstverhältnisses geführt. [...] Die Kündigung sei erst am 4.8.2016 zugestellt worden. [...] Ein Beendigungsschreiben zum 30.6.2017 habe der Kl erst am 4.1.2017 erhalten. Aufgrund des vertraglichen Ausschlusses der freien Kündbarkeit sei das Dienstverhältnis nach wie vor aufrecht. [...]
Die Bekl bestreitet und bringt vor, wesentliche Grundlage für den Kauf der Geschäftsanteile [...] sei der vom Kl und von seinen Geschäftspartnern erstellte Businessplan gewesen. Für den Fall, dass sich dieser nicht wie erhofft verwirklichen würde, sei das Kündigungsrecht in den Geschäftsführerdienstvertrag laut Pkt 9.3 aufgenommen worden. Voraussetzung sei nicht eine drohende Insolvenz oder eine Liquidation, sondern die Setzung notwendiger und zweckdienlicher Maßnahmen, die den Fortbestand [...] sichern sollten. Mit der Unterschreitung des Businessplans sollte zwingend auch ein Sonderkündigungsrecht verbunden sein. [...] Mit Gesellschafterbeschluss vom 30.6.2016 sei neben der Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags auch die Abberufung des Kl als Geschäftsführer durch die Alleingesellschafterin [...] erfolgt. Die Zustellung der Kündigung habe der Kl offenbar bewusst vereiteln wollen. Da er die Bekanntgabe 262 eines Aufenthaltswechsels unterlassen habe, trage er das Risiko für die nicht rechtzeitige Kenntnisnahme. Selbst wenn der Kl erst am 5.7.2016 von der Kündigung erfahren habe, wäre diese zum nächstfolgenden Monat wirksam geworden. Vorsorglich sei die Kündigung mit Schreiben vom 25.7.2016 neuerlich erfolgt. Man habe diese dem Kl bei einem vereinbarten Besprechungstermin persönlich übergeben wollen, dies habe der Kl durch eine einseitige Urlaubs erklärung verhindert. Eine weitere Eventualkündigung vom 16.12.2016, die dem Kl am 17. bzw 19.12.2016 zugestellt worden sei, sei unbekämpft geblieben, weshalb das Dienstverhältnis spätestens am 30.6.2017 ende.
Der Kl sei zum 30.6.2016 dienstfrei gestellt worden. [...]
Das Erstgericht stellte fest, dass das Dienstverhältnis des Kl über den 30.9.2016 hinaus bis zum 31.10.2016 aufrecht fortbesteht. [...]
Das Erstgericht ging rechtlich davon aus, dass das Sonderkündigungsrecht laut Pkt 9.3 des Geschäftsführerdienstvertrags ein Unterschreiten des Businessplans voraussetze. Dieser Fall sei eingetreten. Damit sei die Bekl zur Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags berechtigt gewesen. [...] Die Kündigung sei daher zu Recht erfolgt.
Der Kl habe von der Kündigung jedoch erst am 4.7.2016 erfahren und ein unterschriebenes Original des Kündigungsschreibens erhalten. Ausgehend von der dreimonatigen Kündigungsfrist habe das Dienstverhältnis am 31.10.2016 geendet. [...]
[D]as Berufungsgericht [...] stellte fest, dass das Dienstverhältnis des Kl über den 30.9.2016 hinaus bis zum 31.10.2016 aufrecht bestand. [...] Das Berufungsgericht führte aus, dass das ausschließliche Sonderkündigungsrecht der Bekl eine unzulässige einseitige Besserstellung der AG sei. Eine ungünstige wirtschaftliche Lage des AG bilde keinen Grund zur vorzeitigen Auflösung eines Arbeitsverhältnisses. Auch eine Qualifikation der „Nichterreichung des Businessplans“ als Bedingung für die Auflösung des Vertrags ändere daran nichts. [...]
Die außerordentlichen Revisionen sind zur Klarstellung zulässig (§ 502 Abs 1 ZPO), sie sind auch jeweils teilweise berechtigt. [...]
Rechtliche Beurteilung
1.1. Die Bekl hat im Zusammenhang mit der Kündigung vom 30.6.2016 und der Eventualkündigung vom 25.7.2016 das vertraglich vereinbarte Sonderkündigungsrecht in Anspruch genommen. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob dieses wirksam vereinbart wurde oder [...] als unzulässige Besserstellung des AG unwirksam ist.
[...]
1.3. Bei der vertraglichen Gestaltung der Kündigungsmöglichkeiten sind daher die Bestimmungen des § 20 Abs 2 bis 4 AngG zu beachten. Diese Regelungen sind einseitig zwingend zugunsten des AN (§ 40 AngG). Es können demnach nur von der gesetzlichen Vorgabe abweichend Regelungen getroffen werden, die für den AN günstiger sind. Bei der Prüfung der Günstigkeit hat [...] ein Gruppenvergleich rechtlich und sachlich zusammenhängender Normen [zu erfolgen]. Ein rechtlicher und tatsächlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die Bestimmungen den gleichen Regelungsgegenstand betreffen (vgl RS0051060). [...] Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen (RS0051056; RS0051060 [T7, T9]; 8 ObA 50/05v mwN). [...]
Betrachtet man allein die Kündigungsmöglichkeit des AG, bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der entsprechenden Regelung. Der AG verzichtet für drei Jahre auf die ordentliche Kündigungsmöglichkeit und behält sich die Kündigung nur aus einem bestimmten Grund vor.
[...] Betrachtet man ausschließlich das Kündigungsrecht des AN, ergibt sich für die ersten drei Jahre ein Verzicht auf eine Kündigungsmöglichkeit. [...] Anders als der Bekl wurde dem Kl jedoch in der Vereinbarung keine Sonderkündigungsmöglichkeit eingeräumt.
1.6. Zu beachten ist weiters, dass nach § 20 Abs 4 AngG die vom DG einzuhaltende Kündigungsfrist nicht kürzer sein darf als die mit dem Angestellten vereinbarte. Das ist Ausfluss eines generelleren Gleichheitsgebots, das ebenfalls aus dem das Arbeitsrecht beherrschenden Günstigkeitsprinzip folgt, wonach dem Angestellten die Lösbarkeit des Dienstverhältnisses jedenfalls nicht schwerer gemacht werden darf als dem DG (vgl RS0028854; RS0114302; vgl Neumayr in Neumayr/Reissner, Zell-HB AV-Klauseln, 11.01). Dies folgt neben § 20 Abs 4 AngG und § 1159c ABGB auch aus diversen sonderrechtlichen Bestimmungen (vgl RS0028161; 8 ObA 167/97k; 9 ObA 154/92; 9 ObA 142/929 ObA 142/92 ua). Dieser allgemeine Grundsatz ist entgegen der Ansicht der Revision der Bekl nicht nur auf den in § 20 AngG unmittelbar geregelten Bereich von Kündigungsfristen und -terminen, sondern ganz allgemein für eine Ungleichgewichtung der Einschränkung der Kündigungsfreiheit bezogen (vgl Krejci in Rummel3 § 1159c ABGB Rz 92; Schrammel in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 1158 Rz 95). [...]
1.7. Stellt man im konkreten Fall die Kündigungsmöglichkeit des AN und des AG gegenüber, ist es offenkundig, dass die des Kl stärker eingeschränkt 263 ist als die der Bekl, weil ihm ein Sonderkündigungsrecht nicht zukommt.
Soweit die Bekl geltend macht, dass eine aus demselben Grund wie dem AG eingeräumte Lösungsmöglichkeit auch für den AN sinnlos wäre, mag dies zutreffen. Es bleibt jedoch der Umstand bestehen, dass dem AN keine gleichwertige Lösungsmöglichkeit aus für ihn relevanten Gründen eingeräumt wurde. [...] Damit verstößt die Vereinbarung gegen das zuvor dargestellte Symmetriegebot.
[...]
1.9. Allgemein gilt, dass ein Arbeitsvertrag im Fall des Verstoßes gegen zwingendes Recht nur insoweit als nichtig angesehen wird, als die zwingende Wirkung reicht. Es tritt dann eine Vertragskorrektur ein, derzufolge die nichtigen Teile durch das zwingende Recht ersetzt werden (RS0053059). [...] Vielmehr ergibt sich aus der Anwendung des § 20 Abs 4 AngG, dass die vom DG einzuhaltende Frist nicht kürzer sein darf, als die mit dem Angestellten vereinbarte Kündigungsfrist [...] (RS0028161).
Das Gleichheitsgebot erfordert es daher, dass die Lösungsmöglichkeit des DG – wie jene des DN – eingeschränkt wird (vgl 8 ObA 3/14w). Das bedeutet im konkreten Fall, dass die Bekl das Arbeitsverhältnis ebenso wie der Kl vor Ablauf der Frist für den Kündigungsverzicht nur aus den Gründen des § 27 AngG auflösen kann. Ein Kündigungsrecht vor Ablauf der drei Jahre steht ihr dagegen nicht zu. Die Bekl war daher nach dem Gleichheitsgebot nicht berechtigt, das Dienstverhältnis unter Berufung auf Pkt 9.3 des Geschäftsführerdienstvertrags vor Ablauf der drei Jahre aufzulösen.
2.1. Es ist daher weiters zu prüfen, ob die rechtswidrige Kündigung zu einer Beendigung des Dienstverhältnisses geführt hat.
2.2. Grundsätzlich beenden auch fristwidrige oder unzulässige Kündigungen das Arbeitsverhältnis. Der AN ist auf Schadenersatzansprüche verwiesen.
Ein vertraglicher Ausschluss der freien Kündbarkeit des Dienstverhältnisses wirkt aber ähnlich wie ein besonderer gesetzlicher Kündigungs- oder Entlassungsschutz. Eine trotz vereinbarten Ausschlusses der freien Kündbarkeit erfolgte Kündigung ist daher nicht wirksam. [...] Dies gilt auch dann, wenn das Kündigungsrecht nur für einen bestimmten Zeitraum ausgeschlossen wird (vgl Engelbrecht in Riska/Schima, Beendigungsrecht Rz 91 mwN) oder an bestimmte Gründe gebunden wird (vgl 9 ObA 180/07x; Grillberger in Floretta/Spielbüchler/Strasser 372 mwN; Jabornegg/Resch/Födermayr, Arbeitsrecht6 Rz 515).
Durch die Vereinbarung einer solchen Einschränkung des Kündigungsrechts wird in der Regel der Wille der Parteien zum Ausdruck gebracht, dass vor Ablauf der vereinbarten Zeit oder bei Nichtvorliegen der vereinbarten Kündigungsgründe das Arbeitsverhältnis nicht enden soll. [...] Es würde dem in dieser Vereinbarung zum Ausdruck kommenden Willen der Parteien zuwiderlaufen, würde man innerhalb dieser drei Jahre auch eine unberechtigte Kündigung als wirksam ansehen.
Dies muss sowohl für den Fall gelten, dass sich die Bekl zu Unrecht auf das Vorliegen des vereinbarten Sonderkündigungsrechts beruft, als auch für den, dass das Sonderkündigungsrecht insgesamt unwirksam vereinbart worden ist.
Damit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die Kündigungen vom 30.6.2016 und 25.7.2016 [...] gegen den vertraglich vereinbarten besonderen Kündigungsschutz verstoßen und das Arbeitsverhältnis nicht beendet haben. Eine Konversion der unwirksamen Beendigung zu einer wirksamen zu einem späteren Zeitpunkt ist nach herrschender Judikatur abzulehnen (RS0101989). [...]
3.1. Mit der Kündigung vom 16.12.2016 sollte das Dienstverhältnis zum 30.6.2017, sohin nach Ablauf der vereinbarten dreijährigen Bestanddauer, beendet werden, damit zu einem Zeitpunkt, zu dem auch kein vertraglicher Kündigungsschutz mehr bestehen sollte. Damit wäre aber auch eine fristwidrige Kündigung wirksam. Das Dienstverhältnis endete daher mit 30.6.2017.
3.2. Soweit der Kl vorgebracht hat, dass die Kündigung vom 16.12.2016 nicht die in Pkt 9.3 des Geschäftsführerdienstvertrags geforderten formellen Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung erfüllt, übersieht er, dass mit dieser Kündigung kein außerordentliches Kündigungsrecht, sondern das ordentliche Kündigungsrecht nach Pkt 9.1 des Geschäftsführerdienstvertrags ausgeübt wurde. Darüber hinaus wurden vom Kl keine weiteren Einwände erhoben. [...]
3.3. Die Kündigung ist dem Kl allerdings erst nach dem 1.1.2017 zugegangen, da er nach den Feststellungen bis zu diesem Zeitpunkt im Ausland auf Urlaub war. [...] Das ändert aber nichts daran, dass die Kündigung – wie ausgeführt – das Dienstverhältnis zum 30.6.2017 beendet.
3.4. Die Revision des Kl ist daher insoweit teilweise berechtigt, als festzustellen ist, dass das Dienstverhältnis über den 30.9.2016 (bzw 31.10.2016) hinaus bis 30.6.2017 aufrecht fortbestanden hat. Das Feststellungsbegehren, dass es über den 30.6.2017 hinaus besteht, wurde dagegen zu Recht abgewiesen.
[...]
4.5. Nach dem zuvor Ausgeführten haben die rechtsunwirksamen Beendigungserklärungen vom 30.6. bzw 25.7.2016 das Vertragsverhältnis nicht aufgelöst. Der AN kann in einem solchen Fall zwischen der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einerseits und dem Akzeptieren der Auflösung unter gleichzeitiger Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen dessen unberechtigter Auflösung wählen (vgl RS0028183). Der Kl hat von diesem Wahlrecht insoweit Gebrauch gemacht als er erklärt hat, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht anzuerkennen. [...]
4.6. Die Kündigung vom 16.12.2016 hat dagegen das Dienstverhältnis zum 30.6.2017 beendet. Da diese Beendigung fristwidrig erfolgte, können daraus Schadenersatzansprüche entstehen. [...]
Der Fokus dieser E liegt auf dem zwischen den Parteien vertraglich vereinbarten dreijährigen Kündigungsausschluss und einem von diesem 364Kündigungsausschluss abweichenden Sonderkündigungsrecht. Dieses vereinbarte Sonderkündigungsrecht soll der Bekl im Falle des Nichterreichens des Businessplans zukommen. Ein korrespondierendes Recht des Kl besteht jedoch nicht.
Den zutreffenden Ausführungen des OGH zum Verstoß gegen das Fristengleichheitsgebot bzw Symmetriegebot und der daraus resultierenden Nichtigkeit der Vertragsklausel, die ein Sonderkündigungsrecht nur für den AG vorsieht, ist zuzustimmen. Der OGH musste in der vorliegenden E überdies noch über die Rechtswirksamkeit der drei Kündigungen (am 30.6.2016, 25.7.2016 und 16.12.2016), welche während aufrechtem vertraglichen Kündigungsausschlusses von der Bekl ausgesprochen wurden, entscheiden. Der OGH hat richtig erkannt, dass die ersten beiden Kündigungen, die von der Bekl unter Berufung auf das Sonderkündigungsrecht ausgesprochen wurden, gegen den vertraglich vereinbarten Kündigungsschutz verstoßen und das Dienstverhältnis daher nicht beendet haben. Der OGH begründet dies mit der vergleichbaren Wirkung eines vertraglichen Kündigungsschutzes mit einem besonderen gesetzlichen Entlassungs- und Kündigungsschutz. Das entspricht auch der bisherigen Rsp und hL. Gesetzliche Kündigungsverbote werden dahingehend interpretiert, dass während des Kündigungsverbots der Ausspruch der Kündigung unzulässig ist (vgl Mazal, Zum Zeitplan der Kündigung bei Kündigungsverboten, RdW 1986, 46 [47]). Diese Interpretation wird oftmals undifferenziert auf vertragliche Kündigungsverbote übertragen (vgl zB OGH 2.12.1975, 4 Ob 74/75), da kein Grund ersichtlich ist, derartige gleichartige vertragliche Vereinbarungen anders zu behandeln; sie haben unabhängig davon, ob sie auf Gesetz oder Vertrag beruhen, keine geringere rechtliche Bedeutung als gesetzliche Anordnungen dieser Art und bedürfen desselben Schutzes. Wollte man bei einer vertraglichen Kündigungsbeschränkung einen anderen Maßstab als bei derartigen gesetzlichen Ansprüchen anlegen, würden willkürlichen Vertragsbrüchen des DG Vorschub geleistet werden (OGH4 Ob 47/64 SZ 37/70). Eine ausgesprochene Kündigung erlangt bei ausdrücklichem Kündigungsverzicht keine Rechtswirksamkeit (vgl Karl in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG [32. Lfg] § 20 Rz 82). Es käme zu einem Unterlaufen des Parteiwillens, würde man die ausgesprochene Kündigung als wirksam ansehen. Der DN hat bei bestehendem besonderen Kündigungsschutz in Analogie zum besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz ein Wahlrecht (vgl Pkt 4.5). Die Konversion einer rechtsunwirksamen Kündigung zu einer rechtswirksamen zu einem späteren Zeitpunkt ist abzulehnen (vgl Karl in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG [32. Lfg] § 20 Rz 82, W. Schwarz, Zeitwidrige Kündigung und Wissenserklärung im Arbeitsrecht, ÖJZ 1984, 617 [618]; RIS-Justiz RS0101989).
Überraschend erscheint vor diesem Hintergrund, dass das Dienstverhältnis des Kl aufgrund der am 16.12.2016 ausgesprochenen Eventualkündigung zum 30.6.2017 laut OGH rechtswirksam beendet wurde. Als Begründung wird lediglich angeführt, dass zu diesem Zeitpunkt (30.6.2017) kein vertraglicher Kündigungsschutz mehr (nur bis 7.5.2017) besteht; auch eine fristwidrige Kündigung sei wirksam und das Dienstverhältnis ende daher mit diesem Zeitpunkt, da die Bekl ihr ordentliches Kündigungsrecht (vgl 9.1) ausgeübt hat.
Betreffend die Wirksamkeit dieser letzten, während des vertraglichen Kündigungsausschlusses ausgesprochenen Kündigung erfolgten keine weiteren Erläuterungen.
Fraglich erscheint in diesem Zusammenhang, ob die Anerkennung der Rechtswirksamkeit des Ausspruchs der Kündigung zum 16.12.2016 nicht im Widerspruch zum Zweck eines vertraglichen Kündigungsausschlusses steht? Alle drei Kündigungen wurden während aufrechtem vertraglichen Kündigungsausschluss ausgesprochen, über deren Rechtswirksamkeit wurde jedoch unterschiedlich geurteilt. Interessant ist dabei insb die Frage, ob die Tatsache, dass die endgültige Beendigung zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem der vertragliche Kündigungsschutz nicht mehr existiert, eine unterschiedliche Behandlung betreffend die Rechtswirksamkeit eines Kündigungsausspruchs rechtfertigt? Den weiteren Ausführungen liegt also die konkrete Frage zu Grunde, ob der Ausspruch der Kündigung am 16.12.2016, der das Vertragsverhältnis zum 30.6.2017 auflösen sollte, rechtswirksam war. Um diese Frage klären zu können, muss zunächst die Rechtswirksamkeit eines Kündigungsausspruchs während eines aufrechten gesetzlichen Kündigungsausschlusses für einen Zeitpunkt, zu dem der Kündigungsausschluss nicht mehr besteht, geklärt werden. Aufgrund der bereits angeführten Parallelität der Rechtswirkungen von gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsausschlüssen könnten die sich daraus ergebenden Erkenntnisse zur Klärung der hier vorliegenden Frage dienen.
Der gesetzliche besondere Kündigungsschutz ist ua im ArbVG, MSchG, BEinstG, BAG etc verankert. Hinsichtlich der Rechtswirksamkeit des Kündigungsausspruchs während des gesetzlichen besonderen Kündigungsausschlusses zu einem Zeitpunkt, in dem dieser nicht mehr besteht, ist die Rechtslage nicht einheitlich. Es wird dabei vorwiegend auf den vom Gesetz intendierten Zweck abgestellt.
Zu einem, dem hier ähnlichen Fall erging bereits ein Urteil des OGH, dem auch die Lehre gefolgt ist. In dieser E sprach die Bekl noch während aufrechter Schutzfrist iSd MSchG die Kündigung aus. Durch diese „vorgezogene“ Kündigung wäre es, im Gegensatz zu einem Kündigungsausspruch 265 nach Ablauf der Schutzfrist, zu einer eklatanten Verkürzung der Kündigungsfrist der Kl gekommen. Der OGH sprach aus, dass ein Dienstverhältnis nicht nur während der Schutzfrist gem §§ 10 und 15 MSchG durch DG-Kündigung nicht beendet werden kann, sondern überdies, dass während der Schutzfrist eine Kündigung rechtswirksam nicht ausgesprochen werden kann und zwar auch dann nicht, wenn das Ende der Kündigungsfrist außerhalb der Schutzfrist liegt (OGH 28.8.1991, 9 ObA 178/91). Wesentlicher Aspekt war in diesem Fall, dass es bei Ausspruch der Kündigung während der Schutzfrist zu einer Verkürzung der Kündigungsfrist gekommen wäre. Eine Verkürzung stünde im Widerspruch zum Zweck, nämlich der Sicherung des Arbeitsplatzes der Mutter für eine gewisse Zeit und der Fernhaltung jeglicher Beunruhigungen betreffend ihrer Existenzgrundlagen (OGH9 ObA 178/91; Wolfsgruber-Ecker in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 [2018] § 10 MSchG Rz 17 mwN). Die Rechtsunwirksamkeit des Kündigungsausspruchs während der Schutzfrist ergibt sich überdies auch aus dem Wortlaut des § 10 Abs 6 MSchG, welcher vorsieht, dass eine entgegen den Abs 1 bis 4 ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam ist. Der Kündigungsschutz des MSchG stellt auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung und nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab (OGH9 ObA 178/91DRdA 1992/20 [Petrovic]). Eine Kündigung kann also erst dann wirksam ausgesprochen werden, wenn die Schutzfrist abgelaufen ist.
Vergleichbare einschlägige Judikatur, wie jene zum MSchG, existiert für den besonderen Bestandschutz von Betriebsratsmitgliedern zwar nicht, dieser ist aber mit den Fällen des Sonderschutzes nach dem MSchG vergleichbar. Ebenso wie im MSchG bedarf die Auflösung des Dienstverhältnisses von Betriebsratsmitgliedern und ihnen gleichgestellten Personen der Zustimmung des Gerichts. Der Zweck des Bestandschutzes nach §§ 120 ff ArbVG ist ua die Aufrechterhaltung einer kontinuierlichen Interessenvertretung: den gewählten Belegschaftsvertretern sollte die erforderliche unabhängige Ausübung betriebsverfassungsrechtlicher Aktivitäten iSd Gesetzes ermöglicht werden (OGH9 ObA 280/93DRdA 1994/44, 496 [Csebrenyak]; OGH9 ObA 59/94 Arb 11.180; OGH9 ObA 394/97z ARD 4967/19/98; Wolligger in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 120 ArbVG Rz 2). Zur Wahrung der kontinuierlichen Interessenvertretung sollte es auch hier durch einen „vorgezogenen“ Kündigungsausspruch nicht zu einer Verkürzung der Kündigungsfrist kommen.
Ein Verstoß gegen den besonderen Bestandschutz bewirkt grundsätzlich die Rechtsunwirksamkeit einer während seines Bestehens zugehenden Auflösungserklärung (vgl Wolligger in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 120 ArbVG Rz 46).
Überdies stellt der Sonderschutz, genauso wie jener des MSchG, auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung und nicht auf die Beendigung des Dienstverhältnisses ab (vgl Trost in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG [2005] § 120 Rz 20 mwN), dh, dass jede Kündigung, die während der Schutzfrist zugeht, den Beschränkungen der §§ 120 ff ArbVG unterworfen ist. Dies gilt auch für jene Fälle, in denen die Kündigungsfrist zu einem Zeitpunkt enden würde, der hinter dem Ablauf der Schutzfrist liegt (vgl Floretta in Floretta/Strasser, ArbVG-HK [1975] 818). Ebenso wie in den Fällen des MSchG sollte es durch eine „vorgezogene“ Kündigung nicht zu einer Verkürzung der Kündigungsfrist kommen.
Hingegen kommt der OGH (vgl E vom 12.10.1994, 9 ObA 187/94) in einem vergleichbaren Fall eines Lehrlings zu einem anderen Ergebnis: Er bejaht die Rechtswirksamkeit des Kündigungsausspruchs während der nach § 18 BAG vom Lehrberechtigten verpflichtend einzuhaltenden dreimonatigen Behaltefrist zu einem Zeitpunkt, in dem die Behaltefrist abgelaufen ist und begründet dies damit, dass im Falle der Weiterbeschäftigung ein neues Dienstverhältnis mit dem Lehrling begründet wird (vgl Preiss/Spitzl in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 18 BAG Rz 3); welches sowohl befristet, für die Dauer der Behaltezeit, als auch unbefristet abgeschlossen werden kann. Da es rechtlich zulässig ist, das Dienstverhältnis für die Dauer der Behaltezeit zu befristen, ist es auch möglich und zulässig, ein unbefristet eingegangenes Dienstverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum ersten in Betracht kommenden Kündigungstermin nach Ablauf der Behaltezeit aufzukündigen (vgl OGH9 ObA 187/94 Arb 11.291 = ARD 4616/3/95). Zweck der Behaltefrist ist es, dem ausgelernten Lehrling eine Vervollkommnung seiner in der Lehrzeit erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen sowie das Aufsuchen eines Arbeitsplatzes innerhalb einer angemessenen Zeit zu ermöglichen (vgl RISJustiz RS0051281). Die Behaltefrist dient also insb dazu, dem Lehrling den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern. Der Zweck der Weiterverwendungspflicht wird sowohl bei einer Befristung für die Dauer der Behaltezeit, als auch bei Ausspruch der Kündigung während der Behaltefrist zum ersten in Betracht kommenden Kündigungstermin nach Ablauf derselbigen gewahrt (RIS-Justiz RS0052889; Preiss/Spitzl in Neumayr/Reissner [Hrsg], Zell-Komm3 § 18 BAG Rz 13).
Somit unterscheidet sich die Aufkündbarkeit des in Entsprechung der Weiterverwendungspflicht nach § 18 BAG auf unbestimmte Zeit eingegangenen Dienstverhältnisses wesentlich von der Aufkündbarkeit von Dienstverhältnissen nach § 120 ArbVG und § 10 MSchG. In diesen Fällen kann die Kündigung rechtswirksam erst nach Ablauf der im jeweiligen Gesetz zwingend geregelten Schutzfrist ausgesprochen werden, was insb die Verkürzung von 266 Kündigungsfristen durch einen „vorgezogenen“ Kündigungsausspruch hintanhalten sollte. Insofern besteht die Möglichkeit, dass das Dienstverhältnis unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist und des Kündigungstermins gegebenenfalls erheblich über die Schutzfrist hinaus andauert (vgl Aust in Aust/Gittenberger/Knallnig-Preinsack/Strohmayer, BAG2 [2017] § 18 Rz 31).
Welche Rückschlüsse könnten nun daraus für die hier vorliegende E gezogen werden? Konkret fraglich ist, ob dieses vertragliche Kündigungsverbot den Ausspruch der Kündigung an sich verbietet oder sich bloß auf das endgültige Ende des Dienstverhältnisses auf Grund der vorangegangenen Kündigungserklärung bezieht. Intention hinter der Vereinbarung eines vertraglichen Kündigungsausschlusses kann zum einen sein, dass die Parteien nicht wollten, dass das Dienstverhältnis vor einem bestimmten Zeitpunkt endet oder zum anderen, dass eine Kündigung nicht vor Ablauf einer bestimmten Frist ausgesprochen werden darf (vgl Mazal, RdW 1986, 46 [47]).
Es gilt, die Intention der Vertragsparteien zu eruieren. Pkt 9.1 sieht vor: „Die Gesellschaft und der Geschäftsführer verzichten wechselseitig auf ihr ordentliches Aufkündigungsrecht in dergestalt, dass eine Aufkündigung frühestens zum Ende des dritten Arbeitsjahres zulässig ist. [...]“
Fraglich ist, ob unter Aufkündigung der Ausspruch der Kündigungserklärung oder durch die Kündigung bewirkte Beendigung des Rechtsverhältnisses zu verstehen ist. Bei einer Aufkündigung handelt es sich laut Duden (vgl duden.de/rechtschreibung/Aufkuendigungduden.de/rechtschreibung/Aufkuendigung [Abruf am: 19.2.2020]) um einen „Abbruch“. Unter „Abbruch“ wird in diesem Kontext die endgültige Beendigung eines Verhältnisses verstanden; in casu wäre das, dass die endgültige Beendigung des Vertragsverhältnisses frühestens zum Ende des dritten Dienstjahres zulässig ist. Zudem offenbart die Systematik der übrigen Vertragsklauseln, dass das Dienstverhältnis „während des Zeitraums“ von drei Jahren nur aus bestimmten Gründen beendet werden kann. Die Formulierung lässt den Schluss zu, dass der Ausspruch einer Kündigung während dieses vertraglich vereinbarten Zeitraums, jedoch zu einem außerhalb dieser liegenden Zeitpunkte rechtswirksam ist, da damit nur zum Ausdruck kommt, dass das Dienstverhältnis für einen Zeitraum von drei Jahren besonders in seinem Bestand geschützt sein sollte. Diese beiden Aspekte würden für die Lösung des OGH sprechen, da das Vertragsverhältnis außerhalb der Schutzfrist beendet werden sollte.
In Anbetracht dessen, dass beim gesetzlichen Kündigungsschutz der angestrebte Zweck eine große Rolle spielt, ob der Kündigungsausspruch als rechtswirksam oder nicht angesehen werden kann, sollte auch die hinter dem vertraglich vereinbarten Kündigungsausschluss stehende Absicht hinterfragt werden. Generalisierende Aussagen hinsichtlich des Zwecks eines vertraglich vereinbarten Kündigungsausschlusses können nicht getroffen werden: Es bedarf einer Beurteilung im Einzelfall. Es stellt sich daher die Frage, welche Absicht dem, zwischen den Parteien vereinbarten vertraglichen Kündigungsausschluss zu Grunde lag. Hintergrund der Vereinbarung war lediglich, dass der Geschäftsführerdienstvertrag nicht frühzeitig aufgekündigt werden sollte, was bereits der Inhalt der Vereinbarung an sich impliziert.
Hintergrund der Vereinbarung über die Auflösung des Geschäftsführerdienstvertrags war insb der Wunsch des Kl, dass der Dienstvertrag so formuliert wird, dass er innerhalb der ersten drei Jahre nur unter besonderen Voraussetzungen aufgelöst werden kann. Der Zweck der Vereinbarung kann anhand der Entscheidungsgründe nicht zweifelsfrei eruiert werden, es ist jedoch davon auszugehen, dass dieser im Hinblick auf die Etablierung einer Fast-Food-Kette darin liegt, eine gewisse Beständigkeit der oberen Hierarchieebenen gewährleisten zu können. Unter Zugrundelegung der Beständigkeit als intendierten Zweck kann betreffend die Wirksamkeit des Kündigungsausspruches zwar wenig gewonnen werden, es ist jedoch in Zusammenschau mit der Formulierung des Pktes 9.1 die Interpretation des OGH, nämlich, dass die während eines gültig vereinbarten vertraglichen Kündigungsausschlusses ausgesprochene Kündigung wirksam ist, wenn das Ende der Kündigungsfrist außerhalb des vertraglich vereinbarten Kündigungsausschlusses liegt, gut vertretbar.
Der dem Kündigungsschutz zu Grunde liegende Zweck kann Aufschluss hinsichtlich der Rechtswirksamkeit des Kündigungsausspruchs während aufrechtem Kündigungsausschluss jedoch zu einem Zeitpunkt, zu dem kein Kündigungsschutz mehr besteht, geben. Den Fällen, bei denen der Ausspruch die Rechtsunwirksamkeit zur Folge hat, liegt ein umfassenderer Zweck zu Grunde: zum einen der existentielle/gesundheitliche Schutz der Mütter, zum anderen der besondere Bestandschutz von Belegschaftsorganen zur kontinuierlichen Interessenwahrung. Eine in ihrer Intensität ähnliche Absicht kann der Vertragsklausel nicht entnommen werden. Unter Zugrundelegung der vermeintlichen Intention des Kündigungsausschlusses, nämlich der Gewährleistung einer gewissen Beständigkeit in den oberen Hierarchieebenen, kann davon ausgegangen werden, dass der Ausspruch der Kündigung während des vertraglichen Kündigungsausschlusses zu einem Zeitpunkt, wo dieser nicht mehr aufrecht ist, wirksam geworden ist, da der Zweck des Kündigungsausschlusses dennoch gewahrt wurde.
Aufgrund des zuvor Gesagten kann die Wirksamkeit der Eventualkündigung zum Zeitpunkt 30.6.2017 mit dem OGH bejaht werden, da keiner den §§ 120 ff ArbVG bzw § 10 MSchG ähnlich gelagerter Zweck dem vertraglichen Kündigungsausschluss entnommen werden kann. 267