71Klage auf Feststellung des aufrechten Bestands eines Arbeitsverhältnisses als gerichtliche Geltendmachung iSd § 3a Abs 1 IESG
Klage auf Feststellung des aufrechten Bestands eines Arbeitsverhältnisses als gerichtliche Geltendmachung iSd § 3a Abs 1 IESG
Nach stRsp zu § 1497 ABGB unterbricht eine Feststellungsklage die Verjährung hinsichtlich des geltend gemachten Rechtsverhältnisses und der daraus abgeleiteten Ansprüche. Eine solche Unterbrechungswirkung wird auch durch eine auf die Feststellung des aufrechten Bestands eines Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage hervorgerufen, aus dem dann Entgeltansprüche abgeleitet werden. Bereits entstandene und fällige Ansprüche müssen damit zur Verhinderung von Verjährung oder Verfall nicht laufend klagsweise geltend gemacht werden, bevor die für das Bestehen solcher Ansprüche präjudizielle Frage des Bestehens des Dienstverhältnisses geklärt ist.
Die Kl war ab 19.11.2014 bei der späteren Schuldnerin als Arbeiterin beschäftigt. Am 2.2.2015 wurde die Schwangerschaft der Kl festgestellt. Die Kl informierte umgehend ihren AG, woraufhin ihr noch am selben Tag per SMS die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mitgeteilt wurde. Am 3.2.2015 wurde sie informiert, dass sie „mit gestrigem Tag von der Gebietskrankenkasse abgemeldet worden sei“. Tatsächlich war die Abmeldung aber bereits zum 31.1.2015 erfolgt. Der AG weigerte sich, die Kl über den 31.1.2015 hinaus zu beschäftigen. Die Kl brachte daraufhin am 20.4.2015 eine Klage auf Feststellung des Fortbestehens ihres Arbeitsverhältnisses über den 31.1.2015 hinaus ein. Der Mutterschutz der Kl begann mit 8.8.2015. Der Klage wurde mit Urteil vom 3.7.2017 stattgegeben. Das Urteil wurde rechtskräftig. In der Zwischenzeit wurde mit Beschluss vom 31.3.2016 der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des AG mangels Kostendeckung abgewiesen. Die Kl beantragte Insolvenz-Entgelt für den Zeitraum 19.11.2014 bis 7.8.2015 in der Höhe von € 14.229,20. Mit Bescheid der bekl IEF-Service GmbH vom 21.10.2016 wurde der Antrag der Kl mit der Begründung, die Ansprüche seien mehr als sechs Monate vor dem Stichtag fällig gewesen und nicht zeitgerecht gerichtlich geltend gemacht worden, abgelehnt. 152
Die AN brachte dagegen Klage ein und brachte vor, die Klage auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses sei als gerichtliche Geltendmachung iSd § 3a Abs 1 IESG anzusehen. Bis zur rechtskräftigen Beendigung des Feststellungsverfahrens habe sie ihre laufenden Entgeltansprüche nicht mittels Leistungsklage geltend machen können, weil erst durch das klagsstattgebende Urteil geklärt worden sei, dass das Arbeitsverhältnis über den 31.1.2015 hinaus fortbestanden habe. Eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Insolvenz-Entgelt liege daher nicht vor. Die Bekl bestritt und brachte vor, dass die Abmeldung der Kl bei der Gebietskrankenkasse zu keiner Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt habe. Richtig sei zwar, dass die Kl eine Klage auf Feststellung des aufrechten Bestehens ihres Arbeitsverhältnisses eingebracht habe, diese Klage könne jedoch nicht als Geltendmachung von Entgeltansprüchen iSd § 3a Abs 1 IESG gewertet werden. Vielmehr wäre eine Leistungsklage einzubringen gewesen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von € 12.624,10 netto statt. Auch wenn die eingebrachte Klage auf Feststellung des Weiterbestehens des Arbeitsverhältnisses gerichtet gewesen sei, seien die Leistungsansprüche zwingende Folge einer klagsstattgebenden Entscheidung. Die Fälligkeit der auf § 1155 ABGB gegründeten Entgeltansprüche sei erst mit Rechtskraft des Feststellungsurteils eingetreten, sodass sie nach § 3a Abs 1 IESG gesichert seien. Die Entgeltansprüche für den Zeitraum 19.11.2014 bis 31.1.2015 samt Zinsen in der Höhe von € 1.140,90 netto seien dagegen spätestens am 31.1.2015 fällig gewesen und vom Feststellungsverfahren nicht tangiert worden. In diesem Umfang sei das Klagebegehren daher abzuweisen.
Das Berufungsgericht gab der gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung gerichteten Berufung der Bekl nicht Folge.
Der dagegen gerichteten Revision der Bekl wurde vom OGH teilweise Folge gegeben.
„Nach § 3a Abs 1 IESG in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl I 123/2017BGBl I 123/2017 gebührt Insolvenzentgelt für das dem Arbeitnehmer gebührende Entgelt einschließlich der gebührenden Sonderzahlungen, das in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag (§ 3 Abs 1) oder, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag geendet hat, in den letzten sechs Monaten vor dessen arbeitsrechtlichem Ende fällig geworden ist. Die Frist von sechs Monaten gilt nicht, soweit Ansprüche auf Entgelt binnen sechs Monaten nach ihrem Entstehen gerichtlich oder im Rahmen eines gesetzlich oder in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung vorgesehenen Schlichtungsverfahrens oder eines Verfahrens vor der Gleichbehandlungskommission zulässigerweise geltend gemacht wurden und das diesbezügliche Verfahren gehörig fortgesetzt wird und soweit eine Differenz zwischen unterkollektivvertraglicher und kollektivvertraglicher Entlohnung beantragt wird.
Im konkreten Fall ist Insolvenzentgelt für den Zeitraum 1.2.2015 bis 7.8.2015 strittig, also einen Zeitraum, der mehr als sechs Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegt. Die Klägerin hat diese Ansprüche mit Klage vom 24.11.2017 erstmals klageweise geltend gemacht.
Der Anspruch auf Insolvenzentgelt ist daher abhängig davon, wann diese Ansprüche ‚entstanden‘ und wann sie fällig geworden sind und welchen Einfluss das vorangehende Verfahren auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses auf die Ansprüche nach dem IESG hat.
Nach § 10 MSchG kann Dienstnehmerinnen während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung außergerichtlich nicht rechtswirksam gekündigt werden, es sei denn, dass dem Dienstgeber die Schwangerschaft beziehungsweise Entbindung nicht bekannt ist. Eine Kündigung ist auch rechtsunwirksam, wenn die Schwangerschaft beziehungsweise Entbindung dem Dienstgeber binnen fünf Arbeitstagen nach Ausspruch der Kündigung, bei schriftlicher Kündigung binnen fünf Arbeitstagen nach deren Zustellung, bekanntgegeben wird. Eine entgegen den Vorschriften des MSchG ausgesprochene Kündigung ist rechtsunwirksam, das heißt, der Bestand des Dienstverhältnisses wird durch eine solche Kündigung nicht berührt. Richtigerweise hat daher die Klägerin im Vorverfahren auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses geklagt.
Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem, der der von den Vorinstanzen zitierten Entscheidung 8 ObS 10/15a zugrunde lag. Dort war eine Kündigung nach § 105 ArbVG angefochten worden. Außerhalb des besonderen Kündigungsschutzes endet das Arbeitsverhältnis mit Wirksamwerden der Kündigung. Wird der Anfechtungsklage nach § 105 ArbVG, die eine Rechtsgestaltungsklage (RIS-Justiz RS0052018) ist, rechtskräftig stattgegeben, wird die Kündigung für rechtsunwirksam erklärt. Das Arbeitsverhältnis lebt mit all seinen Rechten und Pflichten ex tunc wieder auf. Dementsprechend wurde in der Entscheidung 8 ObS 10/15a davon ausgegangen, dass der Entgeltausfall für den Zeitraum während des Anfechtungsverfahrens, den der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach § 1155 ABGB zu ersetzen hat, mit Rechtskraft des stattgebenden Anfechtungsurteils fällig wird.
Anders als bei der Kündigungsanfechtung kommt dagegen der Klage auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses keine rechtsgestaltende Wirkung zu. Die Kündigung ist daher nicht schwebend unwirksam abhängig von der rechtskräftigen Entscheidung über die Berechtigung der Anfechtung. Vielmehr ist das Arbeitsverhältnis durchgehend mit 153 allen Rechten und Pflichten sowohl des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers aufrecht. Da auch hier aber die Dienstleistungen aus Umständen, die auf der Seite des Dienstgebers liegen, nicht zustande kommen, gebührt das Entgelt nach § 1155 ABGB. Anders als im Fall der Kündigungsanfechtung, tritt die Fälligkeit jedoch nicht erst mit Rechtskraft des Urteils ein, sondern zu dem Zeitpunkt, zu dem es dem Arbeitnehmer gebühren würde, hätte er die Dienste verrichtet.
Sämtliche der geltend gemachten Entgelte waren daher mehr als sechs Monate vor Konkurseröffnung und mehr als sechs Monate vor Einbringung der Leistungsklage fällig. Zu prüfen ist daher, ob die Einbringung der Feststellungsklage, die innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit erfolgte, daran etwas ändert.
In der Entscheidung 8 ObS 10/15a wurde offengelassen, ob die Anfechtungsklage eine gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen nach § 3a Abs 1 IESG darstellt. Es wurde jedoch darauf verwiesen, dass die Anfechtungsklage und das stattgebende Anfechtungsurteil das Leistungsbegehren des Arbeitnehmers auf Nachzahlung des laufenden Entgelts nicht umfasst. Der Arbeitnehmer müsse diesbezüglich eine Leistungsklage einbringen.
Auch die auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses gerichtete Klage kann grundsätzlich keine Leistungsklage auf Zahlung des laufenden Entgelts ersetzen. Geklärt wird mit ihr nur eine der Voraussetzungen für das Bestehen eines Entgeltsanspruchs, nämlich das Bestehen eines Dienstverhältnisses. Nicht geklärt wird damit, in welcher Höhe für welchen Zeitraum welches Entgelt aus dem bestehenden Dienstverhältnis dem Arbeitnehmer zusteht oder von ihm gefordert wird. Nur eine entsprechend konkretisierte Geltendmachung entspricht aber grundsätzlich den Voraussetzungen des § 3a IESG.
Allerdings hat der Oberste Gerichtshof bereits in einigen Entscheidungen ausgehend vom Zweck des § 3a Abs 1 IESG auch ohne konkrete Einklagung bestimmter Entgeltansprüche eine ausreichende Geltendmachung angenommen. Die Bestimmung des § 3a IESG hat den Zweck, die missbräuchliche Inanspruchnahme des Insolvenzentgeltfonds zurückzudrängen (Gahleitner in ZellKomm3 § 3a IESG Rz 1). Unter anderem verfolgt die Bestimmung die Absicht, die Ansprüche vor der Insolvenz zu begrenzen, wenn der Arbeitnehmer keine Maßnahmen zur Rechtsdurchsetzung trifft. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage wird dazu ausgeführt: ‚Es ist daher angezeigt, zur Verhinderung von Missbräuchen entsprechende Schranken einzuziehen. Diese sollen in der Art erfolgen, dass Ansprüche, die länger als sechs Monate vor der Konkurs- oder Ausgleichseröffnung zurückliegen, nur noch dann gesichert sind, wenn ein entsprechendes Gerichtsverfahren vom Arbeitnehmer eingeleitet wurde (= Klagsführung), das durch ein Urteil oder durch einen Vergleich beendet wird (737 BlgNR 20. GP 9). Durch diese zeitliche Begrenzung der Lohnrückstände auf sechs Monate wird eine übermäßige, sachlich nicht gerechtfertigte Verlagerung des wirtschaftlichen Risikos auf den Fonds verhindert (RS0098896).‘
In der Entscheidung 8 ObS 245/00p ging der Oberste Gerichtshof davon aus, auch wenn § 3a Abs 1 IESG die zur Anspruchssicherung geeigneten Verfahren taxativ aufzähle, eine erweiterte Auslegung nicht von vornherein ausgeschlossen sei. Auch taxative Aufzählungen seien, wenn es die Teleologie der auszulegenden Bestimmung verlange, einer erweiterten Auslegung bzw einer vorsichtigen Analogie zugänglich. Der Umstand, dass § 3a IESG neben der Geltendmachung von Ansprüchen im Verfahren in Arbeitsrechtssachen nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz noch weitere (sogar außergerichtliche) Verfahren aufzähle, die dem genannten Verfahren gleichzuhalten sind, zeige, dass der Gesetzgeber auch andere Formen der Geltendmachung der Ansprüche in einem zweckentsprechenden und hiefür vorgesehenen Verfahren als ausreichend erachtete. In diesem Sinn sah der Oberste Gerichtshof auch die Geltendmachung einer nur wegen des Todes des Arbeitgebers nicht mehr beglichenen, aber im Übrigen offenkundig unbestrittenen Arbeitnehmerforderung im Verlassenschaftsverfahren als den aus § 3a Abs 1 IESG ersichtlichen Wertungen des Gesetzgebers genügend an.
Im Verfahren 8 ObS 11/09i verwies der Oberste Gerichtshof auf die sich aus der Entscheidung 8 ObS 245/00p ergebende Wertung, dass die Geltendmachung im Verlassenschaftsverfahren rechtlich und wirtschaftlich sinnvoll sei und in einem solchen Fall ein Missbrauchsverdacht regelmäßig nicht bestehe. Auch ein Antrag auf Bestellung eines Abwesenheitskurators für einen ‚untergetauchten‘ Arbeitgeber mit der ausdrücklich erklärten Absicht, gegen den Kurator Ansprüche auf rückständiges Entgelt klageweise geltend zu machen und ihm gegenüber die Beendigung des Dienstverhältnisses zu erklären, sei eine Form der ‚gerichtlichen‘ Geltendmachung, die den Anforderungen des § 3a Abs 1 IESG entspreche.
In der Entscheidung 8 ObS 7/10b waren Ansprüche eines Arbeitnehmers zu beurteilen, der während eines aufrechten Dienstverhältnisses seinen Präsenzdienst leistet. Seine Ansprüche machte er erst nach Abschluss des Präsenzdienstes für Perioden geltend, die mehr als sechs Monate zurücklagen. Unter Verweis auf § 6 Abs 1 Z 1 APSG, wonach Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehemmt werden und ausgehend vom Gesetzeszweck des § 3a Abs 1 IESG, nämlich die Zurückdrängung missbräuchlicher Inanspruchnahme des Insolvenz-Entgelt-Fonds, sei eine andere Auslegung nicht geboten. […]
Nach ständiger Rechtsprechung zu § 1497 ABGB unterbricht eine Feststellungsklage die Verjährung hinsichtlich des geltend gemachten Rechtsverhältnisses und der daraus abgeleiteten Ansprüche (RS0118906). Eine solche Unterbrechungswirkung wird auch durch eine auf die Feststellung des aufrechten Bestands eines Arbeitsverhältnisses gerich-154tete Klage hervorgerufen, aus dem dann Entgeltansprüche abgeleitet werden (RS0029716 [T3]). Die Unterbrechungswirkung bezieht sich aber nicht auf bereits – vor der Erhebung der Feststellungsklage – bekannte und fällige Ansprüche (RS0034286; 8 ObA 105/03d).
Bereits entstandene und fällige Ansprüche müssen damit nicht zur Verhinderung von Verjährung oder Verfall laufend klagsweise geltend gemacht werden, bevor die für das Bestehen solcher Ansprüche präjudizielle Frage des Bestehens des Dienstverhältnisses geklärt ist.
Damit kann aber in der Regel auch in solchen Fällen nicht davon ausgegangen werden, dass der Arbeitnehmer seine Ansprüche missbräuchlich nicht geltend gemacht hat, vielmehr dient das Verfahren auf Feststellung letztlich der Vorbereitung der Geltendmachung dieser Ansprüche, deren Einklagung vor einer Entscheidung im Feststellungsbegehren wirtschaftlich und rechtlich nicht zweckmäßig ist. Die Klage auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses ist daher ebenfalls als ein zur Sicherung von Ansprüchen nach § 3a Abs 1 IESG geeignetes Verfahren anzusehen, wenn nach Abschluss des Verfahrens eine Geltendmachung solcher Ansprüche beabsichtigt ist.
Da die Unterbrechungswirkung jedoch nicht für vor Einleitung des Feststellungsverfahrens fällige Ansprüche wirkt, kann das für solche Forderungen des Arbeitnehmers nicht gelten. Damit sind aber im vorliegenden Fall die Entgelte für Februar und März 2015 nicht gesichert.
Der Arbeitnehmer kreditiert dem Arbeitgeber das laufende Entgelt bis zum jeweiligen Fälligkeitstermin (8 ObS 3/15x). Das bedeutet aber, dass der Entgeltanspruch für den Monat April erst mit der Fälligkeit klagbar war und daher, da zu diesem Zeitpunkt die Klage auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses bereits eingebracht war, gesichert ist.
Der Revision war daher teilweise Folge zu geben und das Klagebegehren, soweit es sich auf Februar und März 2015 bezieht, abzuweisen. […]
Gem § 3a Abs 1 IESG in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl I 2017/123BGBl I 2017/123 gebührt Insolvenz-Entgelt für das dem AN gebührende Entgelt einschließlich der gebührenden Sonderzahlungen, das in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag (§ 3 Abs 1) oder, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag geendet hat, in den letzten sechs Monaten vor dessen arbeitsrechtlichem Ende fällig geworden ist. Die Frist von sechs Monaten gilt nicht, soweit Ansprüche auf Entgelt binnen sechs Monaten nach ihrem Entstehen gerichtlich oder im Rahmen eines gesetzlich oder in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung vorgesehenen Schlichtungsverfahrens oder eines Verfahrens vor der Gleichbehandlungskommission zulässigerweise geltend gemacht wurden und das diesbezügliche Verfahren gehörig fortgesetzt wird und soweit eine Differenz zwischen unterkollektivvertraglicher und kollektivvertraglicher Entlohnung beantragt wird.
Streitgegenständlich war daher, ob die Klage auf Feststellung des aufrechten Arbeitsverhältnisses als gerichtliche Geltendmachung iSd § 3a Abs 1 IESG anzusehen ist.
Die Limitierung der Sicherung der Entgeltansprüche mit sechs Monaten hat den Zweck, eine ungebührliche Inanspruchnahme des Insolvenz-Entgelt- Fonds zu verhindern. Ältere Entgeltansprüche sind demnach nur dann gesichert, wenn der AN ein entsprechendes Gerichtsverfahren einleitet. Ausgehend vom Zweck des § 3a Abs 1 IESG hat der OGH allerdings in anderen Fällen auch ohne gerichtliche Klage eine ausreichende Geltendmachung bestimmter Entgeltansprüche angenommen.
Ob ein Anspruch auf Insolvenz-Entgelt besteht, hängt daher davon ab, wann der zugrundeliegende arbeitsrechtliche Anspruch „entstanden“ und fällig geworden ist und ob er ordnungsgemäß geltend gemacht worden ist.
Die Insolvenz-Entgeltforderung der Kl bezog sich im nun vorliegenden Fall auf einen Zeitraum, für den der Entgeltanspruch (gegen den AG) aufgrund der behaupteten Verletzung des besonderen Kündigungsschutzes bei Schwangerschaft gem § 10 MSchG zunächst umstritten und in einem von der Kl angestrengten Feststellungsverfahren zu klären war. Der Klage auf Feststellung eines aufrechten Arbeitsverhältnisses kommt keine rechtsgestaltende Wirkung zu. Das Arbeitsverhältnis ist vielmehr weiterhin durchgehend mit allen Rechten und Pflichten aufrecht. Da aber die Arbeitsleistungen aus Umständen, die auf der Seite des AG liegen, nicht zustande kommen, gebührt das Entgelt nach § 1155 ABGB. Danach gebührt dem AN das Entgelt auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, obwohl er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des AG liegen, daran gehindert worden ist. Er muss sich jedoch anrechnen lassen, was er sich infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.
Anders als im Fall einer Kündigungsanfechtung tritt die Fälligkeit des Entgelts jedoch nicht erst mit Rechtskraft des Urteils, sondern bereits zu dem Zeitpunkt ein, zu dem es dem AN zugestanden wäre, wenn er seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß erbringen hätte können. Die auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses gerichtete Klage kann aber eine Leistungsklage, die auf Zahlung des laufenden Entgelts gerichtet ist, nicht ersetzen, da im Rahmen des Feststellungsverfahrens nur eine der Voraussetzungen für das Bestehen eines Entgeltanspruchs – nämlich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses – geklärt wird. 155
Im vorliegenden Fall sind sämtliche Ansprüche unstrittig in einem mehr als sechs Monate vor dem Insolvenzstichtag liegenden Zeitraum entstanden und fällig geworden. Es ist daher fraglich, ob das von der Kl angestrengte Verfahren auf Feststellung eines aufrechten Beschäftigungsverhältnisses den in § 3a Abs 1 IESG genannten Voraussetzungen entspricht.
Gem § 1497 ABGB wird sowohl die Ersitzung als auch die Verjährung ua dann unterbrochen, wenn derjenige, der sich darauf berufen will, vor Ablauf der Verjährungszeit vom Berechtigten belangt wird und die Klage gehörig fortgesetzt wird.
Nach der stRsp unterbricht eine Feststellungsklage die Verjährung hinsichtlich des geltend gemachten Rechtsverhältnisses sowie der daraus abgeleiteten Ansprüche. Auch eine auf Feststellung des aufrechten Bestands eines Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage bewirkt eine derartige Unterbrechung. Allerdings bezieht sich die Unterbrechungswirkung nicht auf bereits – vor der Erhebung der Feststellungsklage – bekannte und fällige Ansprüche. Jene Ansprüche aber, die erst während des laufenden Feststellungsverfahren entstehen oder fällig werden, müssen nicht laufend zur Verhinderung von Verjährung oder Verfall klagsweise geltend gemacht werden, bevor die für das Bestehen solcher Ansprüche präjudizielle Frage des Bestehens des Dienstverhältnisses geklärt ist.
Die Klage auf Feststellung des aufrechten Arbeitsverhältnisses ist daher als ein zur Sicherung von Ansprüchen nach § 3a Abs 1 IESG geeignetes Verfahren anzusehen. Da die Unterbrechungswirkung jedoch nicht für vor Einleitung des Feststellungsverfahrens fällig gewordene Ansprüche zum Tragen kommt, sind die Entgeltansprüche für Februar und März 2015 nicht durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds gesichert. Diesbezüglich musste das Klagebegehren daher abgewiesen werden.