72Kein Rechtsanspruch auf „Montagfrühblatt-Schicht“
Kein Rechtsanspruch auf „Montagfrühblatt-Schicht“
Der kl AN ist bei der bekl AG seit 1.3.2000 ausschließlich als Nachtstamm-Expeditarbeiter beschäftigt. Zur Anwendung gelangt der KollV für Expeditarbeiter, Maschinenwarte, Redaktions- und Verwaltungshilfen, Zusteller und Austräger. Die wöchentliche Normalarbeitszeit des Kl beträgt 36 Stunden. Darin sind (laut KollV) zwei bezahlte Pausen von 15 Minuten pro Tag enthalten.
Der Kl leistete von Beginn seines Arbeitsverhältnisses bis 31.12.2017 im Rahmen der sogenannten „Montagfrühblatt-Schicht“ auch Dienste an Sonnund Feiertagen. Diese Schicht, die drei Stunden dauerte, erhielt er mit einem Entgelt von € 292,57 brutto und einem Zeitausgleich von 5,5 Stunden abgegolten. Seit 1.1.2018 vergibt die bekl AG die bei ihren AN sehr begehrten „Montagfrühblatt-Schichten“ in alphabetischer Reihenfolge an alle ihre Nacht-Stammarbeiter, sodass der kl AN von der Bekl nicht mehr zu jeder „Montagfrühblatt-Schicht“ eingeteilt werden kann.
Die für gegenständlichen Fall relevanten Rechtsgrundlagen lauten auszugsweise wie folgt:
KollV in § 4 Abs 2 Z 5: „Die Arbeitszeit für alle Expeditarbeiter, Maschinenwarte, Redaktions- und Verwaltungsgehilfen richtet sich nach der Erscheinungsweise. Sie muss auf fünf oder sechs Werktage gleichmäßig verteilt sein und darf neun Stunden täglich nicht überschreiten. …“
Betriebsvereinbarung „Arbeitszeitvereinbarung – Expedit“ (mit Wirkung vom 1.3.2015):
„Arbeitszeiten Montag bis Freitag:
1. Schicht 09.00 Uhr – 16.12 Uhr, Pause 11.00 – 11.30 Uhr
Arbeitszeiten Montag bis Samstag:
2. Schicht 16.00 Uhr – 21.30 Uhr, Pause am AZ-Ende
3. Schicht 21.30 Uhr – 03.00 Uhr, Pause am AZ-Ende
Arbeitszeiten am Sonntag:
1. Montag Frühblatt Schicht 18:00 – 21:00 Uhr
2. Montag Frühblatt Schicht 21:00 – 24:00 Uhr
3. Montag Frühblatt Schicht 24.00 Uhr – bis Expeditende.“
Der Kl war ausschließlich Nacht-Stammarbeiter mit Schichteinteilung in der zweiten oder dritten Schicht. Jeweils in der Vorwoche erstellt der Schichtleiter einen Dienstplan für die darauf folgende Woche. Die freien Tage unter der Woche werden vom Schichtleiter ohne vorherige Absprache mit dem Kl eingeteilt; mit dieser Vorgangsweise ist der Kl einverstanden. Diese Wochenschichtpläne betreffen nicht die „Montagfrühblatt-Schichten“. Die Schichteinteilungen für Sonn- und Feiertage werden in einer eigenen Liste ausgehängt.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kl das Entgelt und das Zeitguthaben für jene „Montagfrühblatt- Schichten“, zu denen ihn die Bekl nicht mehr eingeteilt hat sowie ua die Feststellung, dass er künftig unter Berücksichtigung der wöchentlichen Sonntagsschicht zu entlohnen und ihm pro Woche zusätzlich 5,5 Gutstunden gutzuschreiben seien. Die Normalarbeitszeit im Rahmen der vereinbarten 36 Stunden-Woche umfasse auch die „Montagfrühblatt- Schicht“ als fixe Schicht; sein Begehren stützt er auf eine einzelvertragliche Vereinbarung und eine betriebliche Übung. 156
Nach Ansicht der Bekl habe der Kl keinen Anspruch auf Einteilung zu jeder „Montagfrühblatt-Schicht“. Dem von der Bekl eingebrachten Zwischenantrag auf Feststellung, dass die Arbeiten des Kl an Sonnund Feiertagen nicht im Rahmen der Normalarbeitszeit, sondern als Mehr- bzw Überstundenarbeit erbracht werden, wurde von den Vorinstanzen stattgegeben: Nach dem KollV müsse die Wochenarbeitszeit auf fünf oder sechs Werktage verteilt werden (§ 4 Abs 2 Z 5 KollV) und es gebe dazu gesondert in einer BV eine Arbeitszeitvereinbarung. Danach erreiche der Kl, der ausschließlich Nacht-Stammarbeiter mit Schichteinteilung in der zweiten und dritten Schicht („Arbeitszeiten Montag bis Samstag“) sei, schon mit den Schichten von Montag bis Samstag (jeweils 5,5 Stunden) zuzüglich der in die tägliche Arbeitszeit einzurechnenden Pausen von zweimal 15 Minuten (§ 4 Z 1 Satz 2 KollV) die kollektivvertragliche Normalarbeitszeit von 36 Stunden. Der Kl könnte daher Sonn- und Feiertagsarbeit gar nicht im Rahmen der Normalarbeitszeit erbringen.
Der OGH schloss sich dieser Rechtsansicht an und führte ergänzend aus: Richtig ist, dass eine Vereinbarung der Streitteile über die Lage der Normalarbeitszeit iSd § 19c Abs 1 AZG auch schlüssig getroffen werden kann. Auch wenn der Kl während seines Arbeitsverhältnisses bis 31.12.2017 im Rahmen der sogenannten „Montagfrühblatt-Schicht“ auf eigenen Wunsch auch Dienste an Sonn- und Feiertagen verrichtete und die dadurch aufgrund der kollektivvertraglichen Bestimmungen entstandenen Gutstunden und zusätzlich freien Tage in der Folge in Form von freien Werktagen (Zeitausgleich) verbrauchte, bieten die Feststellungen keine Grundlage für die Annahme einer iSd § 863 ABGB konkludenten – vom KollV und den Betriebsvereinbarungen abweichenden, im konkreten Fall aus Sicht des Kl aber günstigeren – Vereinbarung der Normalarbeitszeit. Der Revision des Kl war daher nicht Folge zu geben.