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Einsatz im Hilfsdienst steht Anrechnung von Vordienstzeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres als Postpraktikant nicht entgegen

RICHARDHALWAX

In einem vorhergehenden Verfahren wurde festgestellt, dass DN der Bekl ein Recht auf Anrechnung der vor Vollendung des 18. Lebensjahres erbrachten Vor-(Dienst-)zeiten haben, insoweit sie vor Vollendung des 18. Lebensjahres als Postpraktikanten tätig waren und unmittelbar nachfolgend in einem Dienstverhältnis bei der Bekl bzw deren Rechtsvorgängerin weiter beschäftigt wurden. Die Vorinstanzen erachteten die Nichtanrechnung dieser Zeiten unter Verweis auf die Rsp des EuGH (vor allem Rs Hütter und Starjakob) und des OGH (20.3.2015, 9 ObA 15/15v; 29.4.2015, 9 ObA 16/15s, 9 ObA 19/15g) als altersdiskriminierend. Zwischen der Dienstzeit als Postpraktikant einerseits und der Dienstzeit als Postmitarbeiter andererseits bestünden wesensmäßig keine ausreichenden Unter-157schiede. Im vorliegenden Verfahren machte der Kl mit der Behauptung, ein vom Feststellungsurteil erfasster DN der Bekl zu sein, Ansprüche auf Leistung und Feststellung gegen die Bekl geltend. Die Vorinstanzen gaben den Klagebegehren statt. Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision der Bekl zeigte keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf und wurde vom OGH zurückgewiesen.

Dass der Kl als Postpraktikant – entgegen dem damaligen Ausbildungserlass und dem Ausbildungsvertrag – nicht sämtliche Bereiche des Postbetriebs durchlaufen hat, sondern von der Bekl nur im genannten Hilfsdienst und insb nicht im Zustelldienst eingesetzt wurde, steht einer Anrechnung der bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (31.10.1994) erbrachten Vordienstzeiten als Postpraktikant nicht entgegen. Schließlich hat der Kl insgesamt eine umfassende praktische Ausbildung bei verschiedenen Dienststellen der Bekl als Postpraktikant absolviert, die ihn letztlich befähigte, seit 1.3.1995 als Zusteller tätig zu sein. Den Postpraktikanten war auch grundsätzlich ein Einsatz in sämtlichen Bereichen des Postdienstes möglich. Der Einsatz eines Postpraktikanten in nicht allen Teilbereichen des Postbetriebs rechtfertigt es somit noch nicht, einen wesensmäßig derart großen Unterschied zwischen den sonstigen volljährigen Postmitarbeitern der Bekl und den Postpraktikanten anzunehmen, der aus unionsrechtlicher Sicht eine differenzierende Vordienstzeitenanrechnung zuließe.