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Ergänzende Vertragsauslegung bei undeutlich geregelter variabler Gehaltskomponente

MELANIEKOCSAN

Der AN war von 2.1.2018 bis 15.1.2019 als Exportmanager beschäftigt. Im Arbeitsvertrag wurde folgender Passus vereinbart: „Zusätzlich zum in Punkt III./3. vereinbarten monatlichen All-in-es.Bruttobezug erhält der Arbeitnehmer eine jährliche Gehaltskomponente variabel von 15.000 EUR bis 20.000 EUR brutto. Diese wird in einer gesonderten Vereinbarung jährlich neu definiert. Die Endabrechnung wird nach Ende des Wirtschaftsjahres durchgeführt.“

Mündlich wurde außerdem vereinbart, dass der variable Gehaltsbestandteil von einem nach einer gewissen Einschulungszeit näher zu definierenden erzielten Umsatz des AN abhängig sei. Der AN erreichte keinen namhaften Zusatzumsatz bzw keine maßgebliche Erhöhung des Absatzes.

Der AN begehrte die Gehaltskomponente in Höhe von € 15.000,- mit der Begründung, dass ihm diese als Fixum jedenfalls zustehen sollte und lediglich die € 5.000,- variabel seien.

Die Vorinstanzen lehnten das Begehren des AN ab. Die vom AN erhobene Revision wurde vom OGH mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen. Die Beurteilung der Vorinstanzen war aus Sicht des OGH nicht korrekturbedürftig.

Der OGH bestätigte die Ansicht der Vorinstanzen, dass kein dem AN ohne weitere Voraussetzung zusätzlich zustehender Gehaltsbestandteil, sondern eine an das Erreichen noch nicht definierter Ziele geknüpfte Prämie vereinbart wurde.

In seiner Begründung führte der OGH aus, dass nach stRsp iSd § 914 ABGB bei der Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen ist, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. § 915 ABGB findet nur subsidiär Anwendung, wenn sich die Undeutlichkeit nach den im § 914 ABGB normierten Auslegungsregeln nicht – wie hier – beheben lässt. In Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht kam der OGH im vorliegenden Fall durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu dem Ergebnis, dass bei einem stark wachsenden Unternehmen wie hier die variable Gehaltskomponente mangels Nennung bestimmter Ziele in der getroffenen Rahmenvereinbarung und Zustandekommen einer Ausführungsvereinbarung von einer vom AN bewirkten Umsatzsteigerung und/oder von der Akquirierung von Neukunden abhängig zu machen ist. In Ermangelung eines solchen Verwendungserfolgs seitens des AN steht die Prämie bereits dem Grunde nach nicht zu.138