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Geringfügige Grammatikfehler in der Leistungsbewertung eines Arbeitszeugnisses widersprechen nicht dem Erschwernisverbot des § 1163 ABGB

CHRISTOSKARIOTIS

Der Kl (ein Kellner) hat seinen Kollegen während der Arbeit wiederholt provoziert und insb als „Arschloch“, „schwul“ und „kleinen Mann“ bezeichnet. Deshalb ist es zwischen den beiden am 24.11.2018 im Lokal letztlich zu einer auch körperlichen Auseinandersetzung gekommen. Als Folge wurde der Kl nach § 82 lit g 1. Fall GewO fristlos entlassen.

Die Bekl stellte in der Folge ein Arbeitszeugnis aus. Im betreffenden Zeugnis fehlte bei der handschriftlichen Angabe der ausgeübten Tätigkeit als „Restaurantfachmann mit Inkasso“ der Buchstabe u. Dem Kl wurde (grammatikalisch fehlerhaft) bestätigt, er habe die „ihm übertragenen Aufgaben gewissenhafte und zu unserer vollsten Zufriedenheit erfüllt“. Die handschriftlich angegebene Wohnanschrift des Kl war grundsätzlich korrekt, wobei bei dem zusätzlich angegebenen Namen des Ortsteils aber statt richtig „K***feld“ „K***gelenk“ angeführt wurde.

Im Zuge der vorinstanzlichen Gerichtsverhandlung korrigierte die Bekl sodann die genannten Rechtschreibfehler („Restarant“) und Adressfehler („K***gelenk“), weiterhin vorhanden waren jedoch die bereits im Vordruck enthaltenen Grammatikfehler in der Leistungsbewertung.

Der Kl bekämpfte die Entlassung als unberechtigt und forderte zudem eine Korrektur seines Arbeitszeugnisses.

Die Vorinstanzen sahen die Entlassung als berechtigt an.

Der OGH wies die Revision des Kl mangels Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zurück.

Im Hinblick auf das mangelhafte Arbeitszeugnis hielt der OGH fest, dass die Hauptfunktion eines Arbeitszeugnisses die Verwendung als Bewerbungsunterlage im vorvertraglichen Arbeitsverhältnis darstellt. Es dient dabei dem Stellenbewerber als Nachweis über zurückliegende Arbeitsverhältnisse und dem präsumtiven AG als Informationsquelle über die Qualifikation des Bewerbers. Es besteht nur ein Anspruch auf ein Dienstzeugnis über die Dauer und Art der Dienstleistung. Es besteht kein Anspruch des DN auf ein „qualifiziertes“ Dienstzeugnis mit Werturteilen des DG über Leistung und Führung im Dienst.

Das Dienstzeugnis darf dem DN die Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes nicht erschweren, weshalb auch seine äußere Form nicht so beschaffen sein darf, dass daraus auf eine mangelnde Wertschätzung des AG gegenüber dem AN oder auf Divergenzen zwischen ihnen geschlossen werden kann. Als nicht berichtigungsbedürftig wurden in der Rsp etwa ein geringfügiger Grammatikfehler in einem sonst richtigen und vollständigen Dienstzeugnis (8 ObA 7/12f) sowie uneinheitliche Zeichenabstände, unterschiedliche Zeilenabstände, ein fehlender Punkt und das Ausschreiben des Geburtsmonats des AN im Gegensatz zur Bezifferung der Monate seines Beschäftigungsbeginns- und -endes gewertet (9 ObA 11/12a). Ob – als solche der äußeren Form des Zeugnisses zuzuordnende – Rechtschreib- oder Grammatikfehler oder sonstige Fehler, etwa hinsichtlich des Layouts oder des verwendeten Papiers, eine Erschwerung des DN bei Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes befürchten lassen, ist stets eine Frage des Einzelfalls.

Das Berufungsgericht ging aus Sicht des OGH vertretbar davon aus, dass im vorliegenden Fall insgesamt nur Flüchtigkeitsfehler vorlagen, die sich – soweit sodann nicht ohnehin behoben – bloß im gesetzlich gar nicht geschuldeten qualifizierenden Teil des Arbeitszeugnisses fanden, was sie noch zusätzlich relativiere. Die wohlwollende Formulierung im qualifizierenden Teil wiege bei Weitem auch nur den leisesten Verdacht auf eine fehlende Wertschätzung auf. Auch sei zu bedenken, dass auf der AG-Seite eine Pizzeria mit einem nicht Deutsch als Muttersprache habenden Geschäftsführer agiere und dass letztlich nicht davon auszugehen sei, dass die Bekl den Kl habe geringschätzen wollen.