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Zuverdienstgrenze: nur Einkünfte aus einer Tätigkeit während des Anspruchszeitraums sind maßgeblich

KRISZTINAJUHASZ

Der Kl, ein selbständiger Arzt, bezog anlässlich der Geburt seines Sohnes vom 28.6. bis 27.8.2013 einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld. Am 23.7.2013 wurden ihm für seine vor Beginn des Bezugszeitraums (28.6.2013) erbrachten – in Honorarnoten von Mai und Juni 2013 verrechneten – Leistungen insgesamt € 6.875,65 bezahlt.

Im Revisionsverfahren war zu klären, ob das Überschreiten der Zuverdienstgrenze des § 24 Abs 1 Z 3 KBGG (für 2013: € 6.100,-) vom Zeitpunkt des Zuflusses der Einkünfte oder vom Zeitraum der Ausübung der Tätigkeit abhängt.

Das Erstgericht gab der Klage auf Feststellung, dass der Rückersatzanspruch nicht zu Recht besteht, mit der Begründung statt, dass das Kinderbetreuungsgeld Verdienstausfälle durch Kinderbetreuung auszugleichen bezwecke, ohne die betreuenden Eltern in ihrer abgrenzbaren Erwerbstätigkeit vor den Zeiten der tatsächlichen Kinderbetreuung einzuschränken. Einkünfte aus einer vor dem Anspruchszeitraum beendeten oder nach diesem Zeitraum begonnenen Tätigkeiten seien selbst dann nicht zu berücksichtigen, wenn sie erst während des Anspruchszeitraums zufließen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Rechts- ansicht und gab der Berufung der Bekl nicht Folge.

Die Revision war mangels Rsp zur Abgrenzung der vor und nach dem Anspruchszeitraum angefallenen Einkünfte iSd § 8 Abs 1 Z 2 Satz 3 KBGG (idF BGBl 2011/139BGBl 2011/139) zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens setzt nach § 24 Abs 1 Z 3 KBGG (idF BGBl I 2011/139BGBl I 2011/139) voraus, dass der Anspruchsberechtigte während des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes keine Erwerbseinkünfte erzielt, wobei sich ein Gesamtbetrag an maßgeblichen Einkünften (§ 8 Abs 1 KBGG) von nicht mehr als € 6.100,- pro Kalenderjahr nicht schädlich auswirkt. Die Bezugnahme auf das Erzielen der Einkünfte während des Anspruchszeitraums (gem § 8 Abs 1 Z 1 KBGG), sowie auf die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr (gem § 8 Abs 1 Z 2 KBGG), tragen dem steuerrechtlichen Zuflussprinzip iSd § 19 Abs 1 EStG Rechnung. Demnach gilt eine Einnahme dann zugeflossen, wenn der Empfänger über sie rechtlich und wirtschaftlich verfügen kann.

Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollte bei nicht ganzjährigem Bezug von (damals nur in der pauschalen Variante) Kinderbetreuungsgeld insb selbständig Erwerbstätigen der Nachweis ermöglicht werden, in welchem Ausmaß Einkünfte vor Beginn oder nach Ende des Anspruchszeitraum angefallen sind, da in solchen Fällen eine zeitliche 181 Zuordnung – anders als bei unselbständig Erwerbstätigen – vielfach nicht möglich ist.

Die Rsp sah § 8 Abs 1 Z 2 dritter Satz KBGG in den vor BGBl I 2011/139BGBl I 2011/139 geltenden Fassungen als eine das sonst geltende Zuflussprinzip durchbrechende Ausnahmeregelung an, wonach Einkünfte aus einer vor dem Anspruchszeitraum beendeten oder nach dieser begonnenen Betätigung selbst dann außer Ansatz bleiben müssen, wenn sie erst während des Anspruchszeitraums zufließen. Die in Bezug auf die Änderung des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG für Geburten nach dem 31.12.2011 (§ 50 Abs 2 KBGG) relevante KBGG-Novelle BGBl I 2011/139BGBl I 2011/139ließ den dritten Satz des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG ohne Begründung entfallen.

In der vorliegenden E führt der OGH aus, dass aus dem Entfallen des dritten Satzes in § 8 Abs 1 Z 2 KBGG nicht abzuleiten ist, dass alleine der Zeitpunkt des realen Zuflusses von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit für die Ermittlung der maßgeblichen Einkünfte entscheidend ist, ohne Rücksicht darauf, wann die entsprechende Tätigkeit erbracht wurde. Dies würde zu nicht sachgerechten Ergebnissen führen, denn Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit vor Beginn des Anspruchszeitraums wären somit anspruchsschädlich, obwohl in diesem Zeitraum gar keine Erwerbstätigkeit ausgeübt, sondern das Kind betreut wurde. Hingegen würde eine Erwerbstätigkeit während des Anspruchszeitraums nicht schaden, wenn die daraus resultierenden Einkünfte erst nach dessen Ende zufließen. Kinderbetreuungsgeld soll nur Eltern gewährt werden, die bereit sind, ihre Erwerbstätigkeit aufgrund der Kindererziehung einzuschränken.

Der OGH kommt zum Ergebnis, dass für die Ermittlung der Zuverdienstgrenze nur jene Einkünfte iSd § 8 Abs 1 Z 2 KBGG maßgeblich sind, die aus einer während des Anspruchszeitraums ausgeübten Tätigkeit stammen. Dem Kl wurden im maßgeblichen Anspruchszeitraum Juli 2013 ausschließlich Honorare für Leistungen gezahlt, die er vor Beginn des Bezugszeitraums erbracht hat, somit wurde die geltende Zuverdienstgrenze nicht überschritten.