96Regelmäßig geleistete Überstunden sind bei der Bemessung der Urlaubsersatzleistung von SaisonarbeiternehmerInnen zu berücksichtigen
Regelmäßig geleistete Überstunden sind bei der Bemessung der Urlaubsersatzleistung von SaisonarbeiternehmerInnen zu berücksichtigen
Gegenstand des Verfahrens war die Vorschreibung von Sozialversicherungsbeiträgen für Urlaubsersatzleistungen; zentral war die Frage der Anrechnung von regelmäßig geleisteten Überstunden bei der Berechnung der Urlaubsersatzleistungen von Saisonarbeitern, deren Beschäftigungsverhältnis in Folge Zeitablauf endete.
Mit Bescheid der revisionswerbenden Gesundheitskasse (GK) wurde die mitbeteiligte Partei (DG) unter Berufung auf das Ausfallsprinzip verpflichtet, nachverrechnete Beiträge zur SV auf Basis der von den AN vor dem Zeitablauf regelmäßig empfangenen Entgeltbestandteilen in Höhe von € 16.351,12 sowie Verzugszinsen von € 4.221,39 zu bezahlen.
Der DG betrieb ausschließlich in der Wintersaison ein Hotel und eine Schihütte. Sie beschäftigte 55 Saison-AN, davon 43 im Hotelbetrieb. Die Beschäftigungsverhältnisse unterlagen dem KollV für ArbeiterInnen im Hotel- und Gastgewerbe und endeten in der Regel durch Zeitablauf. Urlaubsreste der Saisonarbeitskräfte wurden nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses als Urlaubsersatzleistung in der Höhe des Tariflohnes und der Tarifüberbezahlung ausbezahlt.
Das BVwG gab der Beschwerde des DG teilweise Folge und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass sie verpflichtet wurde, der GK Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von (nur) € 690,36 zuzüglich Verzugszinsen zu bezahlen. Zusammengefasst führte das BVwG aus, dass für die Bemessung der Urlaubsersatzleistung vom Urlaubsentgelt iSd § 6 UrlG auszugehen sei. Daher sei auch hinsichtlich der Urlaubsersatzleistung der GeneralKV über den Begriff des Entgelts gem § 6 UrlG maßgeblich. Gem § 2 Abs 2 letzter Satz des GeneralKV seien Überstundenpauschalien sowie Leistungen für Überstunden jedoch bei der Entgeltbemessung dann nicht im bisherigen Ausmaß mit zu berücksichtigen, wenn Überstunden infolge einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles – explizit genannt werde das Saisonende – nicht oder nur in geringem Ausmaß zu leisten gewesen wären. Es komme somit nicht darauf an, ob die AN in den Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig Überstunden geleistet hätten, sondern darauf, ob während des (fiktiven) Urlaubs weiterhin vom AN regelmäßig Überstunden zu leisten gewesen wären. Da es im Betrieb des DG zu Saisonende infolge geringer werdender Auslastung zu einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalls iSd § 2 Abs 2 letzter Satz des GeneralKV komme, sei es zulässig, den AN, die zu Saisonende wegen Zeitablaufs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden würden, Urlaubsersatzleistungen lediglich in Höhe des Tariflohnes und der Tarifüberbezahlung zu gewähren.
Die Revision der GK wurde zugelassen und als berechtigt erachtet, das Erk des BVwG wurde aufgehoben.
Unter Verweis auf die Rsp des OGH führt der VwGH aus, dass für die Bemessung der Urlaubsersatzleistung vom Urlaubsentgelt iSd § 6 UrlG auszugehen ist. Die Urlaubsersatzleistung ist dem Wesen nach eine Art bereicherungsrechtlicher Ausgleich dafür, dass der AG insoweit Arbeitsleistungen des AN in überproportionalem Ausmaß entgegengenommen hat, als bei „regulärer“ Abwicklung des Arbeitsverhältnisses der AG nur um die Anzahl der Urlaubstage verminderte Leistungen erhalten hätte. Die Urlaubsersatzleistung ist ein Geldsurrogat für den nicht konsumierten Erholungsurlaub, dessen Verbrauch in natura ab dem rechtlichen Ende des Dienstverhältnisses unmöglich wird. Entsprechend der Rechtsnatur der Ersatzleistung ist für ihre Höhe die bei Beendigung des Dienstverhältnisses geltende Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Es besteht kein Anlass für eine Bedachtnahme auf zukünftige Ereignisse. Die Berechnung beruht auf dem „Ausfallsprinzip“, wonach der AN während des Urlaubs jenes Entgelt zu bekommen hat, das ihm aus der Perspektive des Urlaubsbeginns zugekommen wäre, wenn er gearbeitet hätte. Bei Unmöglichkeit des Urlaubsverbrauchs wegen rechtlicher Beendigung des Arbeitsverhältnis-185ses kommt es auf das zu diesem Zeitpunkt gebührende Entgelt und nicht auf ein Entgelt an, das der AN erst bei einem „fiktiven“ Urlaubsverbrauch nach dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verdient hätte. Überstundenpauschalen sowie Überstundenentgelt für Überstunden, die entweder vor Urlaubsantritt regelmäßig geleistet worden sind oder die auf Grund der Arbeitszeiteinteilung bei Nichtantritt des Urlaubs zu erbringen gewesen wären, sind grundsätzlich in das Urlaubsentgelt einzubeziehen. Der AN soll während der Nichtarbeitszeiten einkommensmäßig so gestellt werden, als hätte er die ausgefallene Arbeit tatsächlich erbracht (VwGH 13.5.2009, 2006/08/0226, mwN).
Gem § 6 Abs 5 UrlG kann durch GeneralKV geregelt werden, welche Leistungen des AG als Urlaubsentgelt anzusehen sind. Der GeneralKV kann den Entgeltbegriff nicht nur günstiger als das gesetzliche Modell, sondern auch zum Nachteil des AN regeln. Bei aufrecht gebliebenen Arbeitsverhältnissen wären bei der Bemessung des Urlaubsentgelts gem § 2 Abs 2 GeneralKV die von AN bisher (allenfalls regelmäßig) geleisteten Überstunden infolge einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles (wegen Saisonende) nicht zu leisten gewesen.
Von dieser Bemessung des Urlaubsentgelts ist jedoch die Bemessung der Urlaubsersatzleistung zu unterscheiden. Diese wird vom GeneralKV insofern nicht berührt, als es nach dem Gesagten bei der Bemessung der Urlaubsersatzleistung nicht auf einen Zeitpunkt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ankommt. Die besagte Einschränkung in § 2 Abs 2 zweiter Satz GeneralKV wirkt sich daher (allenfalls) auf die Bemessung des Urlaubsentgelts, nicht aber auf die Bemessung der Urlaubsersatzleistung aus. Die Arbeitsverhältnisse wurden mit dem Ende der Saison des Hotelbetriebs beendet; von den AN bisher (regelmäßig) geleistete Überstunden wären bei aufrecht gebliebenen Arbeitsverhältnissen infolge einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles (wegen Saisonende) nicht zu leisten gewesen. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie im Fall einer Beendigung eines Arbeitsverhältnisses vor einer solchen wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles bei der Bemessung der Urlaubsersatzleistung nach Maßgabe der oben angeführten Grundsätze der Bemessung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen sind. Dies hat das BVwG verkannt.