Mayer-Ahuja/Bierbaum/Deppe/Dörre/UrbanKarl Marx – Ratgeber der Gewerkschaften? Fünf Antworten

VSA Verlag, Hamburg 2019, 112 Seiten, € 9,80

URSULAFILIPI

Der Frage, was Karl Marx, dessen Geburtstag sich 2018 zum 200. Mal jährte, den Gewerkschaften heute zu sagen hätte, widmet sich das vorliegende Buch. Es zielt darauf ab, „zentrale gewerkschaftliche Handlungsfelder und aktuelle Herausforderungen im Lichte des Marxschen Werkes [zu] beleuchten“ (Detje/Ehlscheid/Pickshaus, 8).

Das Buch enthält fünf gut lesbare Beiträge von je rund 20 Seiten. Obwohl inhaltlich eng verknüpft, stehen die einzelnen Beiträge eigenständig für sich und müssen nicht „chronologisch“ gelesen werden. Alle bieten eine dichte und informative Lektüre. Konkret werden fünf Themenfelder bearbeitet: Gewerkschaftsstrategie (Deppe, 9-26), Ökonomie (Bierbaum, 27-38), Arbeitspolitik (Mayer-Ahuja, 39-62), Ökologie (Dörre, 63-88) sowie Gewerkschaften heute (Urban, 89-109).

Gemeinsamer Tenor aller Beiträge ist, dass die Marxsche Kapitalismuskritik nichts an Aktualität verloren habe. Ein wesentlicher Grund dafür läge in den „Strukturveränderungen des Kapitalismus“ (Deppe, 10), deren Destruktivkräfte den Globus an den Rand des Abgrunds brächten. Der Raubbau an den Ressourcen von Mensch und Erde könne mit Hilfe von Marx‘ Analysen nicht nur erklärt werden, sie würden auch offenlegen, dass die jeweiligen Bedingungen nicht gottgegeben, sondern von Menschen gemacht und gestaltbar sind. Das bedeutet auch, dass „Klas-217senkompromisse […] immer wieder verteidigt und neu erkämpft werden müssen“ (Deppe, 16). Ebenso ließen sich mit Hilfe von Marx‘ Analyse auch die enorm verschärften sozialen Ungleichheiten erklären. Die Empörung darüber müsse dann nicht mehr „vorwiegend moralisch geprägt“ sein (Bierbaum, 28).

Auch für das Verständnis von Vorgängen auf der Mikroebene, der Arbeitswelt, hätte Marx einiges zu bieten: „Obwohl er sich intensiv mit der Funktionslogik des Kapitalismus befasst hat, ging es ihm doch gerade darum, deren inhärente Widersprüche zu analysieren, um die dahinter stehenden Akteure, Interessen und Machtverhältnisse erkennbar zu machen und Eingriffsmöglichkeiten zu identifizieren“ (Mayer-Ahuja, 41). Dies sei insb auch für Gewerkschaften relevant, denn „Ausgangspunkt gewerkschaftlicher Politik bleibt der strukturell bedingte Interessensgegensatz zwischen Kapital und Arbeit“ (Mayer-Ahuja, 42). Dazu würde Marx den Gewerkschaften vor allem „mehr Mut!“ raten, denn Spaltungen könnten ua mittels Politiken überwunden werden, die auf gründlichen Analysen basieren (vgl Mayer-Ahuja, 59).

Insgesamt ist das Buch eine inspirierende Lektüre und „mehr Marx wagen – es lohnt sich“ (Detje/Ehlscheid/Pickshaus, 8) bringt’s auf den Punkt.