Auer-Mayer/Felten/Pfeil (Hrsg)AZG – Arbeitszeitgesetz – Kurzkommentar

4. Auflage, Manz Verlag, Wien 2019 XXVI, 552 Seiten, gebunden, € 98,–

REINHARDRESCH (LINZ)

Bei der vorliegenden Neuauflage des Kurzkommentars zum AZG wirkt der bisherige Alleinautor (der ersten und zweiten Auflage) bzw Mitautor und Herausgeber (der dritten Auflage) Konrad Grillberger nicht mehr mit und hat damit den Staffelstab an die drei neuen HerausgeberInnen und AutorInnen Susanne Auer-Mayer, Elias Felten und Walter J. Pfeil weitergereicht – ein schönes Zeichen einer geordneten Übergabe eines gut eingeführten Werkes in die Hände der nächsten und übernächsten Generation an Wissenschaftlern. Ein Motiv für die Neuauflage war augenscheinlich die AZG-Novelle 2018. Neben diesem Aufreger des Jahres 2018 haben seit der letzten Auflage im Unionsrecht und im nationalen Recht durchaus weitere beachtliche Rechtsentwicklungen stattgefunden. Leicht ist es, Inhaltliches aus einem derartigen Werk hervorzuheben, nimmt man es doch in der juristischen Praxis sehr häufig zur Hand:

Dass das neue Ablehnungsrecht des AN in Bezug auf die Überschreitung einer Tagesarbeitszeit von zehn Stunden bzw einer Wochenarbeitszeit von 50 Stunden selbst einer allfälligen Arbeitspflicht auf Grund der Treuepflicht des AN vorgehen soll (Felten § 7 Rz 18 mwN), geht für 399 mich zu weit, sehe ich nicht so und würde ich auch nicht zwingend dem Gesetzeswortlaut unterstellen.

Dass der Gesetzgeber beim neuen Motivkündigungsschutz glaubt, auf einen vergleichbaren Schutz bei Entlassung verzichten zu können, ist leider ein Zeichen schlechter legistischer Qualität (vgl die sehr klare Kritik von Felten § 7 Rz 22): Die Materialien gehen hier augenscheinlich rechtsirrig davon aus, dass nach allgemeinem österreichischen Arbeitsrecht eine rechtswidrige Entlassung ohnehin rechtsunwirksam sei (!), was auf eine erschreckende juristische Ahnungslosigkeit der Gesetzesverfasser schließen lässt.

Dass es den neuen Motivschutz (angesichts des ohnehin bestehenden § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG) nicht bedurft hätte (Felten § 7 Rz 22), sehe ich nicht so: Abgesehen von den sonst nicht erfassten nicht betriebsratspflichtigen Betrieben (zutr Felten § 7 Rz 22), die ich sogar für einen besonders schützenswerten Bestandteil der österreichischen Arbeitnehmerschaft halte (verweigert doch der österreichische Arbeitsrechtsgesetzgeber diesen AN bis heute einen allgemeinen Kündigungs- und Entlassungsschutz), wird mit der Neuregelung dem AG die Rute ins Fenster gestellt, dass er von einer Vergeltungskündigung tunlichst absehen soll. Rechtspolitisch deute ich diese erst mit dem Abänderungsantrag im Plenum in das Gesetz aufgenommene Regelung als einen Versuch, die in der damaligen tagespolitischen Diskussion besonders hervorgestrichene Freiwilligkeit besonders zu akzentuieren und eine potentielle Druckausübung des AG auf den AN auf diesem Wege zusätzlich zu sanktionieren.

Dass das österreichische Sanktionensystem durch das Kumulationsprinzip im Verwaltungsstrafrecht samt der Normierung von Mindeststrafen zu einer unverhältnismäßigen Strafsanktion in Form von Strafexzessen zu Lasten der AG führen kann, wird zu § 28 noch nicht erwähnt. Durch das kurz nach Erscheinen des Kommentars im September 2019 ergangene EuGH-Urteil Rs C-64/18 ua, Maksimovic, wird aber nunmehr eine entsprechend tiefgreifende Neuregelung eines effektiven Sanktionensystems erforderlich.

Ich schätze den AZG-Kurzkommentar schon seit seiner Erstauflage sehr wegen seiner sprachlichen Klarheit und einer gewissen wissenschaftlichen Distanz zu einem Regelwerk, bei dem der Gesetzgeber – in materieller Hinsicht also häufig die Sozialpartner – den nötigen guten Draht zu den Bedürfnissen der RechtsanwenderInnen in der Praxis häufig nicht gefunden hat. Konrad Grillberger hat schon in früheren Auflagen die schlechte legistische Qualität zu Recht beklagt. Darauf, dass mit den drei aktuellen AutorInnen ein exzellentes Team das Projekt weiterführt, kann jedenfalls sein Begründer Konrad Grillberger stolz sein.