HitzIT-Kollektivvertrag – Kommentar

Linde Verlag, Wien 2018, 184 Seiten, kartoniert, € 48,–

JOHANNESWARTER (SALZBURG)

Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ist gewissermaßen zum Thema der Stunde geworden. 402 Sie bringt nicht nur zahlreiche Veränderungen mit sich, sondern führt auch dazu, dass im Bereich der Kommunikations- und Informationstechnologie immer mehr Personen beschäftigt werden. Es ist aus diesem Grund nicht verwunderlich, dass die Anzahl der vom Anwendungsbereich des IT-KollV erfassten Beschäftigten stetig ansteigt und wohl auch in Zukunft weiter steigen wird. Aktuell ist der IT-KollV für über 50.000 Beschäftigte anwendbar. Dies wie auch die immer komplexer werdenden Rechtsfragen veranlassten Hitz zur Verfassung eines aktuellen Kommentars. Mitte 2018 ist im Linde Verlag der vorliegende aktuelle und gleichsam praxisnahe Kommentar zum IT-KollV erschienen.

Der Autor Mag. Wolfram Hitz ist ein bekannter Praktiker und sozialpolitischer Referent in der Bundessparte Information & Consulting der Wirtschaftskammer Österreich. Seine Praxiserfahrung, die nicht zuletzt auch von der Begleitung zahlreicher Kollektivvertragsverhandlungen auf AG-Seite herrührt, schlägt sich auch im vorliegenden Kommentar nieder. Gedacht ist das Werk vor allem für PraktikerInnen wie PersonalistInnen und PersonalverrechnerInnen in der IT-Wirtschaft. Entsprechend dieser Ausrichtung erfolgt die Kommentierung in besonders verständlicher Art und Weise. Der Autor geht von basalen Vorkenntnissen der LeserInnen aus. Dies hat den Vorteil, dass auch Grundlegendes angesprochen wird. Eine tiefergehende wissenschaftliche Auseinandersetzung sollte man hingegen nicht erwarten. Dafür ist das Werk allerdings auch nicht gedacht.

Dem Aufbau einer Kommentierung folgend werden die 25 Paragraphen des IT-KollV nacheinander abgearbeitet. Nach dem Abdruck des Gesetzestextes erfolgt die entsprechende Kommentierung des jeweiligen Paragraphen.

Inhaltlich ist zunächst anzumerken, dass aufgrund des Erscheinungsdatums die Rechtslage bis 13.5.2018 abgebildet wurde. Spätere Gesetzesänderungen, insb jene zur Erweiterung der zulässigen Höchstarbeitszeitgrenzen (BGBl I 2018/53BGBl I 2018/53), wurden nicht mehr berücksichtigt. Davon betroffen sind insb die Kommentierungen zu den §§ 4 und 5, welche Bestimmungen zur Arbeitszeit und zu Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit und Mehrarbeit bei Teilzeitbeschäftigungen enthalten. Dies tut der Verwendbarkeit des Werkes aber keinen Abbruch, da einerseits relevante Auswirkungen noch im Vorwort kurz thematisiert werden und zum anderen viele andere Bestimmungen mitsamt den damit verbundenen Ausführungen von der Gesetzesnovelle unberührt blieben.

Darüber hinaus fanden mittlerweile auch zwei Änderungen des IT-KollV selbst statt, wobei die Abschlüsse vom 12.12.2018 und vom 11.12.2019 nur geringe Änderungen brachten. Neben der Anpassung von Grundgehältern, Lehrlingsentschädigungen, Zulagen und Ist-Gehältern wurde die Möglichkeit eingeführt, das Taggeld zu kürzen, wenn dem AN vom AG oder einem Dritten Mahlzeiten gestellt oder vergütet werden. Zudem erfolgten Klarstellungen zur Fälligkeit von Sonderzahlungen und der Anrechnung von Karenzzeiten und Vordienstzeiten sowie eine Neuformulierung der Wortfolge zur Telearbeit. Diese gesetzlichen und kollektivvertraglichen Änderungen sollten die LeserIn nen aber bei der Lektüre dennoch im Hinterkopf behalten.

Besonders interessant aus inhaltlicher Sicht sind die Bestimmungen des IT-KollV zur Telearbeit, handelt es sich beim IT-KollV schließlich um einen der wenigen Kollektivverträge, die ausdrücklich Bezug auf Telearbeitsverhältnisse nehmen. Damit versuchte der IT-KollV den Trend zur Telearbeit, der in der IT-Branche besonders ausgeprägt zu sein scheint, zu berücksichtigen und zumindest ansatzweise rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Diese Sonderstellung zum Anlass nehmend möchte ich nachfolgend auf einige Punkte näher eingehen.

Trotz der Neuformulierung der Wortfolge zur Telearbeit durch die Änderungen vom 11.12.2019 blieb die Begriffsdefinition des § 9 Abs 2 gleich, wonach Telearbeit (nur) dann vorliegt, wenn im Einvernehmen mit dem AG regelmäßig oder vorübergehend Teile der Arbeitszeit an einem vorher vereinbarten Ort außerhalb der Betriebsstätte geleistet werden. Dadurch wurde zwar klargestellt, dass die Arbeitsleistung nicht nur in der Wohnung des DN, sondern auch an anderen vorher vereinbarten Orten (etwa Kaffeehäuser, aber auch andere Niederlassungen des AG) erbracht werden kann. Die Frage, ob § 9 es erlaubt, auch Telearbeitsverhältnisse zu begründen, die ausschließlich außerhalb der Betriebsstätte erbracht werden, bleibt weiterhin ungeklärt. Wie von Maska (ASoK 2017, 185) ausgeführt, spricht zwar eine Wortinterpretation tatsächlich für eine Unzulässigkeit (arg Teile der Arbeitszeit), Hitz spricht sich aber zutreffend dafür aus, auch andere Formen der Telearbeit zuzulassen, dabei aber dennoch auf die Voraussetzungen des § 9, und damit ua auf die Notwendigkeit einer Vereinbarung abzustellen.

Der pauschalen Bemerkung, wonach das bloße Abrufen von dienstlichen E-Mails keine Arbeitszeit und damit auch keine Telearbeit sei, kann so nicht zugestimmt werden (vgl schon die Ausführungen von Risak, ZAS, 2013, 296).

Darüber hinaus sieht § 9 Abs 5 eine analoge Anwendung des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes (DHG) auf „im Haushalt lebende Personen des Arbeitnehmers am Telearbeitsplatz“ vor. Bereits Löschnigg (IT-KV, § 9 Erl 5) hat hierzu richtig angemerkt, dass entsprechend des absolut zwingenden Betriebsverfassungsrechts die Regelungsbefugnis eines KollV nicht so weit reicht, eine derartige Ausweitung des Geltungsbereiches eines Bundesgesetzes vorzunehmen. Hitz spricht sich deshalb für eine einzelvertragliche Haftungseinschränkung aus, wie sie auch die Mustervereinbarung für die Telearbeit, die im Anhang IV des IT-KollV zu finden ist, vorsieht. Gerade bei Fällen mit Kindern des AN ist dies aber wohl gar nicht notwendig, insb wenn der AG dem AN Telearbeit zur besseren Vereinbarkeit von Arbeit und Betreuungspflichten zugesteht. Zerstört beispielsweise ein Kind des AN den Laptop des AG, so steht dem AG meist kein Schadenersatzanspruch gegen das nicht deliktfähige Kind, sondern ein Schadenersatzanspruch gegen den AN gem § 1309 ABGB zu. Die Bestimmungen des DHG kämen in diesen Fällen wohl nicht analog, sondern sogar direkt zur Anwendung.

Nach den Ausführungen zu den einzelnen Paragraphen des IT-KollV werden abschließend auch die Anhänge zum KollV abgedruckt. Neben einer Tabelle für das Kilometergeld gemäß der Reisegebührenvorschrift 1955, der einkommenssteuerrechtlichen Bestimmungen für das Tag- und Nächtigungsgeld und der Auslandsdiäten enthält der Anhang auch eine Mustervereinbarung über Telearbeit, einen Musterdienstzettel sowie ein Informationsblatt für Dienstreisen, die länger als ein Monat dauern. 403

Insgesamt kann das Werk allen PraktikerInnen wärmstens empfohlen werden. Besonders die verständlichen und praxisorientierten Ausführungen sind besonders lobenswert, sodass das Motto des Buches durchaus Berechtigung findet: Aus der Praxis – für die Praxis!