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Anspruch auf Abfertigung (alt) bei Selbstkündigung eines Hausbesorgers aus gesundheitlichen Gründen

GREGORKALTSCHMID
§ 17 HbG; § 2 Abs 1 ArbAbfG; §§ 23, 23a AngG

Der Kl war bei der Bekl ab 8.12.1997 als Hausbesorger gem Hausbesorgergesetz (HbG) beschäftigt. Ab 2013 hatte er Probleme mit Wirbelsäule und einer Schulter. Im April 2016 ersuchte er aufgrund seiner Beschwerden um Reduktion seiner Arbeitszeit. Mangels entsprechender Einigung brachte er in der Folge eine Änderungskündigung aufgrund seiner gesundheitlichen Beschwerden zum 31.10.2016 ein, welche unwirksam sein sollte, falls die Bekl bis 14.10.2016 die Reduzierung seiner Arbeitsaufgaben bestätigt hätte. Die Zustimmung erfolgte nicht, das Arbeitsverhältnis endete.

Der Kl begehrte mit der Kl die Abfertigung, weil aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen die Voraussetzungen für einen berechtigten vorzeitigen Austritt vorlägen und es nicht schädlich sei, dass er lediglich gekündigt hatte. Die Bekl bestritt die dauerhafte Gesundheitsgefährdung des Kl. Daher sei die Umdeutung der Kündigung in einen berechtigten Austritt nicht möglich. Laut erhobenem Leistungskalkül konnte der Kl einen Teil der von ihm zu verrichtenden Tätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr erbringen.

Das Erstgericht wies die Kl ab, weil keine gänzliche Arbeitsunfähigkeit vorlag und der Kl die nicht erbringbaren Tätigkeiten (Schneeschaufeln) auch durch Dritte verrichten lassen hätte können, da ihn keine persönliche Arbeitspflicht treffe. Diese Fremdvergabe sei ihm hinsichtlich der festgestellten Kosten (in der Höhe von zirka einem Monatsgehalt des Kl) auch zumutbar gewesen. Das Berufungsgericht verwies die Rechtssache zurück in die erste Instanz, um noch weitere medizinische Fragen zu klären.

Der OGH erkannte den vom Kl gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs für zulässig und berechtigt. Dazu führte er aus:

Richtig haben die Vorinstanzen darauf hingewiesen, dass dem Begehren des AN auf Abfertigung nicht entgegensteht, dass er nicht formell seinen Austritt erklärte, sondern kündigte, wenn aus dem Inhalt der das Arbeitsverhältnis auflösenden Erklärung klar erkennbar ist, dass der AN einen wichtigen Lösungsgrund für sich in Anspruch nimmt. Das Dienstverhältnis des Hausbesorgers kann von jedem Teil aus wichtigen Gründen aufgelöst werden (§ 19 Abs 1 HbG), § 21 HbG enthält eine nur demonstrative Aufzählung von Austrittsgründen (arg „insbesondere“). Der Kl hat in seinem Auflösungsschreiben darauf hingewiesen, dass er kündigt, weil er sich aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sieht, die Arbeit weiter zu führen. Auch wenn im HbG eine § 26 Z 1 AngG entsprechende 332 Regelung fehlt, wird, wenn der AN unfähig wird, seine Arbeit zu leisten oder diese ohne Schaden für seine Gesundheit nicht mehr fortsetzen kann, in der Regel eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und damit ein Grund für einen berechtigten Austritt anzunehmen sein.

Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Kl einen Teil der Leistungen, zu denen er regelmäßig verpflichtet ist, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erbringen kann. Dabei ist davon auszugehen, dass es sich um eine dauerhafte Einschränkung handelt und mit einer Wiederherstellung der vollen Leistungsfähigkeit nicht zu rechnen ist. Damit liegt grundsätzlich eine partielle Arbeitsunfähigkeit vor.

Nach § 17 Abs 1 HbG hat der Hausbesorger, wenn er verhindert ist, seinen Obliegenheiten nachzukommen, auf seine Kosten für eine Vertretung durch eine andere geeignete Person zu sorgen. Dies gilt solange nicht, als der Hausbesorger infolge einer plötzlich auftretenden Dienstverhinderung durch Krankheit oder Unfall dieser Pflicht nicht nachzukommen vermag.

Für die Fälle der Dienstverhinderung wegen Krankheit oder Unfall sieht das Gesetz weiters vor, dass der Hauseigentümer dem Hausbesorger die Kosten für die Vertretung zu ersetzen hat (§ 17 Abs 2 HbG). Daraus ergibt sich, dass nach der Wertung des Gesetzgebers bei einer plötzlichen Verhinderung wegen Krankheit oder Unfall nicht der Hausbesorger die Kosten für die Vertretung tragen soll.

Die vorliegenden dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Kl stellen allerdings keine Krankheit oder Unfall iSd § 17 HbG dar, die zu einer Überwälzung der Vertretungskosten auf den AG führen. Damit wäre der Kl trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung im Fall einer Verhinderung verpflichtet, auf eigene Kosten für eine Vertretung Sorge zu tragen.

Die Vorinstanzen verneinten einen Austrittsgrund trotz bestehender gesundheitlicher Beeinträchtigungen im Wesentlichen damit, dass sich der Kl vertreten lassen kann. Dem könnte aber nur in jenen Fällen beigetreten werden, in denen dem Hausbesorger die Übernahme der Kosten für die Vertretung zumutbar sind. Die Unzumutbarkeit ist ein allen vorzeitigen Auflösungstatbeständen immanentes Tatbestandsmerkmal (OGH 26.7.2016, 9 ObA 111/15m mwN). Da aber die dauerhafte Übernahme solcher Kosten wegen einer dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigung zu einer ebenfalls dauerhaften Verminderung des dem Hausbesorger letztendlich zur Verfügung stehenden Entgelts führt, kann eine solche Zumutbarkeit – wenn überhaupt – nur in einem sehr geringen Rahmen in Betracht kommen.

Im vorliegenden Fall steht fest, dass bei einer Vertretung mit jährlichen Durchschnittskosten von etwa einem Monatseinkommen für eine solche Vertretung gerechnet werden müsste. Unter diesen Umständen kann aber nicht mehr davon gesprochen werden, dass ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist.

Zusammengefasst ist daher davon auszugehen, dass der Kl aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, seine Arbeit vollständig zu leisten, weshalb der von ihm herangezogene Austrittsgrund vorliegt. Er hat daher, da seine Kündigung aus Gründen erfolgte, die ihn auch zu einem vorzeitigen Austritt berechtigt hätten, Anspruch auf eine Abfertigung im gesetzlichen Ausmaß.