139Einstufung von Arbeitnehmern im handwerklichen Dienst nach dem Kollektivvertrag für ArbeitnehmerInnen der Justizbetreuungsagentur
Einstufung von Arbeitnehmern im handwerklichen Dienst nach dem Kollektivvertrag für ArbeitnehmerInnen der Justizbetreuungsagentur
Die Bekl ist eine Anstalt öffentlichen Rechts, die für die Verfügbarkeit der für die Besorgung von Betreuungsaufgaben des Straf- und Maßnahmenvollzugs iSd Strafvollzugsgesetzes sowie der für die Unterstützung der ordentlichen Gerichte erforderlichen Personalressourcen zuständig ist. Auf die Arbeitsverhältnisse findet der KollV für die AN der Justizbetreuungsagentur (KollV JBA) Anwendung.
Die Bekl beschäftigt im Rahmen des „handwerklichen Dienstes“ 16 AN, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung (Lehrabschluss in einem Handwerksberuf) sowie eine mehrjährige einschlägige Berufserfahrung verfügen. Sämtliche Mitarbeiter des handwerklichen Dienstes wurden von der Bekl in der Verwendungsgruppe 1 eingestuft.
Der BR begehrte mit Feststellungsklage gem § 54 Abs 1 ASGG die Feststellung, dass alle AN im handwerklichen Dienst, die zumindest über eine Lehrabschlussprüfung oder einen sonstigen vergleichbaren 337 Abschluss verfügen und im erlernten Bereich bei der Bekl beschäftigt sind, in die Verwendungsgruppe 2 nach dem KollV JBA einzustufen sind, und diese AN Anspruch auf Nachzahlung der Lohndifferenzen ab 1.12.2017 haben, die sich aufgrund der falschen Einstufung in die Verwendungsgruppe 1 anstelle der Verwendungsgruppe 2 nach dem KollV JBA ergeben.
Begründend brachte der BR ua vor, dass die AN im handwerklichen Dienst höher qualifizierte Tätigkeiten verrichten würden als die in der Verwendungsgruppe 1 genannten AN und sie – ebenso wie die in der Verwendungsgruppe 2 erwähnten AN – über eine dreijährige Berufsausbildung verfügen würden. Die Bekl bestritt das Vorbringen des kl BR und wandte ein, dass die betroffenen AN im handwerklichen Dienst vergleichbar qualifizierte Tätigkeiten wie die in der Verwendungsgruppe 1 des KollV JBA genannten PflegehelferInnen verrichten würden.
Der OGH sah die Revision der Bekl als zulässig, jedoch nicht als berechtigt an.
Nach stRsp ist der normative Teil eines KollV nach den Grundsätzen der §§ 6 und 7 ABGB somit nach der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und der Absicht des Normgebers auszulegen. Da die vom Feststellungsantrag erfassten Berufe der AN des „handwerklichen Dienstes“ in den Verwendungsgruppen nicht ausdrücklich erwähnt werden, ist nach Ansicht des OGH ausgehend von der Art der vereinbarten Tätigkeit zu fragen, welcher Verwendungsgruppe die betroffenen AN zugehörig sind. Das Verwendungsgruppensystem des KollV JBA lasse klar erkennen, dass die Kollektivvertragsparteien bei der für die Einreihung der AN in die Verwendungsgruppen maßgeblichen Art der Tätigkeit besonders auch auf die jeweilige Qualifikation (Ausbildung) und Verantwortung abstellen, da jene AN höher entlohnt werden, die für die Verrichtung ihrer konkreten Tätigkeit eine längere Ausbildung benötigen, höher qualifiziert sind und somit regelmäßig eine größere Verantwortung auf sich nehmen. Ein Indiz dafür, dass die Kollektivvertragsparteien der Qualifikation des AN wesentliche Bedeutung für die Einreihung in die jeweilige Verwendungsgruppe schenken, sieht der OGH schon in der Formulierung in der Verwendungsgruppe 1, die ua Pflegehelferinnen „oder vergleichbar qualifizierte Tätigkeit“ erfasst.
Der Rechtsansicht der Bekl, wonach die Kollektivvertragsparteien nur auf die Art der Tätigkeit des AN abstellen und damit alle Arbeiter, unabhängig von ihrer Ausbildung und Qualifikation, in die Verwendungsgruppe 1 einzureihen seien, folgte der OGH daher nicht. Vielmehr hielt der OGH fest, dass die vom Feststellungsantrag betroffenen AN der Bekl nach der Art ihrer Tätigkeit keine mit den in der Verwendungsgruppe 1 genannten Pflegehelferin vergleichbare Tätigkeit ausüben, weil Pflegehelferinnen lediglich über eine einjährige Ausbildung, hingegen die AN im handwerklichen Dienst über eine abgeschlossene – im Regelfall dreijährige – Berufsausbildung und zudem über eine mehrjährige einschlägige Berufserfahrung verfügen. Es handelt sich somit nicht um eine „einfache Tätigkeit“, die noch der Verwendungsgruppe 1 unterfällt, sondern um eine qualifizierte Tätigkeit der Verwendungsgruppe 2.