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Beendigung des Dienstverhältnisses „im Einvernehmen“ gem § 82 Abs 12 Tiroler LBedG auch durch Austritt möglich

RICHARDHALWAX
§ 82 Abs 12 Tiroler LBedG; § 84 VBG

Die Kl arbeitete aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zum Bund an einer Universitätsklinik in Innsbruck. Mit dem Wunsch, weiterhin dort zu arbeiten, jedoch fortan aufgrund eines Dienstverhältnisses zum bekl Land Tirol, wandte sie sich ua an den Vorstand der Universitätsklinik und an den stellvertretenden Leiter der klinischen Abteilung, an welcher sie tätig war. Diese gaben der Kl mit Schreiben vom 10.8.2000 bekannt, dass ein Wechsel auf die Landesstelle kurzfristig umsetzbar sei und sie sich am 23.8.2000 mit den Vertretern der Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH in Verbindung setzen würden. Es wurde sodann erreicht, dass eine entsprechende Landes-Facharztstelle ausgeschrieben wurde. Mit Schreiben vom 15.11.2000 wurde der Kl vom Personaldirektor mitgeteilt, dass die Wahl auf sie gefallen war, und sie wurde eingeladen, sich am 1.2.2001 zum Dienstantritt einzufinden. Hierauf erklärte die Kl mit – vom Vorstand der Universitätsklinik mitunterschriebenen – Schreiben vom 29.11.2000 an das Bundesministerium ihren Austritt gem § 20 Abs 1 Z 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz (BDG). Als Begründung gab sie „Übernahme auf eine Landesstelle ab 1.2.2001“ an. In der Folge schlossen die Streitparteien im Februar 2001 einen Dienstvertrag.

Zwischen den Streitparteien ist strittig, ob bei der Berechnung der nunmehr der Kl aufgrund ihrer Pensionierung gebührenden Abfertigung nach § 82 Abs 12 (infolge der Novelle LGBl 2019/137 ab 1.1.2020: Abs 13) letzter Satz Tiroler Landesbedienstetengesetz (in der Folge LBedG) auch die Jahre ihres öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses 338zum Bund als Dienstzeit zu berücksichtigen sind.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die sich dagegen gerichtete außerordentliche Revision des bekl Landes war mangels Rsp des OGH zu § 82 Abs 12 (ab 1.1.2020: Abs 13) letzter Satz Tiroler LBedG bzw der im Wesentlichen wortgleichen Bestimmung des § 84 Abs 5 letzter Satz VBG zulässig, aber nicht berechtigt.

Gem § 82 Tiroler LBedG (LGBl 2001/2, idF vor LGBl 2019/137) gebührt dem Vertragsbediensteten, dessen Dienstverhältnis – wie im Fall der Kl – vor dem 1.7.2003 begonnen hat, bei Beendigung dieses Dienstverhältnisses eine Abfertigung. Gem § 82 Abs 12 (ab 1.1.2020: Abs 13) Satz 1 LBedG sind Dienstzeiten in Dienstverhältnissen zu einer inländischen Gebietskörperschaft zur Dauer des Dienstverhältnisses nach Abs 9 hinzuzurechnen. Gem Satz 2 lit b Z 2 dieser Bestimmung ist die Hinzurechnung ausgeschlossen „wenn das Dienstverhältnis in einer Weise beendet wurde, durch die ein Abfertigungsanspruch erlosch [Fall 1], oder, falls Abs 2 auf das Dienstverhältnis anzuwenden gewesen wäre, erloschen wäre [Fall 2]“. Gem § 82 Abs 12 (ab 1.1.2020: Abs 13) letzter Satz LBedG liegen die in lit b Z 2 leg cit angeführten Ausschlussgründe aber nicht vor, „wenn das Dienstverhältnis im Einvernehmen mit dem DG ausschließlich deswegen beendet wurde, um ein Dienstverhältnis zum Land Tirol einzugehen, und dieses Dienstverhältnis an das beendete Dienstverhältnis unmittelbar anschließt“.

Zunächst hielt der OGH fest, dass die Bestimmung nicht danach unterscheidet, ob das bisherige Dienstverhältnis ein öffentlich-rechtliches oder ein privatrechtliches war. Das bekl Land weist zutreffend darauf hin, dass die Aufzählung der Gründe für die Auflösung des Dienstverhältnisses in § 20 BDG keinen Beendigungsgrund wie jenen des § 30 Abs 1 Z 2 VBG enthält, wonach das Dienstverhältnis auch „durch einverständliche Lösung“ enden kann. Entgegen seiner Ansicht kann daraus aber nicht geschlossen werden, dass im – hier vorliegenden – Fall der Auflösung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses durch den Austritt des Beamten § 82 Abs 12 (ab 1.1.2020: Abs 13) letzter Satz LBedG nicht einschlägig sein könnte, stellt doch die Bestimmung nicht darauf ab, dass das Dienstverhältnis „durch“ (vgl § 30 Abs 1 Z 2 VBG), sondern dass es „im Einvernehmen“ beendet wurde, und zwar – nur hierauf kommt es an – des DN und des DG des vorhergehenden Dienstverhältnisses (OGH 25.10.2011, 9 ObA 120/10b).

Das Einvernehmen muss bei § 82 Abs 12 (ab 1.1.2020: Abs 13) letzter Satz LBedG zum einen auf die Beendigung des Dienstverhältnisses gerichtet sein. Es darf daher keine Beendigung vorliegen, die nur von einer Partei ausgeht und ohne oder gegen den Willen der anderen Partei geschieht. Auch im Fall, dass ein Dienstverhältnis durch Austritt erfolgt, also durch eine an sich keiner Zustimmung des DG bedürftigen Willenserklärung des DN, ist es durchaus möglich, dass der Austritt dennoch nicht gegen oder ohne den Willen des DG erfolgt, sondern von diesem gutgeheißen wird. Das Einvernehmen muss zum anderen darauf gerichtet sein, dass die Beendigung des Dienstverhältnisses ausschließlich deswegen erfolgt, „um ein Dienstverhältnis zum Land Tirol einzugehen“. Liegt in diesem doppelten Sinn ein Einvernehmen vor und schließt, was das Gesetz als drittes Erfordernis verlangt, das neue Dienstverhältnis an das beendete unmittelbar an, so wird dem DN seine beim „alten“ DG verbrachte Dienstzeit vom „neuen“ DG (Land Tirol) bei Berechnung der Abfertigung angerechnet. Als Ergebnis ist somit festzuhalten, dass eine Beendigung des Dienstverhältnisses „im Einvernehmen mit dem Dienstgeber“ iSd § 82 Abs 12 (nunmehr Abs 13) letzter Satz Tiroler LBedG auch im Fall eines das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis durch Austritt (§ 20 Abs 1 Z 1 BDG) beendenden Bundesbeamten möglich ist.