150

Feststellung von Schwerarbeitsmonaten nur bei Nachweis der konkreten zeitlichen Lagerung

FLORIAN J.BURGER

Die bekl Pensionsversicherungsanstalt lehnte die vom Kl begehrte Feststellung von 25 Schwerarbeitsmonaten im Zeitraum Ende 1999 bis Mitte 2006 ab. Das Erstgericht stellte sodann im Zeitraum Mitte 2006 bis Mitte 2018 89 Schwerarbeitsmonate fest. Diese Monate wurden kalendarisch genau verortet. Für den oben angeführten Zeitraum ab 1999 verneinte es die Feststellbarkeit – konkret konnte nicht festgestellt werden, in welchen Monaten im Zeitraum von November 1999 bis Juni 2006 der Kl an zumindest sechs Arbeitstagen in der Nachtschicht zwischen 20:00 Uhr und 4:00 Uhr gearbeitet hatte – und wies aus diesem Grund das darauf gerichtete Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, da der OGH noch nicht ausdrücklich klargestellt habe, ob gem § 247 Abs 2 ASVG stets tatsächlich konkrete Zeiträume als Versicherungszeiten festzustellen seien, oder ob auch die bloße Feststellung der Anzahl erworbener Versicherungszeiten ausreiche.

Der OGH erklärte die Revision schlussendlich für unzulässig und begründete die Zurückweisung wie folgt: Auch bei Fehlen von ausdrücklicher Rsp durch den Gerichtshof liegt dann keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vor, wenn das Gesetz selbst eine eindeutige Regelung trifft. Eine solche Regelung gibt es nach Ansicht des OGH auch für die Frage der zeitlichen Verortung von Schwerarbeitszeiten. Versicherungszeiten sind gem § 3 APG Beitragszeiten aufgrund einer Erwerbstätigkeit, aufgrund bestimmter Teilversicherungstatbestände und aufgrund einer freiwilligen Versicherung in der PV; gem § 224 ASVG sind Versicherungszeiten Beitragszeiten (§§ 225 und 226 ASVG) und Ersatzzeiten (§§ 227, 227a, 228, 228a und 229 ASVG). Schwerarbeitszeiten sind Versicherungszeiten, die unter psychisch oder physisch besonders belastenden Arbeitsbedingungen erworben werden (§ 4 SchwerarbeitsV).

Für alle Versicherungszeiten im ASVG – mit Ausnahme von Schul- und Studienzeiten, für die kein Beitrag entrichtet wurde und für Kindererziehungszeiten – gilt eine tageweise Zählung (§ 231 Z 1 ASVG; § 4 SchwerarbeitsV). Versicherungszeiten sind gem § 231 ASVG ua zur Feststellung der Leistungen aus der PV in Versicherungsmonate zusammenzufassen. Die zeitliche Lage von Versicherungstagen kann für die Bildung von Versicherungsmonaten entscheidend sein (vgl nur § 231 Z 1 lit b ASVG). Die Regelungen des ASVG über die Bildung von Versicherungszeiten sind auch für das APG maßgeblich (§ 1 Abs 1 Z 2 APG).

Die Erfüllung der Wartezeit als allgemeine Voraussetzung der Leistungsansprüche in der PV (§ 222 Abs 1 und 2 ASVG) hängt zwar – abgesehen von den Fällen der „ewigen Anwartschaft“ (§ 236 Abs 4 ASVG) – nicht nur vom Erwerb einer gewissen Anzahl von Versicherungsmonaten ab, es müssen diese Versicherungsmonate vielmehr auch in bestimmten Zeiträumen liegen (§ 236 ASVG). Auch für die Erfüllung der Voraussetzungen zum Erwerb der Schwerarbeitspension müssen mindestens 120 Schwerarbeitsmonate innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Stichtag liegen (§ 4 Abs 3 Z 1 APG). Demnach ist sowohl für die Erfüllung der Wartezeit gem § 236 Abs 1 und 2 ASVG als auch für die Erfüllung der Voraussetzungen zum Erwerb 349 einer Schwerarbeitspension nicht nur die Anzahl der erworbenen Schwerarbeitsmonate, sondern auch die zeitliche Lage der Versicherungsmonate von Bedeutung.

Das Verfahren zur Feststellung von Versicherungsund Schwerarbeitszeiten gem § 247 ASVG verfolgt den Zweck, dem Versicherten Klarheit darüber zu verschaffen, welche Zeiten der Prüfung eines Pensionsanspruchs zugrunde zu legen sind. Es soll ihm eine Grundlage für die Entscheidung geben, ob er einen Pensionsantrag stellt oder ob er weiter im Arbeitsleben bleibt, um weitere Zeiten zu erwerben, bzw ob ein solcher Pensionsantrag sinnvoll ist, wenn etwa für eine bestimmte Pensionsleistung eine gewisse Mindestzahl von Zeiten vorgesehen ist. Eine ausreichende Entscheidungsgrundlage besteht nach der dargestellten Rechtslage insb vor dem Hintergrund der dargestellten tageweisen Zählung von Versicherungstagen und den Voraussetzungen zur Erfüllung der Wartezeit nur dann, wenn nicht nur die Zahl der erworbenen Versicherungsmonate, sondern auch deren (genaue) zeitliche Lage festgestellt wird.

Im Ergebnis hält der OGH somit fest, dass die Feststellung der Versicherungszeiten bzw Schwerarbeitszeiten nach § 247 ASVG – als „vorgezogener Teil“ eines Leistungsverfahrens – die in Monate zusammengefassten Versicherungszeiten sowie deren zeitliche Lage umfasst. Der Kl konnte nach den den OGH bindenden Feststellungen nicht beweisen, dass er im Zeitraum von November 1999 bis Juni 2006 Schwerarbeitsmonate erworben hat. Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung war die Revision daher zurückzuweisen.

ANMERKUNG DES BEARBEITERS:

Dem Kl ist es, so der OGH, nicht gelungen, zu beweisen, dass er Schwerarbeitsmonate erworben hat. Ob freilich die Prüfung der – im besten Fall vorläufig gemeldeten, im schlechtesten Fall nicht einmal vorläufig registrierten – Schwerarbeitsmonate, die mitunter rund 240 Monate in der Vergangenheit liegen können, nicht eine (deutlich zeitnähere) von Amtswegen wahrzunehmende Aufgabe des Krankenversicherungsträgers ist, weil anderenfalls der Zugang zum Rechtsschutz für DN unzumutbar erschwert würde, kann vorerst dahingestellt bleiben. Den Rechtsunterworfenen sei daher empfohlen, die mit BGBl I 2017/125BGBl I 2017/125 in § 247 Abs 2 ASVG eingefügte Möglichkeit der Feststellung von Schwerarbeitsmonaten bereits bis zu zehn Jahre vor dem Stichtag zu nützen.